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Smiley folgte Harriman ins Wohnzimmer, und sie setzten sich. Es brannte kein Feuer.

»Woher kommen Sie?« fragte Harriman.

»Ich halte mich zur Zeit in Carne auf, mein Vater lebt drüben in Dorchester. Er wird älter und ist nervös, er möchte, daß ich einen guten Hund für ihn finde. Es ist ein Gärtner da, der sich tagsüber um ihn kümmern, ihn füttern, ausführen würde und so weiter. Der Gärtner ist nachts natürlich nicht da, und gerade nachts wird der alte Herr so ängstlich. Ich habe schon seit einiger Zeit vor, ihm einen Hund zu kaufen, und diese Geschichte in Carne kürzlich hat mich wieder darauf gebracht.«

Harriman überhörte den Wink. »Der Gärtner ist ein zuverlässiger Kerl?«

»Ja, sehr.«

»Sie brauchen nichts Blendendes«, sagte Harriman. »Sie brauchen einen guten, verläßlichen Typ. Ich würde eine Hündin nehmen, wenn ich Sie wäre.« Seine Hände waren dunkelbraun, auch die Gelenke. Das Taschentuch hatte er in die Manschette gesteckt. Smiley bemerkte, daß seine Armbanduhr, entsprechend den obskuren Riten der militärischen Demimonde, der er zu entstammen schien, nach innen zeigte.

»Was wird sie tun, eine solche Hündin? Wird sie angreifen, oder was?«

»Hängt davon ab, wie sie abgerichtet ist, alter Junge; hängt davon ab, wie sie abgerichtet ist. Doch sie wird warnen; das ist ja die Hauptsache. Wird die Burschen verscheuchen. Bringen Sie ein Schild an >Bissiger Hund<, lassen Sie sie die Lieferanten ein bißchen beschnüffeln, und es wird sich schon herumsprechen. Sie werden im Umkreis von einem Kilometer keinen Einbrecher finden.«

Sie gingen wieder in den Garten hinaus, und Harriman führte zu einem Gehege mit einem halben Dutzend junger Schäferhunde, die durch den Draht wütend nach ihnen jappten.

»Gute kleine Biester, allesamt!« rief er. »Mutig wie der Teufel.« Er schloß die Tür auf und kam endlich mit einem plumpen Hundebaby heraus, das wild an seiner Jacke kaute.

»Diese kleine Dame wäre vielleicht die richtige«, sagte er. »Wir können sie nicht auf Ausstellungen zeigen, sie ist zu dunkel.«

Smiley tat so, als zögere er, ließ sich von Harriman überreden und stimmte schließlich zu. Sie kehrten ins Haus zurück.

»Ich möchte gern eine Anzahlung geben«, sagte Smiley, »und sie in etwa zehn Tagen abholen. Wäre das in Ordnung?« Er gab Harriman einen Scheck über fünf Pfund, und sie setzten sich wieder; Harriman stöberte in seinem Schreibtisch nach Impfscheinen und Stammbäumen. Dann sagte Smiley:

»Ist es nicht schade, daß Mrs. Rode keinen Hund hatte? Ich meine, er hätte ihr vielleicht das Leben gerettet.«

»Oh, sie hatte einen Hund, aber sie ließ ihn töten, unmittelbar bevor sie ermordet wurde. Verdammt merkwürdige Sache, unter uns gesagt. Sie hing an dem Tier. Merkwürdiger kleiner Köter, eine richtige Mischung, aber sie liebte ihn. Brachte ihn eines Tages hierher, mit einer Geschichte, daß er den Postboten gebissen hatte, ließ ihn durch mich töten - sagte, er sei gefährlich. Das stimmte gar nicht. Freunde von mir in Carne erkundigten sich. Nirgends Klagen. Postbote mochte das Vieh. Verdammt dumme Lüge für eine so kleine Gemeinde. Das mußte doch herauskommen.«

»Warum in aller Welt erzählte sie sie dann?«

Harriman machte eine Geste, die Smiley besonders irritierte. Er strich sich mit dem Zeigefinger der Länge nach über die Nase und zwirbelte dann sehr rasch jedes Ende seines absurden Schnurrbartes. Die ganze Bewegung hatte etwas Verschämtes, als maße er sich die Eigenheiten von Stabsoffizieren an und fürchte sich zugleich vor einer Zurechtweisung.

»Sie war schwierig«, sagte er. »Ich kann so was sofort sehen. Ich hatte ein paar im Regiment, Ehefrauen, die Ärger machen. Kleine weinerliche Typen. Sehen aus, als könnten sie nicht bis drei zählen, tugendhafter als irgendwer. Arrangieren die Blumen in der Kirche und so weiter - so gottesfürchtig wie nur möglich. Ich würde sagen, sie war von der hysterischen Sorte, theatralisch; die tagelang überall im Haus herumweinen. Alles für ein bißchen Drama.«

»War sie beliebt?« Smiley bot ihm eine Zigarette an.

