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»Könnten sie, aber das waren die Sinnesgleichen, nicht die hiesigen Trads.«

»Es gibt klare Beweise?«, fragte Unnerbei erleichtert und ein wenig beschämt wegen dieser Empfindung.

»Hm.« Thrakt schien die Frage ebenso wie den Fragenden zu überdenken. Der Kupp konnte sich nicht recht entscheiden, wo Unnerbei — ein Zivilist, der als ›Feldwebel‹ angesprochen wurde — in die Befehlskette einzuordnen wäre. Gewöhn dich dran, Junge. »Die Sinnesgleichen machen viel Aufhebens um ihre religiösen Wurzeln; doch bisher haben sie sorgfältig vermieden, uns in unserem eigenen Land in die Quere zu kommen. Heimliche Finanzierung hiesiger Trad-Gruppen war für sie so ziemlich das Äußerste. Aber… heute sind sie aus der Deckung gekommen. Das waren Profis von den Sinnesgleichen. Sie haben sich große Mühe gegeben, keine Spuren zu hinterlassen, aber sie haben nicht mit unseren forensischen Labors gerechnet. Es war sogar einer von den Studenten ihres Gatten, der den Test entwickelt hat. Sehen Sie, das Verhältnis der Pollentypen in den Atemwegen beider Leichen ist ausländisch; ich kann Ihnen sogar sagen, welche Basis der Sinnesgleichen sie losgeschickt hat. Diese beiden waren noch nicht länger als fünfzehn Tage im Lande.«

Schmid nickte. »Wenn es länger gewesen wäre, wären die Pollen verschwunden?«

»Stimmt, von ihrem Immunsystem erfasst und weggespült, sagen die Techniker. Aber trotzdem hätten wir das meiste davon herausgefunden. Sehen Sie, die andere Seite hatte viel mehr Pech als wir. Sie haben zwei lebende Zeugen zurückgelassen…« Thrakt zögerte, offensichtlich kam ihm wieder zu Bewusstsein, dass dies keine gewöhnliche Lagebesprechung war, dass für Schmid die übliche Definition von Ermittlungserfolg als katastrophales Versagen zählen konnte.

Die Generalin schien es nicht zu bemerken. »Ja, das Paar. Die beiden, die ihre Kinder ins Museum mitgebracht haben.«

»Ja, Frau General. Und sie haben großen Anteil daran, dass diese Sache für den Feind nach hinten losging. Oberst Untersiedel« — die Chefin der Inlandsoperationen — »hat den ganzen Nachmittag Leute mit ihnen reden lassen; sie wollen verzweifelt gern helfen. Sie haben schon gehört, was sie von ihnen gleich zu Beginn erfahren hat, wie einer von Ihren Söhnen ein Exponat auf sie gestürzt und zwei von den Entführern getötet hat.«

»Und dass alle Kinder lebendig mitgenommen wurden.«

»Stimmt. Aber Untersiedel hat noch mehr erfahren. Wir sind uns jetzt fast sicher… Die Entführer hatten vor, alle Ihre Kinder in ihre Gewalt zu bringen. Als sie die Kleinen der Suabismes sahen, glaubten sie, es wären Ihre. Es gibt einfach nicht besonders viele Unzeitlinge auf der Welt, selbst jetzt. Naturgemäß nahmen sie an, die Suabismes seien unsere Sicherheitsleute.«

Gott in der guten kalten Erde. Unnerbei schaute zu den schmalen Fenstern hin. Es war eine Spur heller als zuvor, doch jetzt waren es die kalt-klaren Ultrafarben von Sicherheitslampen. Der Wind frischte immer mehr auf, trieb funkelnde Tröpfchen über die Scheiben und beugte die Farne hin und her. Für die Nacht wurde ein Gewitter erwartet.

Also hatten es die Sinnesgleichen vermasselt, weil sie eine zu hohe Meinung vom Geheimdienst des Einklangs hatten. Natürlich hatten sie angenommen, dass jemand die Kinder begleiten würde.

»Wir haben von den beiden Zivilisten eine Menge erfahren, Frau Generaclass="underline" die Legende, die diese Typen benutzten, als sie hereinkamen, ein paar Redewendungen, nachdem die Sache schiefging… Die Entführer hatten nicht vor, irgendwelche Zeugen zurückzulassen. Die Suabismes sind heute Nacht die größten Glückspilze in Weißenberg, obwohl sie es nicht so sehen. Die beiden, die Ihr Sohn getötet hat, waren dabei, die Suabismes von den Kindern wegzudrängen. Einer von ihnen hatte eine automatische Schrotflinte gezogen und entsichert. Oberst Untersiedel geht davon aus, dass der ursprüngliche Auftrag lautete, alle Ihre Kinder zu entführen und keine Zeugen zurückzulassen. Tote Zivilisten und jede Menge Blut wären sogar gut für ihr Szenario gewesen, denn es wäre alles unseren Trad-Fraktionen zu Lasten gelegt worden.«

»Warum dann nicht auch ein paar tote Kinder zurücklassen? Das hätte auch die Flucht erleichtert.« Viktoria stellte die Frage ruhig, hatte aber etwas Distanziertes.

