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War nur Theaterdonner, sagte er sich, als er im Taxi saß, die Hände über den Kopf hielt und versuchte, das wilde Poltern in seiner Brust zu beruhigen. Das kommt davon, schalt er sich, wenn man unbedingt mit einer alten Flamme von Lizzie Worthington Räuber und Gendarm spielen will.

Irgendwo schlug eine Rakete ein, aber er scherte sich den Teufel drum.

Er gab Charlie Marshall zwei Stunden, obwohl er schon eine einzige für reichlich hielt. Es war bereits Ausgangssperre, aber die Krisis des Tages war nicht mit Eintritt der Dunkelheit beendet, auf dem ganzen Weg zum Phnom waren Straßensperren errichtet und die Posten hielten ihre Maschinenpistolen im Anschlag. Auf dem Platz schrien zwei Männer beim Licht von Taschenlampen vor einer sich ansammelnden Menge aufeinander ein. Ein Stück weiter auf dem Boulevard hatten Soldaten ein angestrahltes Haus umzingelt, sie lehnten an der Mauer und fingerten an den Gewehren. Der Fahrer sagte, die Geheimpolizei habe hier jemanden festgenommen. Ein Oberst und seine Leute seien mit einem mutmaßlichen Agitator noch drinnen. Im Vorhof des Hotels standen Panzer, und in seinem Schlafzimmer fand Jerry Luke auf dem Bett liegend und stillvergnügt süffeln. »Läuft das Wasser?«

»Mhm.«

Er drehte den Hahn auf und fing an, sich auszuziehen. Dann fiel ihm die Walther ein.

»Etwas geschrieben?« fragte er.

»Mhm«, sagte Luke wieder. »Und Sie auch.«

»Ha Ha.«

»Ich ließ Keller in Ihrem Namen an Stubbsi kabeln.«

»Die Flugplatz-Story?«

Luke überreichte ihm den Belegbogen. »Hab' ein paar original Westerbyfarben zwischengemischt. Wie auf den Friedhöfen die Knospen sprießen. Stubbsi liebt Sie.«

»Vielen Dank.«

Im Badezimmer löste Jerry die Walther vom Heftpflaster und steckte sie in die Jackentasche, wo er sie leicht erreichen könnte. »Wo gehen wir heute abend hin?« rief Luke durch die geschlossene Tür. »Nirgends.«

»Soll 'n das heißen?«

»Ich hab' schon eine Verabredung.«

»'neFrau?«

»Ja.«

»Nehmen Sie Lukie mit. Drei in einem Bett.«

Jerry sank dankbar in das lauwarme Wasser. »Nein.«

»Rufen Sie sie an. Sie soll noch eine Hure für Lukie auftreiben.< Hören Sie, da ist dieser tolle Feger aus Santa Barbara hier im Hotel. Ich bin nicht stolz. Ich hol' sie.«

»Nein.«

»Herrgottnochmal«, schrie Luke jetzt ernstlich böse. »Warum  zum Teufel denn nicht?« Er war nah an die verriegelte Tür gekommen, um seinen Protest vorzubringen.

»Altes Haus, rutschen Sie mir den Buckel runter«, riet ihm Jerry. »Ich mag Sie, aber Sie bedeuten mir nicht alles, ja? Also lassen Sie mich in Ruhe.«

»Wenn's dem Esel zu wohl ist . . . wie?« Langes Schweigen. »Na  ja, aber lassen Sie sich bloß nicht die Rübe wegputzen, ist eine  stürmische Nacht da draußen, Partner.«

Als Jerry ins Schlafzimmer zurückkam, lag Luke zusammengerollt auf dem Bett, starrte die Wand an und betrank sich mit  System.

»Wissen Sie was, Sie sind schlimmer als so ein verdammtes  Weibsbild«, sagte Jerry und hielt an der Tür inne, um sich  nochmals nach ihm umzusehen.

Die ganze kindische Szene wäre ihm nie wieder eingefallen, wenn  die Dinge sich später anders entwickelt hätten.

Diesmal hielt Jerry sich nicht mit der Glocke am Tor auf, sondern  kletterte über die Mauer und zerschnitt sich die Hände an den  Glasscherben, mit denen die Mauerkrone bestückt war. Er begab  sich auch nicht zum Vordereingang, noch spähte er wie bisher  nach den braunen Beinen, die auf der untersten Stufe warteten,  Statt dessen blieb er im Garten stehen, bis die Folgen seiner harten  Landung abgeklungen waren und seine Augen und Ohren ein  Lebenszeichen aus der großen Villa auffangen würden, die vor  dem hellen Mond dunkel vor ihm aufragte.

Ein unbeleuchteter Wagen fuhr vor, und zwei Gestalten stiegen aus, Kambodschaner, nach ihrer Größe und Lautlosigkeit zu ; schließen. Sie klingelten am Tor, an der Vordertür flüsterten sie ! das magische Losungswort durch den Spalt und wurden unverzüglich, wortlos eingelassen. Jerry versuchte sich die Anlage des Hauses vorzustellen. Es wunderte ihn, daß kein verräterischer » Duft zu bemerken war, weder von der Vorderseite her noch im Garten, wo er stand. Es war windstill. Er wußte, daß für einen großen Divar Geheimhaltung lebenswichtig war, nicht wegen der hohen Geldstrafen, sondern wegen der horrenden Bestechungssummen. Die Villa hatte einen Schornstein und einen Innenhof und zwei Stockwerke: ein Anwesen, in dem es sich als französischer colon mit einer kleinen Familie von Konkubinen und Mischlingskindern bequem leben ließ. Die Küche dürfte vermutlich dem Präparieren dienen. Der sicherste Ort zum Rauchen war zweifellos im Oberstock, in den Zimmern, die nach dem Innenhof zeigten. Und da aus der Vordertür kein Geruch drang, schloß Jerry, daß weder Seitenflügel noch Fronttrakt benutzt wurden, sondern die Rückseite des Hofes.

Er pirschte sich lautlos weiter, bis er zu dem Lattenzaun kam, der die rückwärtige Begrenzung des Grundstücks bildete. Ein vergittertes Fenster lieferte seinem Wildlederstiefel den ersten Halt, ein Überlaufrohr den zweiten, ein Entlüftungskasten den dritten, und als er von dort aus zum oberen Balkon weiterkletterte, stieg ihm der Geruch in die Nase, den er erwartet hatte: warm und süß und lockend. Auch auf dem Balkon war kein Licht, aber im Mondschein waren die beiden kambodschanischen Mädchen, die dort kauerten, deutlich zu sehen, und er sah auch die erschreckten Blicke, die sie auf ihn richteten, als er wie vom Himmel gefallen dort auftauchte. Er befahl ihnen aufzustehen, und trieb sie vor sich her, dem Geruch entgegen. Der Granatenbeschuß hatte aufgehört, die Nacht gehörte den Gekkos. Jerry erinnerte sich, daß den Kambodschanern die Zahl ihrer zirpenden Laute als Orakel diente: morgen ist ein guter Tag, es ist keiner; morgen werde ich eine Braut nehmen; nein, erst übermorgen. Die Mädchen waren sehr jung und mußten darauf gewartet haben, daß die Kunden sie holen ließen. An der Binsentür zögerten sie und drehten sich mit unglücklichen Mienen nach ihm um. Jerry machte ihnen ein Zeichen, und sie begannen, mehrere Schichten von Matten beiseitezuschieben, bis ein blasser Lichtschein auf den Balkon fiel, nicht stärker als das Licht einer Kerze. Er schob die Mädchen vor sich her und trat ein.