»Glaube nicht. Danke. Sie trug sonntags Schwarz, höre ich. Typisch. Draußen im Osten pflegten wir sie >Krähen< zu nennen, die, die Schwarz trugen - Sonntags-Jungfrauen. Sie waren meistens A.K. - andere Konfessionen, nicht Staatskirche - einige waren Katholiken... Ich hoffe, daß ich Sie nicht...«

»Durchaus nicht.«

»Kann man nie wissen, wie? Ich kann sie selbst nicht ausstehen; kein Vorurteil, aber ich mag Katholiken nicht - das sagte schon mein alter Vater.«

»Kannten Sie ihren Mann?«

»Nicht so gut, den armen Teufel, nicht so gut.«

Harriman schien, so überlegte Smiley, weit mehr Sympathie für die Lebenden als für die Toten zu haben. Vielleicht waren Soldaten so. Er wußte es nicht.

»Er ist schrecklich zusammengebrochen, höre ich. Furchtbarer Schock - Laune des Schicksals, wie?« fügte er hinzu, und Smiley nickte. » Er ist der andere Typ. Einfache Herkunft, gute Offizierseigenschaften, macht dem Kasino Ehre. Das sind die, die am schwersten getroffen werden, die, die sich die Frauen aufs Korn nehmen.«

Sie gingen zum Gartentor. Smiley verabschiedete sich und versprach, in etwa einer Woche wiederzukommen, um den kleinen Hund zu holen.

Als er davonging, rief ihm Harriman nach: »Oh, übrigens...«

Smiley blieb stehen und drehte sich um.

»Ich werde diesen Scheck einlösen, wie, und Ihnen den Betrag gutschreiben?«

»Natürlich«, sagte Smiley. »Das ist ganz in Ordnung.« Er ging zur Bushaltestelle und dachte über die seltsamen Nebenwege des militärischen Denkens nach.

Derselbe Bus brachte ihn nach Carne zurück, derselbe Fahrer schimpfte auf seine Arbeitgeber, derselbe Fahrer fuhr die ganze Strecke im zweiten Gang. Smiley stieg am Bahnhof aus und ging zum roten Backstein-Bethaus. Leise die gotische Tür öffnend, die aus dick gelacktem, ockergelbem Kiefernholz bestand, trat er ein. Eine ältere Frau mit einer Schürze putzte den schweren Messingleuchter, der über dem Mittelschiff hing. Er wartete einen Augenblick, ging auf den Zehenspitzen zu ihr und fragte nach dem Prediger. Sie wies auf die Sakristeitür. Ihrer mimischen Anweisung folgend, ging er hinüber, klopfte und wartete. Ein großer Mann mit einem Kollar öffnete die Tür.

»Ich bin von der »Christlichen Stimme<«, sagte Smiley ruhig. »Kann ich Sie sprechen?«

Mr. Cardew führte ihn durch den Seiteneingang in einen kleinen Gemüsegarten, der sorgfältig bestellt war; hellgelbe Wege verliefen zwischen den leeren Beeten. Die Sonne erfüllte die frische Luft mit ihren Strahlen. Es war ein kalter, schöner Tag. Sie durchquerten den Garten und traten in eine Umzäunung. Trotz des Regens der letzten Nacht war der Boden hart und das Gras kurz. Sie gingen Seite an Seite und sprachen im Gehen.

»Dies ist Pfründe, es gehört der Schule. Wir veranstalten hier im Sommer unsere Gartenfeste. Sehr praktisch.«

Cardew schien mit seinem Stand nicht ganz in Einklang zu stehen. Smiley, der ein kindliches Mißtrauen gegen Geistliche hegte, hatte einen wesleyanischen Grobian, einen weitschweifigen, abweisenden Mann mit einem Hang zur Bildersprache erwartet.

»Miss Brimley, unsere Redakteurin, hat mich geschickt«, begann Smiley. »Mrs. Rode bezog unsere Zeitschrift; ihre Familie hat sie seit Beginn abonniert. Sie war fast ein Teil der Familie. Wir wollen einen Nachruf über ihre Arbeit für die Kirche schreiben.«

»Ach ja.«

»Es gelang mir, mit ihrem Mann zu sprechen; wir wollten den richtigen Ton treffen.«

»Was hat er gesagt?«

»Er sagte, ich solle mit Ihnen über ihre Arbeit sprechen - besonders ihre Arbeit für die Flüchtlinge.«

Schweigend gingen sie eine Weile weiter, dann meinte Cardew: »Sie kam aus dem Norden, nahe bei Derby. Ihr Vater war ein vermögender Mann im Norden, aber das Geld veränderte ihn nie.«

»Ich weiß.«

»Ich kenne die Familie seit Jahren, bin ihr immer wieder begegnet. Ihren alten Vater traf ich vor dem Begräbnis.«