Выбрать главу

Xin schaute um sich und verlor momentan den Faden von Broute-Grabber. »Eiter, diese Leute nehmen ihren Fundamentalismus ernst. Weiß Unterberg das?«

Die Stimme aus Trud Handcomputer antwortete: »Das ist möglich. ›Scherkaner Unterberg‹ steht in starker Korrelation zum Nachrichtenverkehr des Geheimdienstes vom Einklang… Bisher haben wir keinen militärischen Datenaustausch gefunden, der diese Debatte behandelt, aber die Spinnenzivilisation ist noch nicht gut automatisiert. Es könnte Dinge geben, die uns entgehen.«

Trud sprach in das Gerät: »Ich habe eine Hintergrundaufgabe für dich, unterste Priorität. Was dürften sich die Sinnesgleichen von dieser Debatte erhoffen?« Er schaute zu Jau hoch und zuckte die Achseln. »Keine Ahnung, ob wir eine Antwort kriegen. Jetzt ist ziemlich viel los.«

Broute war mit seinen Einführungen fast fertig. Die Geehrte Pedure sollte von einer gewissen Xopi Reung dargestellt werden. Xopi war eine schmale kleine Aufsteigerin. Ezr kannte ihren Namen nur, weil er Personallisten studiert und mit Anne Reynolt gesprochen hatte. Ich frage mich, ob sonst noch jemand den Namen der Frau kennt, dachte Ezr. Gewiss nicht Jau und Rita. Trud würde ihn kennen, so, wie in primitiven Zeiten ein Tierhirt sein Eigentum kannte. Xopi Reung war jung; sie war aus dem Eis geholt worden, um jemanden zu ersetzen, den Silipan als ›Senilitätsausfall‹ bezeichnete. Reung war seit etwa vierzig Megasekunden auf Wache. Ihr war der Großteil der Fortschritte beim Erlernen anderer Spinnensprachen zuzuschreiben, insbesondere des ›Bassischen‹. Und sie war bereits die zweitbeste Übersetzerin für ›Standard-Einklang‹. Eines Tages konnte sie durchaus besser als Trixia werden. In einer vernünftigen Welt wäre Xopi Reung eine führende Wissenschaftlerin gewesen, in ihrem ganzen Sonnensystem berühmt. Aber Xopi Reung war in der Hülsenmeister-Lotterie ausgewählt worden. Während Xin und Liao und Silipan ein völlig bewusstes Leben führten, war Xopi Reung ein Teil der Automatik in den Wänden, unsichtbar — außer gelegentlich unter besonderen Umständen.

Xopi Reung ergriff das Wort: »Danke, Meister Grabber. Der Sender Weißenberg macht sich selbst Ehre, indem er uns diese Gelegenheit zu einem Gespräch gibt.« Während Broutes Einführungen war Reungs Aufmerksamkeit ständig wie bei einem Vogel hin und her gehuscht. Vielleicht war ihre Datenbrille nicht richtig justiert, oder vielleicht zog sie es vor, wichtige Hinweise übers ganze Gesichtsfeld zu verstreuen. Doch als sie zu sprechen begann, kam etwas Wildes in ihren Blick.

»Keine besonders gute Übersetzung«, beklagte sich jemand.

»Sie ist neu, denk dran«, sagte Trud.

»Oder vielleicht redet diese Pedure wirklich so komisch. Du hast gesagt, sie ist Ausländerin.«

Reung als Pedure beugte sich über den Tisch. Ihre Stimme war seidig und leise. »Vor zwanzig Tagen haben wir alle eine Verderbnis entdeckt, die sich in etwas eingefressen hatte, was Millionen von Leuten seit Jahren in ihr Zuhause lassen, in die Ohren ihrer Gatten und Kinder.« Sie fuhr ein paar Augenblicke so fort, mit sperrigen Sätzen, die sehr selbstgerecht wirkten. Dann: »Es ist also nur angebracht, dass uns der Sender Weißenberg nun Gelegenheit gibt; die Atmosphäre der Gemeinschaft zu reinigen.« Sie machte eine Pause. »Ich… ich…« Es war, als fielen ihr nicht die richtigen Worte ein. Einen Augenblick lang wirkte sie wieder wie ein Blitzkopf, fahrig, den Kopf vorgereckt. Dann schlug sie abrupt mit der Hand auf den Tisch. Sie zog sich zu ihrem Sitz herunter und verstummte.

»Ich hab euch doch gesagt, die macht als Übersetzerin nicht viel her.«

Vierundzwanzig

Indem sie Hände und Vorderbeine an die Wand lehnten, konnten Viki und Gokna ihre Hauptaugen an dem Glas halten. Es war eine unbequeme Haltung, und die beiden rutschten an dem Fenster hin und her.

