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»Was haben Sie dann getan, Dr. Kaplan?«

»Ich habe mich um Mrs. Temple gekümmert. Sie befand sich in einem Zustand akuter Hysterie. Ich war ihretwegen sehr beunruhigt.«

»Dr. Kaplan, war zwischen Ihnen und Mrs. Temple eine Diskussion über die Absetzung der heilgymnastischen Übungen vorangegangen?«

»Ja. Ich sagte ihr, dass sie meiner Meinung nach Zeitverschwendung wären.«

»Wie hat Mrs. Temple darauf reagiert?«

Dr. Kaplan blickte zu Jill hinüber und antwortete: »Sie reagierte ungewöhnlich. Sie bestand darauf, dass wir es weiter versuchten.« Er zögerte. »Da ich unter Eid stehe und diese Untersuchungskommission ein Interesse an der Wahrheit haben muss, fühle ich mich verpflichtet, noch etwas zu sagen.«

Lautlose Stille hatte sich über den Saal gesenkt. Jill starrte ihn an. Dr. Kaplan wandte sich an die Jury.

»Ich möchte hier zu Protokoll geben, dass Mrs. Temple wahrscheinlich die großartigste und tapferste Frau ist, der zu begegnen ich je die Ehre hatte.« Alle Augen im Saal waren nun auf Jill gerichtet. »Als ihr Mann das erstemal einen Schlaganfall erlitt, glaubte keiner von uns, dass er auch nur die geringste Chance hätte zu genesen. Nun, sie pflegte ihn ganz allein gesund. Sie tat für ihn, was kein Arzt, den ich kenne, hätte tun können. Auch wenn ich mir noch so große Mühe geben würde, ich könnte Ihnen nicht schildern, was Mrs. Temple für ihren Mann getan hat.« Er warf einen Blick zu Jill hinüber und sagte: »Sie ist ein Vorbild für uns alle.«

Die Zuschauer brachen in Beifall aus.

»Das wäre alles, Doktor«, sagte der Vorsitzende. »Ich möchte Mrs. Temple in den Zeugenstand rufen.«

Alle beobachteten Jill, als sie sich erhob und langsam zur Vereidigung in den Zeugenstand schritt.

»Ich weiß, was für eine Qual das für Sie ist, Mrs. Temple, und ich will versuchen, es so schnell wie möglich zu beenden.«

»Danke.« Ihre Stimme war nicht mehr als ein Flüstern.

»Als Dr. Kaplan sagte, dass die heilgymnastischen Übungen eingestellt werden sollten, warum wollten Sie sie trotzdem fortsetzen?«

Sie blickte zu ihm auf, und er konnte den tiefen Schmerz in ihren Augen sehen. »Weil ich wollte, dass mein Mann jede Chance bekäme, wieder gesund zu werden. Toby liebte das Leben, und ich wollte es ihm wiederschenken. Ich -« Ihre Stimme schwankte, doch sie fuhr fort: »Ich musste ihm allein helfen.«

»Am Todestag Ihres Mannes kam der Heilgymnastiker ins Haus, und Sie schickten ihn weg.«

»Ja.«

»Obgleich Sie vorhin sagten, dass Sie die Fortsetzung der Behandlung wünschten. Können Sie Ihr Vorgehen erklären?«

»Das ist ganz einfach. Ich fühlte, dass unsere Liebe als einziges eine Aussicht bot, Toby zu heilen. Ich hatte ihn zuvor gesund gepflegt…« Sie brach ab, unfähig weiterzusprechen. Dann fasste sie sich sichtlich mühsam und fuhr mit ruhiger Stimme fort: »Ich musste ihm beweisen, wie sehr ich ihn liebte, wie sehr ich wünschte, dass er wieder gesund würde. «

Jeder im Gerichtssaal beugte sich vor, um auch das leiseste Wort mitzubekommen.

»Würden Sie uns erzählen, was am Unfallmorgen geschah?«

Für eine volle Minute herrschte Stille, während Jill ihre Kräfte sammelte; dann sprach sie: »Ich ging in Tobys Zimmer. Er schien glücklich zu sein, mich zu sehen. Ich sagte ihm, dass ich ihn selber zum Schwimmbecken bringen würde, dass ich ihn wieder gesund machen würde. Ich zog meinen Badeanzug an, damit ich mit ihm im Wasser trainieren könnte. Als ich ihn aus dem Bett in seinen Rollstuhl heben wollte, überkam mich – überkam mich eine Schwäche. Da hätte ich eigentlich merken müssen, dass ich körperlich nicht kräftig genug war für das, was ich tun wollte. Aber ich konnte es nicht lassen. Nicht, wenn ich ihm helfen wollte. Ich bekam ihn in den Rollstuhl und sprach auf dem ganzen Weg zum Schwimmbecken hinunter auf ihn ein. Ich rollte ihn an den Rand…«

Sie hielt inne, und im Saal herrschte atemlose Stille. Das einzige Geräusch kam von den eifrig stenografierenden Reportern.

