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Aber sie hat Recht. Dies könnte die ideale erste Sendung für Annes Blitzköpfe sein. Zeit, richtig großzügig zu sein. Nau erwiderte das Lächeln. »Sehr gut, meine Damen und Herren. Sie haben mich überzeugt. Anne, bereiten Sie die Mitteilung eines Schlüssels vor. Ich denke, Verwalter Xin kann Ihnen die entscheidende Nachricht zeigen. Geben Sie dieser Operation für die nächsten vierzig Kilosekunden höchste Priorität — und rückwirkend für die letzten vierzig.« Sodass Xin und Liao und die anderen offiziell nichts zu befürchten hatten.

Sie jubelten nicht, doch Nau spürte Begeisterung und demütige Dankbarkeit, als die Bittsteller aufstanden und aus dem Raum schwebten.

Qiwi setzte an, ihnen zu folgen, machte dann kehrt und küsste Nau auf die Stirn. »Danke, Tomas.« Und dann war sie mit den anderen fort.

Er wandte sich dem einzigen verbliebenen Besucher zu, Kal Omo. »Haben Sie ein Auge auf sie, Sergeant. Ich fürchte, von jetzt an wird alles komplizierter sein.«

Während des Großen Krieges war es dreimal vorgekommen, dass Hrunkner Unnerbei tagelang hintereinander nicht hatte schlafen können, jedes Mal unter Beschuss. Diese eine Nacht war schlimmer. Gott allein wusste, wie schlimm es für die Generalin und Scherkaner war. Nachdem die Telefonverbindungen installiert waren, verbrachte Unnerbei die meiste Zeit in dem vereinten Befehlsstand, vom Einklang-Sicherheitsraum ein Stück den Korridor entlang. Er arbeitete mit der örtlichen Polizei und Untersiedels Nachrichtengruppe zusammen und versuchte, den Gerüchten nachzuspüren, die in der Stadt kursierten. Die Generalin war gekommen und gegangen, ein Bild konzentrierter Anspannung. Doch Unnerbei sah, dass seine alte Chefin ihre Grenze erreicht hatte. Sie regelte zu viel, schaltete sich in unteren und höheren Ebenen ein. Verdammt, sie war drei Stunden weg gewesen, mit einer der Einsatzgruppen unterwegs.

Einmal ging er nach Unterberg, um nach den Leuten zu sehen. Scherk war im Nachrichtenlabor vergraben, direkt unter der Hügelkuppe. Schuld lag auf ihm wie Braunfäule, dämpfte den glücklichen Geist des Genies, den er sonst in jedes Problem einbrachte. Doch der Kupp bemühte sich, ersetzte sprudelnden Enthusiasmus durch Besessenheit. Er war heftig mit seinen Computern zu Gange, zog alles heran, was er konnte. Was immer er auch tat, für Unnerbei sah es nach Unsinn aus.

»Das ist Mathe, keine Technik, Hrunk.«

»Ja, Zahlentheorie.« Das kam von dem schlampig aussehenden Doktor, dessen Labor das war. »Wir suchen nach…« Er beugte sich vor, anscheinend in den Mysterien seiner eigenen Programme verloren. »Wir versuchen, die verschlüsselten Meldungen zu knacken.«

Anscheinend sprach er von den Signalbruchstücken, die unmittelbar nach der Entführung aufgefangen worden waren und aus Weißenberg kamen. Unnerbei sagte: »Aber wir wissen nicht einmal, ob das von den Entführern stammt.« Und wenn ich die Sinnesgleichen wäre, würde ich einmalige Codewörter verwenden, keine Verschlüsselung.

Jaybert Soundso zuckte die Achseln und fuhr mit seiner Arbeit fort. Auch Scherkaner sagte nichts, doch sein Anblick war desolat. Das war das Beste, was er tun konnte.

Also floh Unnerbei zurück zu seinem vereinten Befehlsstand, wo es wenigstens eine Illusion von Fortschritt gab.

Schmid kam eine Stunde nach Sonnenaufgang zurück. Sie sah rasch die negativen Berichte durch, ihre Bewegungen hatten etwas Nervöses. »Ich habe Belga in der Stadt bei der örtlichen Polizei gelassen. Verdammt, ihr Sprechgerät ist nicht viel besser als das der Hiesigen.«

Unnerbei rieb sich die Augen und versuchte vergebens, einen Glanz hineinzubringen, den nur ein guter Schlaf liefern konnte. »Ich fürchte, Oberst Untersiedel mag all diese schicken Apparate nicht besonders.« In einer anderen Generation wäre Belga gut zurechtgekommen. In dieser — nun ja, Belga Untersiedel war nicht die Einzige, die Schwierigkeiten mit der großartigen neuen Zeit hatte.