»Das wissen wir nicht, Frau General. Aber Oberst Untersiedel glaubt, dass sie noch im Lande sind, vielleicht sogar in Weißenberg.«

»Oh?« Skepsis schien mit Hoffnung zu ringen. »Ich weiß, dass Belga unglaublich schnell durchgegriffen hat — und die andere Seite hatte auch ihre Probleme. In Ordnung. Das wird Ihre erste große Inlandsoperation sein, Rachner, aber ich möchte, dass es Hand in Hand mit dem Landesschutz geschieht. Und Sie werden die städtische und private Polizei einschalten müssen.« Die klassische Anonymität des Geheimdiensts von Einklang würde in den nächsten paar Tagen ziemlich leiden. »Versuchen Sie, nett zu den Leuten von der Stadt und den Privaten zu sein. Wir haben keinen Kriegszustand. Sie können der Krone eine Unmenge Scherereien bereiten.«

»Ja, Frau General. Oberst Untersiedel und ich betreiben zusammen mit der städtischen Polizei Patrouillen. Wenn die Verbindungen hergestellt sind, werden wir eine Art gemeinsamen Befehlsstand mit ihnen hier im Berghaus haben.«

»Sehr gut… Ich glaube, Sie sind mir ständig voraus, Rachner.«

Thrakt lächelte sacht, als er aufstand. »Wir kriegen Ihre Kupplis zurück, Chefin.«

Schmid setzte zu einer Antwort an, dann bemerkte sie zwei kleine Köpfe, die um den Türpfosten lugten. »Ich weiß, dass Sie es schaffen werden, Rachner. Danke.«

Thrakt trat vom Tisch zurück, und kurze Stille breitete sich im Raum aus. Die beiden jüngsten von Unterbergs Kindern — vielleicht die einzigen, die noch am Leben waren — kamen schüchtern ins Zimmer, gefolgt vom Chef ihrer Wache und drei Soldaten. Hauptmann Niederer trug einen zusammengerollten Regenschirm, doch es war klar, dass Rhapsa und Klein Hrunk ihn nicht benutzt hatten. Ihre Jacken waren durchnässt, und auf ihrem spiegelnden schwarzen Chitin standen Regentropfen.

Viktoria hatte kein Lächeln für die Kinder. Ihr Blick blieb an der durchnässten Kleidung und dem Schirm haften. »Seid ihr herumgelaufen?«

Rhapsa antwortete, niedergeschlagener, als Hrunkner den kleinen Wildfang je erlebt hatte. »Nein, Mutter. Wir waren bei Papa, aber jetzt hat er zu tun. Wir sind bei Hauptmann Niederer geblieben, zwischen ihm und den anderen…« Sie verstummte und neigte den Kopf schüchtern zu ihrem Beschützer hin.

Der junge Hauptmann nahm Haltung an, doch er hatte das schreckliche Aussehen eines Soldaten, der soeben Kampf und Niederlage erlebt hat. »Tut mir Leid, Frau General. Ich habe beschlossen, den Schirm nicht zu verwenden. Ich wollte nach allen Richtungen sehen können.«

»Ganz richtig, Daram. Und… es ist richtig, dass Sie sie hergebracht haben.« Sie hielt inne und starrte ihre Kinder eine Sekunde lang schweigend an. Rhapsa und Klein Hrunk standen reglos da und starrten zurück. Dann, als wäre ein Hauptschalter umgelegt worden, rannten die beiden quer durchs Zimmer, und ihre Stimmen stiegen zu einer wortlosen Klage an. Einen Moment lang waren sie alle Arme und Beine, krabbelten an Schmid hoch, umarmten sie wie einen Vater. Nun, da der Damm ihrer Zurückhaltung gebrochen war, ertönte laut ihr Weinen — und auch ihre Fragen. Gab es Neuigkeiten von Gokna und Viki und Jirlib und Brent? Was würde jetzt geschehen? Und sie wollten nicht allein bleiben.

Nach ein paar Augenblicken beruhigte sich alles. Schmid neigte den Kopf zu den Kindern hinab, und Unnerbei fragte sich, was ihr wohl durch den Sinn ging. Sie hatte noch zwei Kinder. Bei allem Unglück oder Versagen dieses Tages waren es doch zwei andere kleine Kinder, die anstatt dieser entführt worden waren. Sie hob eine Hand zu Unnerbei hin. »Hrunkner. Ich habe einen Wunsch. Machen Sie die Suabismes ausfindig. Bitten Sie sie… bieten Sie ihnen meine Gastfreundschaft an. Wenn sie das alles gern hier im Berghaus durchstehen wollen… Es wäre mir eine Ehre.«