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»Ausgezeichnet! Fabelhaft. Sie sind das Krickett-As. Ausgezeichnet. Gemeinsame Freunde, stimmt's? Ich glaube, wir benutzen heute abend den Balkon besser nicht«, sagte er mit einem scheelen Blick zur amerikanischen Ecke. »Gute Männer sind zu rar, wie mir scheint. Sollten in Sicherheit bleiben. Ihren Platz gefunden?« Er stach mit befehlendem Finger nach einer ledergerahmten Tischordnung, auf der die Plätze eingetragen waren. »Lassen Sie sich mit ein paar Leuten bekannt machen. Moment.« Er zog ihn ein wenig abseits, aber nur ein wenig. »Es geht alles über mich, ja? Ich habe das eindeutig klargemacht. Lassen Sie sich nicht in eine Ecke drängen, ja? Kleine Balgerei im Gang, wenn Sie mich verstehen. Rein lokal. Nicht Ihr Problem.«

Der amerikanische Diplomat wirkte auf den ersten Blick klein, er war so dunkel und adrett, aber als er aufstand und Jerry die Hand schüttelte, waren beide fast gleich groß. Er trug ein kariertes rohseidenes Jackett und in der anderen Hand ein Walkie-Talkie in einem schwarzen Plastiketui. Die braunen Augen waren intelligent, aber übertrieben respektvoll, und während sie einander die Hände schüttelten, sagte eine Stimme in Jerry: »Vetter«. »Freut mich, Sie kennenzulernen, Mr. Westerby. Habe gehört, Sie kommen aus Hongkong. Ihr Gouverneur dort ist ein sehr guter Freund von mir. Beckie, das ist Mr. Westerby, ein Freund des Gouverneurs von Hongkong, und ein guter Bekannter von John, unserem Gastgeber.«

Dies zu einer fülligen Frau, die mit plumpen handgehämmertem Silberschmuck vom Markt behängt war. Ihre farbenfroh« Gewänder flossen in asiatischem Durcheinander an ihr herab. »Oh, Mr. Westerby«, sagte sie. »Aus Hongkong. Hallo.« Die übrigen Gäste waren eine gemischte Gesellschaft aus Geschäftsleuten der Stadt. Ihre Frauen waren Eurasierinnen, Französinnen und Korsinnen. Ein Hausboy schlug auf einen silbernen Gong. Der Plafond des Eßzimmers war aus Zement, aber als sie Einzug hielten, sah Jerry, wie mehrere Augen emporblickten, um sich zu vergewissern. Ein silberner Kartenhalter belehrte ihn, daß er der »Honourable G. Westerby« sei, ein silberner Speisenkartenhalter versprach ihm le roast beef á l'anglaise, in silbernen Leuchtern steckten lange Kerzen, die ein bißchen geweiht wirkten; kambodschanische Boys flitzten halb gebückt mit Tabletts voller Speisen herein und hinaus, Speisen, die schon am Vormittag gekocht worden waren, solange es Strom gab. Eine viel gereiste französische Schöne mit einem Spitzentaschentuch im Ausschnitt saß Jerry zur Rechten. Ein zweites Tüchlein hielt sie in der Hand, und sooft sie etwas gegessen oder getrunken hatte, tupfte sie sich das Mündchen. Die Tischkarte benannte sie als Gräfin Sylvia.

»Je suis tres, tres diplomee«, flüsterte sie Jerry zu, während sie pickte und tupfte. »J'ai fait la science politique, mecanique et l'electricite generale. Im Januar habe ich ein schlechtes Herz. Jetzt bin ich besser.«

»Ah, well, also ich, ich kann überhaupt nichts richtig«, behauptete Jerry, und es klang übertrieben witzig. »Hansdampf in allen Gassen, aber nirgends zu Hause.« Es dauerte eine ganze Weile, bis er das ins Französische übersetzt hatte, und er mühte sich noch immer damit ab, als plötzlich irgendwo ganz in der Nähe eine Maschinengewehrsalve abgefeuert wurde, viel zu lang, um dem Gewehr gutzutun. Es kamen keine Antwortschüsse. Die Unterhaltung erlahmte.

