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»Was verkaufen Sie sonst noch, altes Haus?«

»Sir, ich verkaufe alles, an alle Gentlemen.« Sie klopften beide eine Weile auf den Busch. Nein, sagte Jerry, er wolle nichts zu rauchen und nichts zu schlucken, nichts zu schnüffeln und auch nichts für die Handgelenke. Und nein, vielen Dank, bei allem Respekt vor den zahlreichen schönen Schwestern, Cousinen und jungen Männern seiner Kreise, auch für Jerrys sonstige Bedürfnisse sei gesorgt.

»Dann, Freude meines Herzens, Sir, sind Sie ein sehr glücklicher Mann.«

»Ich habe wirklich etwas gesucht, für einen Freund«, sagte Jerry. Der junge Inder blickte scharf die Straße auf und nieder und jetzt klopfte er nicht mehr auf den Busch. »Einen freundlichen Freund, Sir?«

»Nicht sehr.«

Sie nahmen gemeinsam eine Rikscha. Der Inder hatte einen Onkel, der auf dem Silbermarkt Buddhas verkaufte, und der Onkel hatte ein Hinterzimmer mit Schlössern und Riegel an der Tür. Für dreißig amerikanische Dollar kaufte Jerry eine niedliche braune Walther Automatic mit zwanzig Runden Munition. Die Bärentreiber in Sarratt, dachte er, als er wieder in die Rikscha kletterte, wären glatt in Ohnmacht gefallen. Erstens wegen der, wie sie es nannten, unpassenden Zutat, und zweitens weil sie den zählebigen Unsinn predigten, kleine Kanonen brächten mehr Verdruß als Nutzen. Aber wenn er seine Webley aus Hongkong durch den Zoll nach Bangkok und von dort aus nach Phnom Penh mitgenommen hätte, wären sie vermutlich überhaupt nicht mehr aus ihrer Ohnmacht erwacht, also konnten sie sich nach Jerrys Meinung noch glücklich schätzen, daß er nicht nackt und bloß in dieses Abenteuer zog, welche Parole auch immer sie in dieser Woche auf ihre Fahnen geschrieben hatten. Am Flugplatz war keine Maschine nach Battambang zu finden, aber dort war nie eine Maschine zu finden, egal wohin. Die silbernen Reis-Jets landeten und starteten heulend auf dem Rollfeld, und nachdem in der Nacht wiederum Raketen gefallen waren, wurden jetzt neue Futtermauern errichtet. Jerry sah zu, wie die Erde in Lastwagen ankam und die Kulis sie in rasender Eile in Munitionskisten füllten. Wenn ich wieder auf die Welt komme, beschloß er, handle ich mit Sand und karre ihn in belagerte Städte.

Im Wartesaal fand Jerry eine Gruppe Stewardessen, die Kaffee tranken und lachten, und er gesellte sich in seiner flotten Art zu ihnen. Ein großes Mädchen, das englisch sprach, zog eine zweifelnde Miene und verschwand mit seinem Paß und fünf Dollar.

»C'est impossible«, versicherten sie ihm alle, während sie auf die Rückkehr des Mädchens warteten. »C'est tout occupe.« Das Mädchen kehrte lächelnd zurück. »Der Pilot ist sehr schwierig«, sagte sie. »Wenn Sie ihm nicht gefallen, nimmt er Sie nicht mit. Aber ich zeige ihm Ihr Foto, und er will ausnahmsweise surcharger. Er darf nur einunddreißig personnes mitnehmen, aber er nimmt Sie mit, es ist ihm egal, er tut es aus Freundschaft, wenn Sie ihm tausendfünfhundert Riels geben.« Die Maschine war zu zwei Dritteln leer, und die Geschoßeinschläge in den Tragflächen tröpfelten wie blutende Wunden.

Zu diesem Zeitpunkt war Battambang noch die sicherste Stadt in Lon Nols dahinschwindendem Archipel, und Phnom Penhs letzte Farm. Eine Stunde lang trödelten sie über einem mutmaßlich von Roten Khmer überschwemmtem Gebiet, ohne daß eine Menschenseele sich zeigte. Während sie kreisten, schoß jemand müßig aus den Reisfeldern, und der Pilot beschrieb auf gut Glück ein paar Kurven, um den Schüssen auszuweichen, aber Jerry richtete seine ganze Aufmerksamkeit darauf, sich die Bodenanlagen einzuprägen, ehe sie aufsetzten: die Abstellplätze; welche Rollbahnen der Zivilluftfahrt und welche den Militärmaschinen vorbehalten waren; die drahtumzäunte Enklave, in der die Frachtschuppen standen. Sie landeten in einer ländlichen Idylle. Blumen wuchsen rings um die Geschützstellungen, fette braune Hühner scharrten in den Granattrichtern, Wasser und Strom gab es im Überfluß, und dennoch dauerte ein Telegramm nach Phnom Penh damals bereits eine Woche.

