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Sie unterhielten sich ein paar Minuten lang höflich und förmlich. Trenchet Suabisme war Planerin bei Neuwelt-Bau; ihr Gatte arbeitete dort als Bauinspektor. »Heute sah es nach einem guten Tag für einen Besuch im Museum aus, wo die meisten Leute, die frei haben, oben in den Bergen im Schnee spielen. War das auch euer Gedanke?«

»O ja«, sagte Gokna — und für sie und Jirlib traf es vielleicht zu. »Aber wir sind so froh, Sie zu treffen, Sie und Ihre Kinder. Wie heißen sie?«

Es war so seltsam, Fremde zu treffen, die vertrauter als alle anderen außerhalb der Familie wirkten. Trenchet und Alendon schienen es auch zu spüren. Ihre Kinder wimmelten laut in ihren Armen herum und weigerten sich, auf Alendons Rücken zu kommen. Nach ein paar Minuten setzten ihre Eltern sie wieder auf den Fußboden. Die Babies machten jedes zwei große Sätze und waren in den Armen von Gokna und Viki. Sie kletterten herum, plapperten Unsinn, ihre kurzsichtigen Babyaugen wandten sich mit aufgeregter Neugier hin und her. Das Baby, das auf Viki herumkletterte — sie hieß Alequere —, konnte nicht viel älter als zwei Jahre sein. Irgendwie hatten weder Rhapsa noch Klein Hrunk jemals so niedlich gewirkt. Natürlich, als sie zwei gewesen waren, war Viki erst sieben gewesen und noch darauf aus, möglichst alle Aufmerksamkeit selbst zu bekommen. Diese Kinder glichen in nichts den missmutigen Unzeitlingen, die sie bisher getroffen hatten.

Am peinlichsten war die Reaktion der Erwachsenen, als sie erfuhren, wer eigentlich Viki und ihre Geschwister waren. Trenchet Suabisme schwieg eine Sekunde lang schockiert. »Ich… ich glaube, wir hätten es wissen müssen. Wer sonst konntet ihr sein?… Wisst ihr, als Teenager habe ich immer eure Radiosendung gehört. Ihr wirktet so schrecklich jung, die einzigen Anderzeitlinge, die ich je gehört hatte. Mir hat eure Sendung richtig gut gefallen.«

»O ja«, sagte Alendon. Er lächelte, als Alequere sich in die Seitentasche von Vikis Jacke wuselte. »Von euch zu wissen, hat es Trenchet und mir ermöglicht, über eigene Kinder nachzudenken. Es ist schwer gewesen, wir haben unsere ersten Babyschnüre verloren. Aber wenn sie erst einmal Augen kriegen, sind sie so niedlich wie nur was.«

Das Baby quiekte glücklich, während es in Vikis Jacke herumturnte. Schließlich kam sein Kopf zum Vorschein und winkte mit den Esshänden. Viki dehnte sich nach hinten, um die kleinen Hände zu kitzeln. Es machte sie stolz, zu wissen, dass jemand zugehört und Papas Botschaft verstanden hatte, aber… »Traurig, dass Sie immer noch die Menge meiden müssen. Ich wünschte, es gäbe mehr wie Sie und Ihre Kinder.«

Überraschenderweise kicherte Trenchet. »Die Zeiten ändern sich. Immer mehr Leute rechnen damit, das ganze Dunkel über wach zu bleiben; sie sehen allmählich, dass sich manche Regeln ändern müssen. Wir werden erwachsene Kinder brauchen, damit sie helfen, den Bau zu vollenden. Wir kennen zwei andere Leute bei Neuwelt, die versuchen, Kinder außer der Reihe zu bekommen.« Sie klopfte ihrem Gatten auf die Schultern. »Wir werden nicht ewig allein sein.«

Der Enthusiasmus sprang auf Viki über. Alequere und das andere Kuppli — Birbop? — waren so nett wie Rhapsa und Klein Hrunk, aber sie waren auch anders. Jetzt endlich würden sie vielleicht eine Menge andere Kinder kennen lernen. Für Viki war es, als öffnete sie ein Fenster und sähe alle Farben des Sonnenlichts.

Sie gingen langsam durch den Videomantie-Saal, während Gokna und Trenchet Suabisme verschiedene Möglichkeiten erörterten. Gokna wollte unbedingt das Haus auf dem Hügel in einen Treffpunkt für Unzeit-Familien machen. Irgendwie hatte Viki den Verdacht, dass das weder Papa noch der Generalin passen würde, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Doch insgesamt gesehen… etwas würde sich machen lassen, es hatte strategisch Sinn. Viki folgte den anderen, ohne besonders auf das Gespräch zu achten. Sie fand es ungeheuer interessant, die kleine Alequere hin und her zu wackeln. Mit dem Kuppli zu spielen, machte viel mehr Spaß, als vom Schnee zu erwarten wäre.

