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»Hör auf!« stotterte Eustachius. »Geh weg! Nimm das Ding weg! Es ist gefährlich! Hör auf, sage ich! Ich erzähle es Kaspian! Ich lasse dich fesseln und dir einen Maulkorb anlegen!«

»Warum ziehst du nicht dein Schwert, Feigling?« piepste die Maus. »Zieh es und kämpfe, oder ich prügle dich mit der Breitseite meines Schwertes grün und blau!«

»Ich habe kein Schwert«, sagte Eustachius. »Ich bin Pazifist. Ich halte nichts vom Kämpfen.«

»Soll das heißen«, sagte Riepischiep mit strenger Stimme und nahm sein Schwert einen Augenblick lang zurück, »daß du nicht vorhast, mir Genugtuung zu geben?«

»Ich weiß nicht, was du willst«, sagte Eustachius und hielt sich die Hand. »Wenn du keinen Spaß verstehst, dann kann ich auch nichts dafür!«

»Dann nimm das!« sagte Riepischiep. »Und das – das wird dir Manieren beibringen – und den Respekt, der einem Ritter gebührt – und einer Maus – und einem Mäuseschwanz –«, und bei jedem Wort versetzte er Eustachius einen Schlag mit der Breitseite seines Schwertes, das aus dünnem, feinem und von den Zwergen gehärtetem Stahl bestand und so biegsam und wirkungsvoll war wie eine Rute aus Birkenholz. Eustachius war (natürlich) in einer Schule, wo es keine körperliche Züchtigung gab, und so war diese Erfahrung für ihn recht neu. Deshalb – und obwohl er den Seemannsgang noch nicht beherrschte –brauchte er weniger als eine Minute, um vom Vorderdeck herunterzurennen, das ganze Deck zu überqueren und in die Kajüte zu stürzen – immer noch heiß verfolgt von Riepischiep. Tatsächlich schien es Eustachius, als wäre nicht nur die Verfolgung heiß, sondern auch das Schwert. Daraus zu schließen, wie es sich anfühlte, war es sogar glühend heiß.

Als Eustachius erst einmal begriffen hatte, daß alle die Idee von einem Duell durchaus ernst nahmen, und als er hörte, daß Kaspian das Angebot machte, ihm ein Schwert zu leihen, und Drinian und Edmund darüber diskutierten, ob man ihm zum Ausgleich dafür, daß er soviel größer war als Riepischiep, ein Handikap auferlegen solle, war es nicht mehr allzu schwierig, die Angelegenheit zu bereinigen. Eustachius entschuldigte sich mißmutig und ging mit Lucy weg, um sich die Hand verbinden zu lassen. Dann kroch er in seine Koje. Dort legte er sich vorsichtig auf die Seite.

3. Die Einsamen Inseln

»Land in Sicht!« rief der Mann im Bug.

Lucy, die sich auf dem Achterdeck mit Rhince unterhalten hatte, kam die Treppe heruntergestürzt und rannte nach vorne. Unterwegs stieß Edmund zu ihr. Kaspian, Drinian und Riepischiep waren schon auf dem Vorderdeck versammelt. Es war ein kühler Morgen, der Himmel war fahl und das Meer tiefblau, durchsetzt von kleinen weißen Schaumkronen. Und dort, ein Stück vor dem Bug in Richtung Steuerbord, lag die nächstliegende der Einsamen Inseln, Felimath, mit einem niedrigen, grünen, ins Meer hinausragenden Berg. Dahinter, ein wenig weiter weg, sah man die grauen Hänge der Schwesterinsel Doorn.

»Das gute alte Felimath! Das gute alte Doorn!« rief Lucy und klatschte in die Hände. »Oh – Edmund, wie lange ist es her, seit wir dies alles das letzte Mal gesehen haben!«

»Ich habe nie verstanden, warum diese Inseln zu Narnia gehören«, sagte Kaspian. »Hat Peter der Prächtige sie erobert?«

»O nein«, erwiderte Edmund. »Sie gehörten schon vor unserer Zeit – zur Zeit der Weißen Hexe – zu Narnia.«

(Übrigens habe ich nie erfahren, wie diese entlegenen Inseln der Krone von Narnia angeschlossen wurden; falls ich es jemals erfahre und wenn die Geschichte interessant ist, dann schreibe ich vielleicht noch ein Buch darüber.)

»Werden wir hier anlegen, Herr?« fragte Drinian.