Viktoria Schmid ließ sich neben ihrem alten Feldwebel nieder. »Aber sie hat uns den Rücken freigehalten. Gibt es Neues von Rachner?«

»Er ist drüben im Einklang-Sicherheitsraum.« In Wahrheit hatte sich der junge Major Unnerbei nicht anvertraut.

»Er ist sich also sicher, dass das eine Operation der Sinnesgleichen ist. Ich weiß nicht. Sie haben ihre Finger drin… aber wissen Sie, dass der Museumsangestellte ein Trad ist? Und die Kupp, die den Zulieferbereich des Museums betreut, ist verschwunden. Belga hat festgestellt, dass sie auch eine Trad ist. Ich glaube, die hiesigen Trads stecken da bis zu den Schultern drin.« Ihre Stimme war sanft, fast nachdenklich. Später, viel später, sollte sich Hrunkner erinnern: Die Stimme der Generalin war sanft, aber sie saß da, jedes Glied angespannt.

Leider war Hrunkner Unnerbei in seiner eigenen Welt gefangen. Die ganze Nacht über hatte er die Berichte verfolgt und in die windige Dunkelheit hinausgestarrt. Die ganze Nacht hindurch hatte er zu den kältesten Tiefen der Erde gebetet, für Klein Viktoria, Gokna, Brent und Jirlib. Er sagte betrübt, fast zu sich selbst: »Ich habe gesehen, wie sie zu richtigen Leuten herangewachsen sind, Kupplis, die jeder gern haben konnte. Doch, sie haben Seelen.«

»Was meinen Sie?« Die Schärfe in Viktorias Stimme drang nicht durch seine Erschöpfung. Er hatte später jahrelang Zeit, an dieses Gespräch zurückzudenken, an diesen einen Augenblick, sich Wege auszumalen, wie er die Katastrophe hätte verhindern können. Doch die Gegenwart spürte nicht den verzweifelten Blick der Zukunft, und er redete weiter drauflos: »Es ist nicht ihre Schuld, dass sie zur Unzeit zur Welt gebracht wurden.«

»Es ist nicht ihre Schuld, dass meine schlüpfrigen modernen Ideale sie das Leben gekostet haben?« Schmids Stimme war ein schneidendes Zischen, etwas, das nicht einmal Sorge und Erschöpfung von Unnerbeis Aufmerksamkeit abschirmen konnten. Er sah, dass seine Generalin zitterte.

»Nein, ich…« Aber es war endgültig, unwiederbringlich zu spät.

Schmid war aufgesprungen. Sie ließ einen einzelnen langen Arm wie eine Peitsche über seinen Kopf schießen. »Hinaus!«

Unnerbei stolperte zurück. Sein rechtes Seiten-Gesichtsfeld war ein funkelnder Strahl kunterfarbenen Schmerzes. In allen anderen Richtungen sah er Offiziere und Mannschaften mit dem Ausdruck schockierter Überraschung.

Schmid kam auf ihn zu. »Trad! Verräter!« Ihre Hände stießen bei jedem Wort vor, kaum, dass sie tödliche Schläge zurückhielt. »Jahrelang haben Sie sich als Freund verstellt, aber immer auf uns herabgesehen und uns gehasst. Genug!« Sie blieb stehen und brachte ihre Arme wieder an die Seiten. Und Hrunkner wusste, dass sie ihre Wut im Zaum hatte, und was sie jetzt sagte, war kalt und ruhig und überlegt… und es schmerzte noch mehr als die Wunde quer über seine Augen. »Nehmen Sie Ihr moralisches Gepäck und gehen Sie! Jetzt!«

Diesen Anblick hatte er schon einmal gesehen, im Großen Krieg, als sie mit dem Rücken zur Wand gestanden hatten und sie trotzdem nicht aufgegeben hatte. Es würde keine Diskussion geben, kein Nachgeben. Unnerbei senkte den Kopf, würgte an Worten, die zu sagen ihn verzweifelt verlangte. Es tut mir Leid. Ich wollte nichts Böses. Ich liebe Ihre Kinder. Doch es war zu spät, als dass Worte noch etwas hätten ändern können. Hrunkner wandte sich um, ging rasch an dem schockiert schweigenden Personal vorbei und zur Tür hinaus.

Als Rachner Thrakt hörte, dass Schmid wieder im Hause war, verfügte er sich in den vereinten Befehlsstand. Dort hätte er die ganze Nacht über sein müssen, nur: Ich will verdammt sein, wenn ich meine Codes dem Inlandsdienst und der Polizei offenlege. Der getrennte Betrieb hatte funktioniert, Gott sei Dank. Er hatte gewichtige Nachrichten für die Chefin.