Dann hörte sie durch all das Geplauder hindurch das Ticken vieler Füße auf Marmor. Vier Leute? Fünf? Sie würden durch denselben Eingang kommen wie Viki vor ein paar Minuten. Wer immer es war, würde eine interessante Überraschung erleben — den Anblick von sechs Unzeitlingen, von Babies bis zu fast Erwachsenen.

Vier von den Ankömmlingen waren Erwachsene der gegenwärtigen Generation, so groß wie nur irgendwelche von Mutters Sicherheitsleuten. Sie hielten nicht inne oder reagierten auch nur überrascht, als sie all die Kinder sahen. Ihre Kleidung waren dieselben unbeschreiblichen Geschäftsjacken, an die Viki daheim im Haus auf dem Hügel gewöhnt war. Die Anführerin war eine scharfe Kupp der vorigen Generation mit dem Aussehen eines höheren Unteroffiziers. Viki hätte Erleichterung empfinden sollen; das mussten die Leute sein, die Brent ihnen hatte folgen sehen. Doch sie erkannte sie nicht…

Die Anführerin hielt sie alle im Blick, dann machte sie zu Trenchet Suabisme eine vertrauliche Geste. »Wir können hier übernehmen. General Schmid möchte, dass alle Kinder wieder im Sicherheitsbereich sind.«

»W-was? Ich verstehe nicht?« Suabisme hob verwirrt die Hände.

Die fünf Fremden schritten stetig vorwärts, während die Anführerin freundlich nickte. Doch ihre Erklärungen waren Unsinn: »Zwei Wachleute sind einfach nicht genug für alle Kinder. Nachdem Sie fort waren, haben wir einen Hinweis erhalten, dass es Probleme geben könnte.« Zwei von den Sicherheitstypen traten glatt zwischen die Kinder und die erwachsenen Suabismes. Viki fand sich unsanft zu Jirlib und Gokna gestoßen. So hatten sich Mutters Leute nie benommen. »Tut uns Leid, dies ist ein Notfall…«

Verschiedene Dinge geschahen gleichzeitig, völlig konfus und ohne Sinn. Trenchet und Alendon schrien beide, Panik mischte sich mit Wut. Die beiden größten Fremden drängten sie von den Kindern weg. Einer griff gerade in seine Seitentasche.

»He, uns fehlt einer!« Brent.

Sehr hoch oben bewegte sich etwas. Die Videomantie-Ausstellung bestand aus hoch aufragenden Regalen mit Bildröhren. Mit unerbittlicher Eleganz stürzte das am nächsten stehende um, seine Bilder gingen in Schauern von Funken und mit dem Klang zusammengedrückten Metalls flackernd aus. Sie erhaschte einen Blick auf Brent, der vom oberen Rande wegsprang, ein kurzes Stück vor der Zerstörung.

Der Boden stieß ihr entgegen, als das Regal auftraf. Überall tönte das Knallen implodierender Bildröhren, das Knistern sich entladender Hochspannung. Das Regal war zwischen ihr und den Suabismes heruntergekommen — und genau auf zwei von den Fremden. Sie sah farbiges Blut über den Marmor fließen. Zwei reglose Vorderhände ragten unter dem Regal hervor; knapp außerhalb ihrer Reichweite lag eine kurzläufige Schrotflinte.

Dann kehrte die Zeit zurück. Viki wurde grob um die Mitte gepackt und von der Zerstörung weggezerrt. Auf der anderen Seite ihres Entführers hörte sie Gokna und Jirlib rufen. Es gab einen dumpfen Schlag. Gokna kreischte und Jirlib verstummte.

»Gruppenführer, was ist…?«

»Egal. Wir haben alle sechs kassiert. Macht los! Los!«

Während sie aus dem Saal getragen wurde, erhaschte Viki einen einzigen Blick zurück. Aber die Fremden verließen ihre beiden toten Kumpel — und sie konnte nicht hinter das umgestürzte Regal sehen, wo die Suabismes sein mussten.

Neunundzwanzig

Es war ein Nachmittag, den Hrunkner Unnerbei niemals vergessen sollte. In all den Jahren, seit er Viktoria Schmid kannte, war es das erste Mal, dass er sie beinahe die Beherrschung verlieren sah. Kurz nach Mittag war der hektische Ruf über die Mikrowellen-Verbindung gekommen, als Scherkaner Unterberg mit der Meldung von der Entführung alle militärischen Prioritäten durchbrochen hatte. General Schmid hatte Scherkaner von der Verbindung getrennt und ihren Stab zu einer Krisensitzung zusammengeholt. Plötzlich wurde Hrunkner Unnerbei vom Projektleiter zu so etwas wie einem… wie einem Feldwebel. Hrunkner erreichte ihre dreimotorige Maschine auf der Rollbahn. Zusammen mit niederen Chargen des Stabes überprüfte er die Sicherheit des Umfelds. Er würde seinem General nicht erlauben, Risiken einzugehen. Notfälle dieser Art waren genau das, was Feinde gern inszenierten, und wenn man glaubte, nichts außer dem Notfall zähle, dann griffen sie ihre wahren Ziele an.