»Ich glaube nicht, daß es viel einbringt, auf Felimath anzulegen«, sagte Edmund. »In unseren Tagen war es fast unbewohnt, und es sieht so aus, als hätte sich das nicht geändert. Die meisten Leute lebten auf Doorn und ein paar auf Avra – das ist die dritte Insel, aber man kann sie noch nicht sehen. Auf Felimath werden nur Schafe gehalten.«

»Dann sollten wir vermutlich dieses Kap umschiffen und auf Doorn landen«, sagte Drinian. »Das bedeutet, daß wir rudern müssen.«

»Schade, daß wir nicht auf Felimath an Land gehen können«, sagte Lucy. »Dort hätte ich gerne einen Spaziergang gemacht. Es war so einsam – eine hübsche Art der Einsamkeit, und überall war Gras und Klee und laue Meeresluft.«

»Ich hätte mir auch gerne die Beine vertreten«, sagte Kaspian. »Ich mache euch einen Vorschlag. Wir könnten doch im Boot an Land rudern, es zurückschicken und zu Fuß Felimath überqueren. Die ›Morgenröte‹ könnte uns dann auf der anderen Seite wieder an Bord nehmen.«

Wenn Kaspian zu diesem Zeitpunkt schon soviel Erfahrung gehabt hätte wie später auf der Reise, dann hätte er diesen Vorschlag nicht gemacht; doch im Moment schien es eine ausgezeichnete Idee zu sein. »O ja, laßt uns das tun!« rief Lucy.

»Du kommst doch auch mit?« fragte Kaspian, zu Eustachius gewandt, der mit verbundener Hand an Deck gekommen war.

»Mir ist alles recht, wenn ich nur von diesem verdammten Boot herunterkomme!« antwortete Eustachius.

»Verdammtes Boot?« fragte Drinian. »Wie meinst du das?«

»In einem zivilisierten Land wie dem, wo ich herkomme«, sagte Eustachius, »sind die Schiffe so groß, daß man im Innern des Schiffes überhaupt nicht merkt, daß man auf dem Meer ist.«

»Dann kann man ja genausogut gleich an Land bleiben«, antwortete Kaspian. »Gebt Befehl, das Boot auszusetzen, Drinian!«

Der König, die Maus, die beiden Geschwister und Eustachius stiegen ins Boot und wurden zur Küste von Felimath gerudert. Als das Boot sie dort zurückließ und wieder ablegte, wandten sie sich alle um und blickten zurück. Sie waren überrascht, wie klein die »Morgenröte« aussah.

Lucy war natürlich barfuß, weil sie beim Schwimmen die Schuhe abgestreift hatte, aber das ist nicht so schlimm, wenn man auf weichem Rasen läuft. Es war herrlich, wieder an Land zu sein und die Erde und das Gras zu riechen, selbst wenn anfangs der Boden wie ein Schiff auf und ab zu schwanken schien, wie er das normalerweise ein Weilchen tut, wenn man vorher auf See war. Hier war es viel wärmer als an Bord, und Lucy gefiel es, den Sand zwischen den Zehen zu spüren. Irgendwo sang eine Lerche.

Sie wandten sich der Inselmitte zu und kletterten einen steilen, doch ziemlich niedrigen Hügel hinauf. Oben angelangt, schauten sie zurück. Unter ihnen fuhr die »Morgenröte«. Sie schillerte wie ein großes Insekt und kroch, von den Rudern bewegt, langsam Richtung Nordwesten. Dann überquerten die Kinder die Kuppe, und die »Morgenröte« war nicht mehr zu sehen.

Jetzt lag Doorn vor ihnen. Von Felimath war es nur durch einen etwa eine Meile breiten Kanal getrennt; dahinter lag zur Linken Avra. Der kleine, weiße Ort Enghafen auf Doorn kam in Sicht.

»Hoppla! Was ist denn das?« sagte Edmund plötzlich.

In dem grünen Tal, zu dem sie gerade hinunterstiegen, saßen unter einem Baum sechs oder sieben wild aussehende und bewaffnete Männer.

»Sagt ihnen nicht, wer wir sind!« befahl Kaspian.

»Und warum nicht, Eure Majestät?« fragte Riepischiep, der eingewilligt hatte, auf Lucys Schultern zu reiten.

»Mir kam gerade der Gedanke«, entgegnete Kaspian, »daß man hier vermutlich lange Zeit nichts von Narnia gehört hat. Es wäre möglich, daß sie unsere Oberherrschaft nicht mehr anerkennen. Und in diesem Fall könnte es gefährlich werden, als ihr König aufzutreten.«