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Und sosehr Arcumenna darauf aus war, den Mörder seines Freundes Leon zu richten, so musste er doch vorsichtig sein. Einen Unsterblichen wollte er nicht provozieren. Aaron war ein Mann, der einen Krieg mit Valesia anfangen würde, sollte er den Verdacht haben, dass einer seiner Vertrauten durch den Heermeister des Reiches umgebracht worden war. Er war zu impulsiv für einen Herrscher. Ganz und gar von seinen Gefühlen gesteuert. Ein Mann Arams eben.

»Morgen muss ich zu Subai. Kolja hat es befohlen. Er wünscht, dass ich meine Freundschaften zu den Statthaltern weiter pflege. Dass ich jetzt hier bin, war ebenfalls sein Wunsch.«

Arcumenna versetzte der Gedanke einen Stich, dass die schöne Zarah morgen in den Armen eines Wilden liegen würde. Und zwischendurch vielleicht noch einmal im Bett dieses Fleischkopfes. Er sollte die Sache mit Kolja so schnell wie möglich erledigen – dann würde Zarah ihm ganz allein gehören!

»Was machst du für ein Gesicht?« Zarah küsste ihn sanft auf die Stirn. »Glaubst du etwa, ich sei gern bei Subai? Der Kerl stinkt immer nach Pferd. Und er ist …« Sie stockte kurz. »Er mag es, Frauen zu quälen. Einmal hat er mich zusehen lassen, wie eine seiner Sklavinnen ausgepeitscht wurde, bis ihr die Haut in Fetzen vom Rücken hing. Danach hat er mich wild und leidenschaftlich genommen. Er muss Blut vergießen, um seine Männlichkeit zu beleben. Ich weiß nicht, was mit ihm los ist. Er macht mir Angst. Ich habe einmal gehört, eine jüngere Schwester von ihm habe ihn bei einem Pferderennen unter den Augen ihres Vaters besiegt. Sie soll eine große Kriegerin gewesen sein, die von all ihren Gefolgsleuten respektiert wurde. Immer vor Augen zu haben, wie sie alles erreichte, wovon er immer träumte, scheint einen dunklen Schleier über seine Seele gelegt zu haben.«

Arcumenna kannte Subai von Empfängen und den großen Tempelfesten. Er hielt nichts von ihm. Der Ischkuzaia wurde nicht respektiert, nur gefürchtet. Und bislang hatte er keinen glänzenden Sieg an seine Standarten heften können. Er war ein bösartiger Weichling! »Ich habe dafür gesorgt, dass er weiß, dass du auch meine Geliebte bist.«

Die Seidene sah ihn erschrocken an. »Ich möchte nicht in eure Machtspiele hineingezogen werden.«

»Das bist du doch schon längst.« Ihm gefiel es, sie ängstlich zu sehen. Das kam sehr selten vor.

»Und wenn er mir etwas antut, um dich zu treffen? Du weißt nicht, wie diese wilden Pferdemänner denken!«

»Wilde sind immer ganz einfach«, beruhigte Arcumenna sie lächelnd. »Ganz gleich, ob es Drusnier sind oder die stinkenden Steppenreiter aus Ischkuza. Er wird es nicht wagen, mich zu provozieren. Er kennt mich. Er weiß, dass ich in sieben großen Schlachten und in dreiundzwanzig Scharmützeln stets siegreich war. Wann immer ich das Schwert für Valesia führte, haben die Drusnier am Ende ein Stück ihres Landes an den Unsterblichen Ansur verloren. Er wird es nicht wagen, dir etwas anzutun.«

Wieder schenkte sie ihm einen ihrer hinreißenden Blicke. »Du würdest einen Krieg um meinetwillen führen?«

»Ich würde eine ganze Welt in Asche legen«, sagte er leichthin. »Du bist die einzige Frau, die es wert wäre.«

Ihre Fingerspitzen umkreisten seine Brustwarzen. »Das hat noch nie ein Mann zu mir gesagt. Nicht dass ich dir glauben würde … Aber ein neues Kompliment ist ein seltenes Gut. Fast so selten wie ein ernst gemeintes.«

Arcumenna mochte es nicht, wenn sie in dieser Stimmung war. Manchmal konnte Zarah für eine Frau erstaunlich zynisch werden.

»Warum willst du Kolja töten? Wenn er nicht mehr lebt, wird sehr bald ein anderer seinen Platz einnehmen. Das Geschäft mit den Freudenhäusern ist zu lukrativ. Keine Goldmine auf ganz Nangog wirft so sichere Gewinne ab. Hast du etwa Interesse?«

»Ich kannte Leon seit über zwanzig Jahren. Er war ein Trurier, so wie ich. Unsere Provinz ist nicht sehr reich, und es gibt kaum Bodenschätze. Gewinne machen wir mit schöner Keramik und kostbarem Schmuck. Da ist das Gold der Freudenhäuser eine große Versuchung. Ich genieße hohes Ansehen in Valesia, aber das bringt nur Feinde und kein Geld ein.