»Irgend so ein Blödmann schießt auf Gekkos, scheint mir«, sagte der Botschaftsrat, und seine Frau lachte ihn liebevoll über den Tisch hinweg an, als wäre der Krieg eine kleine Einlage, die sie sich zur Zerstreuung ihrer Gäste ausgedacht hatten. Das Schweigen kehrte zurück, tiefer und gefahrenträchtiger als zuvor. Die kleine Gräfin legte die Gabel auf den Teller, und es bimmelte wie eine Tramklingel in der Nacht. »Die««, sagte sie.

Sofort fingen alle wieder zu sprechen an. Die amerikanische Ehefrau fragte Jerry, wo er aufgezogen worden sei, und als sie damit durch waren, fragte sie ihn, wo sein Heim sei, und Jerry sagte Thurloe Square, Old Pet's Wohnung, weil ihm nicht danach war, über die Toskana zu sprechen.

»Wir besitzen Land in Vermont«, sagte sie energisch. »Aber wir haben noch nicht gebaut.«

Zwei Raketen schlugen gleichzeitig ein. Nach Jerrys Berechnung etwa eine halbe Meile weiter östlich. Als er ringsum blickte, ob die Fenster geschlossen seien, fing er die braunen Augen des amerikanischen Ehemanns ab, die mit rätselhafter Eindringlichkeit auf ihn geheftet waren.

»Haben Sie für morgen schon etwas vor, Mr. Westerby?«

»Nichts Besonderes.«

»Wenn wir irgend etwas für Sie tun können, lassen Sie es mich wissen. Wir sind immer für Sie da.«

»Vielen Dank«, sagte Jerry, aber er hatte das Gefühl, daß die Frage anders gemeint war.

Ein Schweizer Geschäftsmann mit klugem Gesicht wußte eine lustige Geschichte, und er nutzte Jerrys Anwesenheit, um sie zu wiederholen.

»Vor nicht langer Zeit war eines nachts die ganze Stadt hell vom Geschützfeuer, Mr. Westerby«, sagte er. »Wir werden alle sterben. Oh, zweifellos, in dieser Nacht müssen wir sterben! Alles mögliche: Granaten, Leuchtspurgeschosse überströmten den Himmel, für eine Million Dollar Munition, wie wir später erfuhren. Stunde um Stunde. Ein paar meiner Freunde gingen von Tür zu Tür und verabschiedeten sich voneinander.« Eine Armee von Ameisen kam unter dem Tisch hervor und begann in einer Heersäule über das blütenweiße Damasttischtuch zu marschieren, wobei sie die Kerzenleuchter und die von Hibiskusblüten überquellende Blumenschale sorgfältig umging. »Die Amerikaner funkten herum, wetzten hin und her, und jeder von uns bedachte sehr genau seinen Platz auf der Evakuierungsliste, aber eins war komisch, wissen Sie: die Telefone funktionierten und wir hatten sogar Strom. Und was war das Ziel des Beschusses gewesen, wie sich später herausstellte?« - Die Tischrunde lachte bereits hysterisch. - »Frösche! Ein paar sehr gefräßige Frösche!«

»Kröten«, berichtigte ihn jemand, aber das tat dem Gelächter keinen Abbruch.

Der amerikanische Diplomat, ein Muster höflicher Selbstkritik, lieferte den amüsanten Epilog.

»Die Kambodschaner haben einen alten Aberglauben, Mr. Westerby. Bei einer Mondfinsternis muß man viel Lärm machen. Man muß Feuerwerkskörper abbrennen, man muß auf Blechdosen schlagen, oder noch besser Munition für eine Million Dollar in die Luft jagen. Denn wenn man das nicht tut, dann werden die Frösche den Mond verschlingen. Wir hätten es wissen solle-, aber wir wußten es nicht, und folglich standen wir ausgesprochen albern da«, sagte er stolz.

»Ja, ich fürchte, da haben Sie sich ins Bockshorn jagen lassen, alter Freund«, sagte der Botschaftsrat selbstgefällig. Aber obgleich das Lächeln des Amerikaners offen und unvoreingenommen blieb, drückten die braunen Augen etwas weit Dringenderes aus - etwas wie eine Botschaft unter Fachleuten.

Jemand sprach über Dienstboten und deren erstaunlichen Fatalismus. Eine einzelne Detonation, laut und anscheinend sehr nahe, beendete die Vorstellung. Als Gräfin Sylvia nach Jerrys Hand griff, lächelte die Gastgeberin ihrem Mann fragend über den Tisch hinweg zu.