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»Das sind Kameraanalysen von Reynolts Labor und einem Korridor in der Nähe von Hülsenmeister Naus Wohnsitz.« Die Szenen flackerten rasch vorüber, Stellen waren hervorgehoben, wo die Schnüffler außergewöhnliche Körpersprache gesehen hatten.

»Nichts Offenes?«

Omos beilförmiges Gesicht zog sich zu einem humorlosen Lächeln breit. »Eine Menge, was sich daheim verfolgen ließe, aber nicht unter den gegenwärtigen Durchsetzungsregeln.«

»Darauf kannst du wetten.« Hülsenmeister Naus Regeln zur Durchsetzung Seines Gesetzes wären überall im Aufstieg ein Grund gewesen, ihn sofort abzusetzen. Mehr als zwanzig Jahre lang hatte der Führende Hülsenmeister den Krämerschweinen ihre Exzesse durchgehen lassen und dabei gesetzestreue Aufsteiger pervertiert. Anfangs hatte es Ritser verstört. Jetzt… jetzt konnte er es verstehen. Tomas hatte in so vielen Dingen Recht. Es bestand kein Spielraum für weitere Liquidationen. Und wenn man die Leute reden ließ, brachte das eine Menge Information, die sie verwenden konnten, wenn die Schraube wieder angezogen wurde. »Was ist also diesmal anders?«

»Analytiker Sieben und Acht stimmen beide bei den letzten beiden Ereignissen überein.« Sieben und Acht waren die Blitzköpfe am Ende der ersten Reihe. Als Kinder hatten sie vielleicht Namen besessen, doch das war lange her und vor ihrem Eintritt in die Polizeiakademie. Leichtsinnige Namen und ›Doktor‹-Titel mochten bei ziviler Arbeit verwendet werden, aber nicht in einem ernsten Polizeibetrieb. »Vinh ist auf etwas aus, das über seine normalen Bestrebungen hinaus geht. Sehen Sie sich seine Kopfspur an.«

Ritser sagte gar nichts, aber es war seine Aufgabe, zu führen, nicht, forensische Einzelheiten zu verstehen. Omo fuhr fort: »Er beobachtet Trinli mit großem Misstrauen. Es passiert noch einmal im Korridor bei den Taxischleusen.«

Brughel blätterte durch den Video-Index von Vinhs Besuch in Hammerfest. »Gut. Er hat mit Trinli gekämpft. Er hat Trud Silipan belästigt. Gottchen…« — Brughel konnte sich ein Lachen nicht verkneifen — »er hat Tomas Naus kleine private Hure angegriffen. Aber du sagst, die Sicherheitssignale betreffen Blickkontakt und Körpersprache?«

Omo zuckte die Achseln. »Das offene Verhalten passt zu den bekannten Problemen des Burschen. Und es fällt nicht unter die Durchsetzungsregeln.«

Qiwi Lin Lisolet hatte also ein paar verpasst gekriegt, direkt auf Tomas’ Schwelle. Ritser stellte fest, dass er angesichts der Ironie grinste. Die ganzen Jahre über hatte Tomas die kleine Schlampe hinters Licht geführt. Die wiederkehrenden Gehirnwäschen hatten sich zu einem Lichtpunkt in Ritsers Leben entwickelt, besonders, wenn er ihre Reaktion auf ein bestimmtes Video sah. Dennoch konnte er seinen Neid nicht leugnen. Er, Ritser Brughel, hätte keine Maskerade durchhalten können, nicht einmal mit Gehirnwäschen. Ritsers eigene Frauen hielten einfach nicht vor. Ein paar Mal pro Jahr musste er sich an Tomas wenden und ihm neues Spielzeug abschwatzen. Ritser hatte die attraktivsten von den verzichtbaren Frauen aufgebraucht. Manchmal hatte er ein bisschen Glück, wie mit Floria Peres. Sie hätte Qiwis Gehirnwäschen auf alle Fälle bemerkt; und wenn sie just Chemieingenieur war, sie musste ausgeschaltet werden. Aber derlei Glücksfälle waren begrenzt… und das Exil erstreckte sich vor ihm noch über Jahre. Der Gedanke war düster und vertraut, und er schob ihn entschlossen beiseite.

»Gut. Du meinst also, Sieben und Acht haben herausgefunden, dass Vinh etwas verbirgt, was zuvor nicht in seinem Bewusstsein war — zumindest nicht mit solcher Intensität.«

Daheim in der Zivilisation wäre das kein Problem gewesen. Sie hätten sich den Delinquenten einfach gegriffen und die Antworten aus ihm herausgeschnitten. Hier… nun ja, sie hatten Gelegenheit gehabt, es mit Schneiden zu versuchen; sie hatten enttäuschend wenig erfahren. Zu viele von der Dschöng Ho hatten wirksame Blockaden, und zu viele konnten nicht richtig mit Geistfäule infiziert werden.

