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Toby lag im Bett, und die Schwester wusch ihn mit dem Schwamm ab. Sie blickte auf, sah Jill und sagte: »Nanu, da ist ja Mrs. Temple. Wir nehmen gerade ein hübsches Bad, nicht wahr?«

Jill wandte ihren Blick der Gestalt auf dem Bett zu.

Tobys runzlige Beine und Arme waren zu strickähnlichen Anhängseln an einem zusammengeschrumpften, verkrümmten Rumpf geworden. Zwischen seinen Beinen lag wie eine lange, obszöne Schlange sein nutzloser Penis, schlapp und hässlich. Die gelbe Färbung war aus Tobys Gesicht verschwunden, aber das starrende, idiotische Grinsen war immer noch da. Der Körper war tot, aber die Augen waren erschreckend lebendig. Durchbohrend, forschend, abwägend, planend, hassend; arglistige blaue Augen, in denen die geheimen Pläne, die tödliche Entscheidung standen. Es ist wichtig, stets daran zu denken, dass sein Verstand nicht gelitten hat, hatte der Arzt zu ihr gesagt. Er konnte denken und fühlen und hassen. Dieser Verstand hatte nichts anderes zu tun, als seine Rache zu planen, sich einen Weg auszudenken, um sie zu vernichten. Toby wünschte ihren Tod, wie sie seinen Tod wünschte.

Als Jill jetzt auf ihn hinabblickte, in diese vor Abscheu lodernden Augen starrte, konnte sie ihn sagen hören: Ich werde dich töten, und sie konnte die Wellen des Hasses fühlen, die sie wie körperliche Schläge trafen.

Jill starrte in diese Augen, und sie erinnerte sich an die zerbrochene Vase, und sie wusste, dass keiner der Alpträume Einbildung gewesen war. Er hatte einen Weg gefunden.

Sie wusste jetzt, dass es Tobys Leben gegen das ihre galt.

34.

Nachdem Dr. Kaplan Toby eingehend untersucht hatte, kam er zu Jill. »Meiner Meinung nach sollten Sie die Therapie im Schwimmbecken aufgeben«, sagte er. »Es ist reine Zeitverschwendung. Ich hatte gehofft, wir könnten damit eine gewisse Stärkung der Muskulatur erreichen, aber es schlägt nicht an. Ich werde mit dem Heilgymnastiker sprechen.«

»Nein!« Es war ein schriller Schrei.

Dr. Kaplan blickte sie überrascht an. »Jill, ich weiß, was Sie schon einmal für Toby getan haben. Aber diesmal ist es hoffnungslos. Ich -«

»Wir dürfen nicht aufgeben. Noch nicht.« In ihrer Stimme schwang Verzweiflung mit.

Dr. Kaplan zögerte und hob dann die Schultern. »Nun, wenn es Ihnen soviel bedeutet, aber -«

»Es ist mir sehr wichtig.«

In diesem Augenblick war es das Wichtigste auf der Welt. Es würde Jill das Leben retten.

Sie wusste jetzt, was sie tun musste.

Der folgende Tag war ein Freitag. David rief Jill an, um ihr zu sagen, dass er geschäftlich nach Madrid müsse.

»Möglicherweise kann ich dich am Wochenende nicht anrufen.«

»Du wirst mir fehlen«, sagte Jill. »Sehr.«

»Du mir auch. Geht es dir gut? Du klingst so anders. Bist du müde?« Jill zwang sich, die Augen offenzuhalten, den entsetzlichen Schmerz in ihrem Kopf zu vergessen. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie das letztemal gegessen oder geschlafen hatte. Sie war so schwach, dass sie kaum stehen konnte. Sie legte alle Kraft in ihre Stimme. x»Mir geht es gut, David.«

»Ich liebe dich, Darling. Pass gut auf dich auf.«

»Das tue ich, David. Ich liebe dich. Vergiss es nicht.« Gleichgültig, was geschieht.

Sie hörte den Wagen des Heilgymnastikers in die Auffahrt einbiegen und eilte mit klopfendem Herzen und zitternden Beinen, die sie kaum zu tragen vermochten, die Treppe hinunter. Sie öffnete die Tür, als der Heilgymnastiker gerade klingeln wollte.

»Morgen, Mrs. Temple«, sagte er. Er wollte hereinkommen, doch Jill vertrat ihm den Weg. Er sah sie überrascht an.

»Dr. Kaplan hat entschieden, Mr. Temples heilgymnastische Übungen abzusetzen«, sagte Jill.

Das Gesicht des Heilgymnastikers verriet überraschten Unwillen. Er war also vergeblich hier herausgefahren. Das hätte man ihm auch früher mitteilen können. Gewöhnlich hätte er sich über diese Behandlung beschwert. Aber Mrs. Temple war so bewunderungswürdig mit ihren furchtbaren Sorgen. Er lächelte verständnisvoll und sagte: »Schon gut, Mrs. Temple. Ich verstehe.«

Er ging zurück zu seinem Wagen.

