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Kaum eingetragen ins Buch des Satans, tun die drei heiligen Buchstaben ihre Wirkung. Blitz und Donner, Gestank und Qualm! Aufjaulend wie ein Hund, dem man auf den Schwanz getreten ist, fährt der Grüne zum Fenster hinaus, Glassplitter und Gestank hinter sich lassend. Außerdem hinterlässt er das Buch, das in Schweinsleder eingebundene Buch mit den vielen Unterschriften, den blutroten Namenszügen der Hexen und Hexenmeister.

Die junge Frau hat das Buch zum Pfarrer gebracht, zum Pfarrer von Kippenheim. Und der Pfarrer von Kippenheim hätte das Buch mit den vielen Namen dem Hexenrichter von Freudenstadt überantworten können, der hätte gewiss nicht ungern die Nase hineingesteckt.

Dies aber tut er gerade nicht, der Pfarrer von Kippenheim. Der brave Gottesmann wirft das Buch mit den vielen blutroten Unterschriften ins Feuer! Und damit befreit er sie alle, die Hexen und Hexeriche, die sich darin dem Teufel verschrieben hatten, für ewige Zeiten von ihrem Satansbund.

Eine schwarz, eine rot

Wenn es den Kühen plötzlich die Milch verschlug; wenn Pferde vom Rotz, wenn Schweine vom Rotlauf befallen wurden; wenn schwere Wetter ein Dorf heimsuchten, mit Blitz- und Hagelschlag; wenn blühende Menschen von einem Tag auf den andern dahinzusiechen begannen: In früheren Zeiten war man geneigt, Verhängnisse solcher Art mit Hexerei zu erklären. Es gab dann ein einziges Mittel, das wirksame Abhilfe versprach. Wer sich von einem Schadenszauber bedroht oder schon betroffen fühlte, der musste versuchen, den Hexer oder die Hexe herauszufinden, von denen das Unheil ausging, um ihnen das finstere Handwerk zu legen. Hierzu war es erforderlich, dass man auch seinerseits einen Hexerich, eine Hexe zurate zog. Dass es dabei immer wieder zu Überraschungen kommen konnte, darf einen nicht verwundern.

In einem Dorf in Mainfranken lebten vormals zwei böse Weiber, beide so um die Mitte dreißig, eine so zänkisch und voller Gift wie die andere. Die eine war schwarz, die andere rothaarig, aber das war auch der einzige Unterschied zwischen den beiden: An Boshaftigkeit und Streitsucht stand eine der anderen um nichts nach. Einmal hatte es in jenem Dorf an zwei aufeinander folgenden Tagen gehagelt, mitten hinein in die Obstblüte. Allen Leuten war klar: Da konnte bloß eine Wetterhexe die Hand im Spiel gehabt haben. Und wer mochte das sein? Die Schwarze hatte zwar einen bestimmten Verdacht, der in eine bestimmte Richtung zielte - aber sie wollte es ganz genau wissen.

Im Nachbardorf lebte eine weise Frau, die verstand sich aufs Kartenlegen, die heilte Wunden, die las aus der Hand. Und die wusste auch dort Rat, wo andere keinen Rat wussten. Am Tag nach dem zweiten Hagelwetter begab sich die Schwarze zu ihr, und ohne lang um den Brei herumzureden, eröffnete sie der weisen Frau, weshalb sie gekommen sei.

»Darüber ließe sich reden . « Die Alte, ein krummes, zahnloses, lederhäutiges Weiblein, machte ihr einen Vorschlag. »Wenn dir die Sache - nun, sagen wir: Wenn sie dir einen Taler wert ist, will ich dir gern behilflich sein.«

Die Schwarze begann zu handeln, bis sie den Preis auf die Hälfte heruntergefeilscht hatte. »Auch gut.« Die Alte befragte die Karten und schließlich sagte sie: »Warte den nächsten Freitag ab, dann ist Vollmond. Versieh dich mit einem Besen und einem Strohhut und gegen elf geh zum Kreuzweg hinter dem Dorf hinaus. Siebenundsiebzig Schritte hinter dem Kreuzweg ziehst du dich aus bis aufs Hemd. Dann setzt du den Strohhut auf, klemmst dir den Besenstiel zwischen die Beine und wartest den Schlag der Mitternachtsglocke ab. Dann reitest du auf dem Besen los und im Hui auf den Kreuzweg zu!«

»Und dann?«

»Dann wird dir die Hexe entgegenkommen - die Hexe, nach deren Anblick es dich verlangt. Auch sie auf dem Besen reitend, auch sie im Hemd, auf dem Kopf einen Strohhut.«

»Und dann?«

»Na, was wohl? Dann musst du der Hexe die Lust am Hexen vertreiben. Wie - das ist deine Sache .«

Am Freitag begab sich die Schwarze hinaus an den Kreuzweg hinter dem Dorf. Nach siebenundsiebzig Schritten zog sie sich aus bis aufs Hemd und setzte den Strohhut auf. Schlag Mitternacht schwang sie sich auf den Besen und ritt im Hui auf den Kreuzweg zu, wie die Alte es ihr geraten hatte.