Er ging die hervorgehobenen Zwischenfälle durch. »Hmm. Glaubst du, er hat herausgefunden, dass Trinli in Wahrheit Zamle Eng ist?« Die Krämer waren verrückt; sie duldeten nahezu jede Korruption, hassten aber einen der ihren bis aufs Blut, nur weil er in Fleisch handelte. Ritsers Lippen verzogen sich angewidert. Eiter. Wie tief wir gesunken sind. Erpressung ist eine passende Waffeunter Hülsenmeistern, aber für Leute wie Pham Trinli sollte gewöhnlicher Terror genügen. Er überflog nochmals Omos Beweisstücke. Sie waren wirklich dünn. »Manchmal frage ich mich, ob wir vielleicht die Auslöseschwelle für unsere Schnüffler zu niedrig gesetzt haben.«

Das hatte Omo schon früher zu bedenken gegeben. Der Hülsensergeant war aber zu schlau, um zu triumphieren. »Das kann sein, Herr Hülsenmeister. Andererseits, wenn keine Fragen blieben, die die Verwalter zu entscheiden haben, würden richtige Menschen nicht gebraucht.« Die Vorstellung von einem einzigen Hülsenmeister, der ein Universum von Fokussierten beherrschte, war pure Phantasie. »Wissen Sie, was ich wünschte, Hülsenmeister Brughel?«

»Was?«

»Ich wünschte, wir könnten diese selbsttätigen Dschöng-Ho-Orter nach Hammerfest hereinholen. Es hat etwas Perverses, dass wir in unserem eigenen Gebiet schlechtere Sicherheit haben als im Dschöng-Ho-Temp. Wenn diese Ereignisse sich an Bord des Temps zugetragen hätten, verfügten wir über Vinhs Blutdruck, seine Pulsfrequenz — verdammt, wenn die Orter auf seiner Kopfhaut wären, hätten wir EEG. Mit den Signalprozessoren der Krämer im Verein mit unseren Blitzköpfen könnten wir praktisch die verdammten Gedanken des Betreffenden lesen.«

»Ja, ich weiß.« Die Dschöng-Ho-Orter waren eine fast magische Verbesserung gegenüber früheren Standards der staatlichen Regulierung. Es gab Hunderttausende von den millimetergroßen Geräten überall im Krämertemp — und wahrscheinlich Hunderte in den offenen Bereichen von Hammerfest, seit Nau die Bestimmungen zur Fraternisierung gelockert hatte. Sie brauchten nur das Versorgungssystem von Hammerfest auf Mikrowellen-Impulse umzuprogrammieren, und die Reichweite der Orter wäre sofort größer. Sie konnten Überwachungskameras und dergleichen sperrige Ausrüstung abschreiben. »Ich werde das Hülsenmeister Nau vortragen.« Annes Programmierer studierten die Orter der Krämer nun seit über zwei Jahren und hatten vergeblich nach verborgenen Haken gesucht.

In der Zwischenzeit… »Na, Ezr Vinh ist jetzt wieder an Bord des Temps und wird von so viel Ortern überwacht, wie du dir nur wünschen kannst.« Er grinste Omo zu. »Stelle noch ein paar Blitzköpfe für ihn ab. Schauen wir, was eine intensive Analyse erbringt.«

Ezr stand den Notfall durch, ohne abermals weich zu werden. Reguläre Berichte kamen aus Hammerfest. Der Geistfäule-Ausbruch war eingedämmt worden. Xopi Reung und acht weitere Fokussierte waren gestorben. Drei weitere waren ›ernstlich geschädigt‹. Aber Trixia war als ›wieder im Dienst, ungeschädigt‹ gekennzeichnet.

Die Spekulationen wogten in Bennys Salon hin und her. Rita war sich sicher, dass der Ausbruch ein fast zufälliger Zusammenbruch war. »Wo ich auf der Balacrea gearbeitet habe, hatten wir so was alle paar Jahre; den Grund konnten wir nur einmal feststellen. Das ist der Preis, den man für enge Verkopplung bezahlt.« Doch sie und Jau Xin hatten Angst, dass der Ausbruch sogar zeitlich verschobenen Direktübersetzungen der ›Kinderstunde‹ ein Ende bereiten würde. Gonle Fong sagte, das spiele keine Rolle, da Scherkaner Unterberg seine seltsame Debatte mit Pedure verloren habe, und es also keine weiteren Sendungen zu übersetzen geben würde. Trud Silipan war nicht mehr an der Diskussion beteiligt; er war noch immer drüben in Hammerfest, vielleicht arbeitete er mal zur Abwechslung. Pham Trinli machte das wett, indem er Silipans Theorie verbreitete, Trixia habe einen echten Kampf nachgespielt — und das habe den Ausbruch beschleunigt. Ezr hörte sich alles an, fühllos und still.