Leon hat in der Vergangenheit dafür gesorgt, dass auf meinen Festen immer genügend schöne Mädchen zugegen waren, um alle wichtigen Gäste glücklich zu machen. Ich habe ihm Geld geliehen, als er hierherkommen wollte, um Freudenhäuser zu eröffnen.

Ich muss bekennen, als Laris von Truria war meine sicherste Einnahmequelle das Gold, das aus Nangog kam. Als dieser Quell versiegte, habe ich den Unsterblichen Ansur gebeten, mich zum Statthalter in der Goldenen Stadt zu machen. Glaub mir, Zarah, meine Feinde waren glücklich, als ich mein Kommando an der Grenze zu Drusna niederlegte. Sollen nun andere in den Wäldern der Barbaren kämpfen. Sie sind tapfere Krieger. Ich bin zuversichtlich, dass sie einigen Fürsten, die glauben, gute Intriganten seien auch gute Feldherren, den Kopf abschneiden werden.« Er seufzte ein wenig theatralisch. »Und obwohl ich mit einem neuen Amt in eine neue Welt gekommen bin, werde ich tun, was ich schon immer getan habe: Ich kämpfe gegen einen Drusnier. Sobald ich mir ganz sicher sein kann, dass Kolja nicht unter dem Schutz des Unsterblichen Aaron steht, werde ich zuschlagen. Und mit dir werde ich verfahren, wie ich in der Vergangenheit mit meinen tapfersten Kriegern verfahren bin: Ich werde dich reich beschenken.«

»Wenn Kolja stirbt, bin ich wieder eine freie Frau. Welch größeres Geschenk könnte ich bekommen? Ich muss ihm nicht mehr vorspielen, was für ein wunderbarer Liebhaber er ist. Muss nicht mehr in sein grässliches Antlitz blicken, während er mich schwitzend nimmt. Das genügt mir.« Sie spielte zwar immer noch an seinen Brustwarzen, doch ihr Blick war hart geworden. Unwillkürlich fragte sich Arcumenna, ob sie über ihn ebenso dachte. Er war kein junger Mann mehr. Attraktiv waren seine Geschenke und seine Macht, nicht sein Körper.

Er nahm ihre Hände, küsste jede ihrer Fingerspitzen und führte sie dann zwischen seine Schenkel. »Ich bin mir sicher, ich werde ein Geschenk für dich finden, das du noch höher schätzen wirst als deine Freiheit. Es wird etwas Greifbareres sein. Etwas weniger Vergängliches.«

Zarah verstärkte den Druck ihrer Massage und fragte schelmisch: »Solltest du etwa beabsichtigen, mir ein Kind zu schenken?«

Arcumenna lachte laut auf. »Du als Mutter? Das wollen wir beide uns nicht antun.«

Sie bedachte ihn mit einem ihrer ganz besonderen Blicke, und plötzlich war er sich nicht mehr sicher, ob ihre Worte vielleicht mehr als nur ein Scherz gewesen waren.

»Ich bin für Geschenke empfänglich«, sagte sie mit vieldeutigem Lächeln. »Vielleicht habe ich auch ein Geschenk für dich. Wie bedeutend ist deine Stellung unter den Statthaltern?«

Seine gute Laune verflog. Wollte sie ihm etwa vor Augen führen, wie schwach seine Position war? »Ich bin als Letzter berufen worden. Jeder andere Statthalter ist schon länger hier. Ich bin nicht so reich, um ständig große Feste zu geben oder mit prächtigen Umzügen durch die Straßen auf mich aufmerksam zu machen. Mein Wort wiegt nicht schwer auf den Versammlungen der Statthalter.«

»Und dein größtes Ärgernis sind die Jünger dieses Hasspredigers, der über die Grünen Geister und die Gefesselte Göttin spricht?«

Arcumenna richtete sich halb auf, umfasste ihre Handgelenke und sagte kalt: »Frauen, die sich für Staatsgeschäfte interessieren, finde ich ganz und gar nicht liebreizend. Vielleicht ist es nun an der Zeit für dich zu gehen?«

»Und du willst mein Geschenk nicht? Ich könnte dich binnen einer Woche vom jüngsten zum bedeutendsten der Statthalter aufsteigen lassen.« In ihren Augen lag eine Härte, die sie völlig veränderte. Die Seidene hatte viele Gesichter. Bislang hatte er das immer anziehend gefunden, doch nun fragte er sich zum ersten Mal, ob sie vielleicht zu viele Gesichter hatte.