Jill wartete, bis sie den Wagen fortfahren hörte. Dann ging sie wieder nach oben. Auf halbem Weg wurde sie erneut von einem Schwindelanfall gepackt, und sie musste sich ans Treppengeländer klammern, bis er abebbte. Sie konnte jetzt nicht mehr zurück. Täte sie es, würde sie sterben.

Sie ging auf die Tür von Tobys Zimmer zu, drehte den Knauf und trat ein. Schwester Gallagher saß in einem Sessel und arbeitete an einer Stickerei. Sie blickte überrascht auf, als sie Jill in der Tür stehen sah. »Oh!« sagte sie. »Sie kommen uns besuchen. Wie nett.« Sie drehte sich zum Bett hin. »Ich weiß, dass Mr. Temple sich freut. Freuen wir uns nicht, Mr. Temple?«

Toby saß, von Kissen gestützt, aufrecht im Bett. Seine Augen sandten Jill die Botschaft: Ich werde dich töten.

Jill wandte ihre Augen ab und ging zu Schwester Gallagher hinüber. »Ich fürchte, dass ich mich in letzter Zeit meinem Mann nicht genügend gewidmet habe.«

»Nun ja, das habe ich gelegentlich auch schon gedacht«, zwitscherte Schwester Gallagher. »Aber dann habe ich gesehen, dass Sie selber krank sind, und sagte mir deshalb -«

»Es geht mir wieder viel besser«, unterbrach Jill sie. »Ich wäre gern allein mit Mr. Temple.«

Schwester Gallagher sammelte ihre Stickereiutensilien zusammen und stand auf. »Selbstverständlich«, sagte sie, »das wird uns bestimmt sehr freuen.« Sie drehte sich zu dem grinsenden Gesicht im Bett um. »Ist es nicht so, Mr. Temple?« Zu Jill gewandt, fügte sie hinzu: »Ich werde schnell in die Küche hinuntergehen und mir eine gute Tasse Tee machen.«

»Nein. Ihr Dienst ist in einer halben Stunde beendet. Sie können schon jetzt gehen. Ich werde hierbleiben, bis Schwester Gordon kommt.« Jill schenkte ihr ein kurzes, beruhigendes Lächeln. »Machen Sie sich keine Sorgen. Ich werde bei ihm bleiben.«

»Ich glaube, das wäre für mich eine willkommene Gelegenheit, um einzukaufen, und -«

»Fein«, sagte Jill. »Dann gehen Sie nur.«

Jill stand unbeweglich da, bis sie die Haustür zufallen und Schwester Gallaghers Wagen abfahren gehört hatte. Als das Motorengeräusch in der Sommerluft erstorben war, drehte sich Jill zu Toby um.

Seine Blicke waren beharrlich auf ihr Gesicht geheftet. Sie zwang sich, ans Bett zu treten, schlug die Bettdecke zurück und blickte auf die ausgezehrte, gelähmte Gestalt mit den kraftlosen Beinen hinunter.

Der Rollstuhl stand in einer Ecke. Jill fuhr ihn neben das Bett und schob ihn so hin, dass sie Toby hineinsetzen konnte. Sie streckte die Arme nach ihm aus und hielt plötzlich inne. Sie musste ihre ganze Kraft zusammennehmen, um ihn zu berühren. Das ausgemergelte Gesicht mit dem idiotisch grinsenden Mund und den hellen, Gift sprühenden blauen Augen war nur wenige Zentimeter von ihr entfernt. Sie beugte sich vor und zwang sich, Toby an den Armen hochzuheben. Er war fast gewichtslos, aber Jill konnte es wegen ihrer körperlichen Erschöpfung kaum bewältigen. Als sie seinen Körper berührte, hatte sie das Gefühl, von eisiger Luft eingehüllt zu werden. Der Druck in ihrem Kopf wurde unerträglich. Vor ihren Augen erschienen helle, farbige Punkte, und sie begannen zu tanzen, immer schneller, bis ihr schwindlig wurde. Sie glaubte, ohnmächtig zu werden, wusste aber, dass sie das nicht zulassen durfte. Nicht, wenn sie am Leben bleiben wollte. Mit übermenschlicher Anstrengung zerrte sie Tobys schlaffen Körper in den Rollstuhl und gurtete ihn fest. Sie blickte auf ihre Uhr. Ihr blieben nur noch zwanzig Minuten.

Jill brauchte fünf Minuten, um in ihr Schlafzimmer zu gelangen, sich einen Badeanzug anzuziehen und in Tobys Zimmer zurückzukehren.