»Danke, Meister Grabber. Der Sender Weißenberg macht sich selbst Ehre, indem…« bla-bla-bla.

»Sie redet komisch«, sagte Gokna.

»Ich habe es euch doch gesagt. Sie ist Ausländerin.« Didire sprach geistesabwesend. Sie hatte mit irgendeiner geheimnisvollen Abstimmung ihrer Geräte zu tun. Sie schien nicht besonders darauf zu achten, was im Aufnahmeraum eigentlich gesagt wurde. Brent verfolgte das Programm mit sturer Faszination, während Jirlib abwechselnd am Fenster und möglichst nahe bei Didi stand. Er war davon geheilt, ihr technische Ratschläge zu geben, trotzdem stand er gern bei ihr. Manchmal fragte er eine angemessen naive Frage. Wenn Didi nicht beschäftigt war, brachte er sie auf diese Weise für gewöhnlich dazu, mit ihm zu reden.

Gokna grinste Viki an. »Nein. Ich meine, die ›Geehrte Pedure‹ redet wie ein schlechter Witz.«

»Hm.« Viki war sich dessen nicht so sicher. Pedures Kleidung war natürlich seltsam. Sie hatte Priesterschals bisher nur in Büchern gesehen. Es war ein formloser Umhang, der auf allen Seiten herabfiel und alles außer Pedures Kopf und Schlund verbarg. Doch sie hatte den Eindruck verborgener Kraft. Viki wusste, was die meisten Leute von Kindern wie ihr dachten. Pedure war nur eine berufsmäßige Vertreterin dieser Ansicht, ja? Doch in ihrer Rede lag eine gewisse Drohung… »Denkst du, sie glaubt wirklich, was sie sagt?«

»Klar glaubt sie es. Deswegen ist sie ja so komisch. Siehst du, wie Papa lächelt?« Scherkaner Unterberg saß auf der anderen Seite der Aufnahmebühne und tätschelte ruhig seine Babies. Er hatte noch kein Wort gesagt, doch man sah die Andeutung eines Lächelns bei ihm. Zwei Paar Babyaugen lugten furchtsam aus seinem Fell hervor. Rhapsa und Hrunkner konnten nicht alles verstehen, was vorging, doch sie sahen geängstigt aus.

Gokna bemerkte es auch. »Die armen Babies. Sie sind die Einzigen, denen sie Angst machen kann. Pass auf! Ich zeig der Geehrten Pedure eine Zehn.« Sie wandte sich vom Fenster ab und lief zur Seitenwand — und dann das Regal mit den Tonbändern hinauf. Die Mädchen waren sieben Jahre alt, viel zu groß für Akrobatik. Huch. Das Regal stand frei. Es neigte sich von der Wand weg, Bänder und der ganze Kram rutschten auf allen Brettern vor. Gokna erreichte das obere Ende, bevor irgendwer außer Viki begriff, was vorging. Und von dort sprang sie los und packte die obere Einfassung des Fensters zum Aufnahmeraum. Der Rest ihres Körpers schwang mit einem lauten Platsch nach unten gegen das Fenster. Einen Moment lang war sie eine perfekte Zehn, über das Fenster ausgebreitet. Auf der anderen Seite des Fensters starrte Pedure, schockiert und verblüfft. Die beiden Mädchen lachten kreischend. Man hatte nicht oft Gelegenheit, so eine perfekte Zehn zu zeigen und seine Unterwäsche dem Ziel ins Gesicht springen zu lassen.

»Lasst das!« Didis Stimme war ein tonloses Zischen. Ihre Hände huschten über die Regler. »Das ist das letzte Mal, dass ich euch kleinen Scheißer in meinen Kontrollraum gelassen habe! Jirlib, geh da hin! Bring deine Schwestern zur Ruhe oder nach draußen, aber Schluss mit diesem beschissenen Unsinn.«

»Ja, ja! Es tut mir so Leid.« Jirlib klang so, als täte es ihm wirklich Leid. Er stürzte herbei und holte Gokna von der Glaswand. Eine Sekunde später folgte ihm Brent und griff sich Viktoria.

Jirlib schien nicht wütend zu sein, nur verärgert. Er hielt Gokna sehr nahe an seinen Kopf. »Du musst still sein. Das eine Mal musst du ernst sein.« Viki kam der Gedanke, dass er vielleicht nur verstimmt sein mochte, weil Didi so wütend auf ihn war. Aber es spielte wirklich keine Rolle. Das ganze Gelächter war aus Gokna herausgeströmt. Sie berührte mit einer Esshand den Schlund ihres Bruders und sagte sacht: »Ja. Ich werde für den Rest des Programms lieb sein. Ich versprech’s.«