Wie sie schon fast am Ziel ist, nur wenige Schritte trennen sie noch davon: Wer kommt ihr da auf der andern Seite entgegengesprengt? Auch sie kommt auf einem Besen daher, im flatternden weißen Hemd, auf dem Kopf einen Strohhut. Dies alles lässt sich im vollen Mondlicht genau erkennen.

Die Hexe also, wie von der Alten angekündigt - die Wetterhexe! »Warte, du Rabenaas!« Die Schwarze fackelt nicht lang herum: nichts wie drauf, auf das Hexenweib! Mit dem Besen will sie ihr ein paar überziehen!

Die andere, auch nicht faul, schwingt gleichfalls den Besen. »Dir werd ich das Hexen austreiben, Miststück, elendes!«

Was soll ich noch viel erzählen? Die beiden, ob Hexe, ob nicht: Sie verprügeln sich auf dem Kreuzweg gegenseitig mit Besen und Fäusten; sie kratzen, sie beißen, sie spucken sich an; und sie reißen sich büschelweise das Haar aus, schwarzes Haar, rotes Haar. Schwamm drüber!

Anderntags bleibt die Schwarze im Bett und gibt vor, sie sei über Nacht erkrankt. In Wahrheit kann sie sich nicht hinaustrauen, unter die Augen der Leute. Ihr Gesicht ist zerkratzt, als sei sie in einen Dornenbusch gefallen. Das linke Auge ist blutunterlaufen, am ganzen Leib hat sie Striemen und blaue Flecke.

Nicht besser fühlt sich an diesem Morgen das andere böse Weib im Dorf. Auch die Rote ist über Nacht erkrankt, auch sie muss das Bett hüten, bei verhängten Fenstern. Niemand darf sehen, wie die verdammte Hexe am Kreuzweg sie zugerichtet hat, gestern Nacht.

Es ist eben nicht ungefährlich, bei Vollmond mit einer Hexe zusammenzutreffen, noch dazu, wenn es an einem Kreuzweg geschieht, in der Nacht von Freitag auf Samstag. Und was noch hinzukommt, aber das gilt nur für diese eine Geschichte: Die Schwarze hat ja nicht ahnen können, dass auch die Rote sich bei der weisen Alten im Nachbardorf Rat geholt hatte, ebenso wenig wie auch die Rote dies von der Schwarzen gewusst haben konnte. Und überdies hatten die beiden, was nicht verschwiegen sei, jeweils den von der Alten geforderten Preis auf die Hälfte heruntergefeilscht. Das hatten sie nun davon, die beiden!

Na wenigstens steht zu hoffen, dass sie in Hinkunft von Gift und Galle kuriert waren: wenn nicht zur Gänze, so immerhin in beträchtlichem Ausmaß; und wenn nicht für immer, so wenigstens für die nächste Zeit.

Hui aus - und immerwo an!

Der Brocken, die höchste Erhebung im Harz, ist der Sage als Blocksberg bekannt. Einmal im Jahr, und zwar immer in der Walpurgisnacht, versammeln sich dort die Hexen zum großen Hexentanz. Die Walpurgisnacht ist die letzte Nacht im Monat April. Wenn sie anbricht, strömen die Hexen von nah und fern auf dem Blocksberg zusammen, alte und junge, ranke, schlanke und bucklige, schöne Hexen, die es ja auch gibt, und hässliche. Samt und sonders kommen sie durch die Lüfte herangebraust, sei es auf einem Besen reitend, sei es in einer Backmulde, sei es auf einem Bügelbrett, auf der Ofengabel oder auf einem zusammengeklappten Regenschirm. Welches Beförderungsmit­tel sie wählen, bleibt ihnen freigestellt, nur teilnehmen müssen sie. Keine von ihnen darf in der Walpurgisnacht auf dem Blocksberg fehlen, keine darf dem großen Hexentanz ungestraft fern bleiben.

Im bayrischen Pfaffenwinkel, da ist eines Abends zu später Stunde ein Bauernknecht unterwegs gewesen zu seinem Mädchen: weiß der Himmel, in welcher Absicht - er selber, der Hias, wird es schon gewusst haben. Was er nicht gewusst hat, war etwas anderes. Und zwar hat er nicht gewusst oder nicht bedacht, dass er in der Walpurgisnacht unterwegs war. Im Dorf ist es still gewesen, auch auf den Bauernhöfen ringsum. Alles finster und still, wie sich das zu nachtschlafender Zeit gehört. Bloß beim Summerer auf der Leiten, da hat noch ein Licht gebrannt. Und der Hias, wie er dort vorbeikommt auf seinem nächtlichen Weg, und wie er ein bisserl näher hinschaut - was sieht er, in der erleuchteten Stube drin?