Jerry ging jetzt sehr behutsam vor. Instinktiv hielt er sich strikter an seine Legende als je zuvor. Der Honourable Gerald Westerby, unser ausgezeichneter Lohnschreiber, berichtet über die wirtschaftlichen Auswirkungen des Belagerungszustands. Wer so groß ist wie ich, der muß einen verdammt guten Grund haben für alles, was er tut. Also nebelte er sich ein, wie es in der Branche heißt. Am Informationsschalter, wo mehrere stille Männer ihn beobachteten, fragte er nach den Namen der besten Hotels in der Stadt und schrieb sich einige davon auf, während er nebenbei die Gruppierungen der Maschinen und der Gebäude studierte. Er unternahm eine Wanderung von Büro zu Büro und fragte, wie man am besten einen Zeitungsbericht per Luftfracht nach Phnom Penh schicken könne, und niemand hatte die geringste Ahnung. Er setzte seine diskrete Rekognoszierung fort, schwenkte überall seine Telegrammkarte und erkundigte sich, wie man zum Gouverneurspalast komme, um den Eindruck zu erwecken, er habe mit dem großen Mann persönlich etwas zu besprechen. Binnen kurzem war er der berühmteste Reporter, der jemals nach Battambang gekommen war. Inzwischen merkte er sich die Türen mit der Aufschrift »Besatzung« und die Türen mit der Aufschrift »Privat« und wo »Herren« war, damit er später, wenn er unverdächtig sein würde, eine Skizze der gesamten Anlage zeichnen könnte, mit besonderer Berücksichtigung der Ausgänge nach dem abgezäunten Teil des Flugfelds. Schließlich fragte er, wer von den Piloten zur Zeit in der Stadt sei. Er sei mit einigen von ihnen befreundet, sagte er, also sei es wohl das Einfachste - falls es nötig sein sollte -, einen von ihnen zu bitten, seine Reportage in seinem Fluggepäck mitzunehmen. Eine Stewardeß las ihm Namen von einer Liste vor, und während sie das tat, drehte Jerry die Liste sanft um und las den Rest selber herunter. Der Indocharter-Flug war aufgeführt, aber ohne den Namen des Piloten. »Fliegt Captain Andreas noch für Indocharter?« erkundigte er sich.

»Captain qui, Monsieur?«

»Andreas. Wir nannten ihn nur Andre. Kleiner Bursche, trug immer eine dunkle Brille. Flog die Strecke Kampong Cham.« Sie schüttelte den Kopf. Nur Captain Marshall und Captain Ricardo, sagte sie, flogen für Indocharter, aber Captain Ric sei einem Absturz zum Opfer gefallen. Jerry zeigte, weiter kein Interesse, stellte aber doch ganz nebenbei fest, daß Captain Marshalls Carvair am Nachmittag starten würde, wie gestern nacht gemeldet. Es werde aber keine Fracht mehr mitgenommen, alles sei ausgebucht, Indocharter sei immer voll ausgelastet. »Wissen Sie, wo ich ihn erreichen kann?«

»Captain Marshall fliegt nie am Vormittag, Monsieur.« Er fuhr mit einem Taxi in die Stadt. Das beste Hotel war eine Wanzenbude in der Hauptstraße. Die Straße war eng, stinkig und mit ohrenbetäubendem Lärm erfüllt, eine asiatische Konjunkturstadt im Entstehen, donnernd vom Lärm der Hondas und verstopft von den frustrierten Mercedes der über Nacht Reichgewordenen. Um seine Legende aufrechtzuerhalten nahm er ein Zimmer und bezahlte im voraus, nahm auch den special Service, was nichts Exotischeres bedeutete als frische Laken zum Unterschied von denen, die noch die Spuren früherer Schläfer trugen. Er wies den Fahrer an, in einer Stunde wiederzukommen. Aus alter Gewohnheit verschaffte er sich eine überhöhte Rechnung. Er duschte, zog sich um und hörte höflich zu, während der Hausboy ihm erklärte, wie man nach der Sperrstunde ins Haus gelangen könne, dann ging er aus und suchte sich ein Frühstück, denn es war noch immer erst neun Uhr morgens.