»Ich beugte mich vor, um die Gurte aufzuschnallen, die Toby im Rollstuhl festhielten, und ich bekam wieder einen Schwächeanfall und sank zu Boden. Ich – ich muss unglücklicherweise die Bremse berührt haben. Der Stuhl setzte sich in Bewegung. Ich versuchte, ihn zu packen, aber er – er rollte in das Becken mit – mit Toby, der darin angeschnallt war.« Ihre Stimme klang erstickt. »Ich sprang hinterher und kämpfte darum, ihn freizubekommen, aber die Gurte waren zu fest. Ich versuchte, den Stuhl aus dem Wasser zu ziehen, aber er war – er war zu schwer. Er… war… einfach… zu… schwer.« Sie schloss einen Moment die Augen, um ihren tiefen Schmerz zu verbergen. Dann, fast flüsternd: »Ich versuchte, ihm zu helfen, und ich tötete ihn.«

Die Jury brauchte nicht einmal drei Minuten, um zu einem Urteilsspruch zu gelangen: Toby Temple war durch einen Unfall ums Leben gekommen.

Clifton Lawrence saß hinten im Gerichtssaal und vernahm das Urteil.

Er war überzeugt, dass Jill Toby umgebracht hatte. Aber es gab keine Möglichkeit, das zu beweisen. Sie war davongekommen. Der Fall war erledigt.

36.

Zur Beerdigung strömte eine Flut von Menschen herbei. Sie fand in Fo-rest Lawn an einem sonnigen Herbstmorgen statt, dem Tag, an dem Toby Temples neue Fernsehserie zum erstenmal hätte ausgestrahlt werden sollen. Tausende von Menschen wälzten sich durch das hügelige Gelände und versuchten, einen Blick auf all die Berühmtheiten zu erhaschen, die hier waren, um Toby Temple die letzte Ehre zu erweisen. Kameramänner des Fernsehens nahmen die Begräbnisfeierlichkeiten aus größerer Distanz auf und rückten zu Großaufnahmen nahe an die Stars und Produzenten und Regisseure am Grab heran. Der Präsident der Vereinigten Staaten hatte einen Abgesandten geschickt. Man sah Gouverneure, Filmbosse, Präsidenten großer Unternehmen und Repräsentanten jedes Berufsverbandes, dem Toby angehört hatte: SAG und AFTRA und ASCAP und AGVA. Der Präsident der Ortsgruppe Beverly Hills der Veteranen Auswärtiger Kriege war in voller Uniform erschienen. Ebenso Abordnungen der örtlichen Polizei und Feuerwehr.

Und auch das Fußvolk war da. Die Kulissenschieber und Bühnenarbeiter und Statisten und Stuntmen, die mit Toby Temple zusammen gearbeitet hatten. Von den Garderobiers über die Beleuchter bis zu den Regieassistenten. Und viele andere; und alle waren gekommen, um einem großen Amerikaner zu huldigen. O'Hanlon und Rainger waren da und dachten an das magere Jüngelchen, das in ihr Büro bei Twentieth Century-Fox marschiert war. Wie ich höre, werdet ihr Burschen einige neue Witze für mich schreiben…Er rudert mit den Händen, als würde er Holz hacken. Wir könnten eine Holzhacker-Nummer für ihn schreiben… Er drückt zu sehr auf die Tube… Jesus, mit dem Text – was bleibt ihm anderes übrig?… Ein Komiker öffnet komische Türen. Ein Komödiant öffnet Türen komisch. Und Toby Temple hatte schwer gearbeitet und gelernt und war an die Spitze gelangt. Er war ein Verrückter, dachte Rainger, aber er war unser Verrückter.

Clifton Lawrence war da. Der kleine Agent war beim Friseur gewesen und hatte seinen Anzug bügeln lassen, aber seine Augen verrieten ihn. Es waren die Augen eines Versagers. Auch Clifton war in Erinnerungen versunken. Er erinnerte sich an jenen ersten absurden Anruf. Sam Gold-wyn möchte, dass Sie sich einen jungen Komiker ansehen… Und Tobys Auftritt in der Schule. Man braucht nicht die ganze Dose Kaviar zu essen, um zu wissen, dass er gut ist, stimmt's?… Ich habe beschlossen, als Agent für Sie tätig zu werden, Toby… Wenn Sie die Biertrinker in die

Tasche stecken, wird die Champagnerbande ein leichter Gegner für Sie sein… Ich kann Sie zum größten Star im Showgeschäft machen. Alle hatten sich um Toby Temple gerissen: die Studios, die Fernsehgesellschaften, die Nachtklubs. Sie haben so viele Klienten, dass ich manchmal den Eindruck habe, Sie kümmern sich nicht genug um mich…Es ist wie beim Gruppensex, Cliff. Irgend jemand bleibt immer mit einem Ständer zurück… Ich brauche Ihren Rat, Cliff…Es geht um das Mädchen…