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Nahezu ein Standard-g presste ihn gegen seinen Sessel, nun aber fast im rechten Winkel zur früheren Verzögerung. Es war planetare Schwerkraft. Die Hand war jetzt eine Art Flugzeug, eine Katastrophe, die über den Himmel schlitterte. Sie waren vierzigtausend Meter hoch und sanken stetig hundert Meter pro Sekunde. Jau schaute auf den fahlen Horizont, die Gebirgszüge und Eisblöcke, die unter seinem Blickfeld entlangglitten. Manche davon waren fünfhundert Meter hoch, Eis, das beim Gefrieren der Ozeantiefen nach oben gedrückt worden war. Er tippte auf seinem Pult, bekam ein kurzen Flackern von Aufmerksamkeit eines der Piloten, einen Fetzen zusätzliche Information. Sie würden diesen Gebirgszug und die drei darauf folgenden überfliegen. Dahinten, nahe am Horizont, waren die Schatten weicher… ein Trugbild von Entfernung oder vielleicht Schnee, hoch aufgetürmt auf dem zerklüfteten Eis.

Durch die Korridore der Hand hallend, drang das rasche Trommeln von Brughels schwerem Gewehr an Jaus Ohren. Es gab Rufe, Schweigen, dann wieder das Trommeln, weiter entfernt. Jede Luke muss verschlossen sein. Und Ritser Brughel schoss sich den Weg durch jede einzelne frei. In gewissem Sinne hatte der Hülsenmeister Recht; er hatte die physikalische Ebene unter Kontrolle. Er konnte die Rumpfoptik erreichen, die Verbindung nach L1 kappen. Er konnte alle Blitzköpfe vor Ort ›abschalten‹, die ihn noch störten…

Dreißigtausend Meter. Trübes Sonnenlicht spiegelte sich auf dem Eis, doch es gab kein Anzeichen von künstlicher Beleuchtung oder Städten. Sie gingen in der Mitte des größten Ozeans der Spinnen nieder. Die Hand flog immer noch mit mehr als Mach 3. Die Sinkgeschwindigkeit betrug immer noch hundert Meter pro Sekunde. Seine Intuition plus ein paar Hinweise von der Statusleiste sagte ihm, dass sie sich mit mehr als Schallgeschwindigkeit über die Landschaft verteilen würden. Es sei denn — und die Kernleistung stieg immer noch an —, wenn das Haupttriebwerk noch einmal gezündet werden konnte, und zwar im exakt richtigen Augenblick… dann könnte ein an ein Wunder grenzendes Aufsetzen genügen. Die Hand war so groß, dass Rumpf und Düse als Puffer benutzt werden konnten, über einen kilometerlangen Bremsweg zermahlen werden konnten, sodass die Brücke und die bewohnten Teile des Schiffes intakt blieben. In Pham Trinlis alberner Aufschneiderei war so ein Abenteuer vorgekommen.

Eins war gewiss. Selbst wenn Jau in diesem Augenblick die volle Kontrolle erhielte und alle Fähigkeiten seiner Piloten, gab es keine Möglichkeit, solch eine Landung zu vollbringen.

Sie hatten die letzte Gebirgskette hinter sich gelassen. Die Hilfstriebwerke brannten kurz, eine Kurskorrektur von einem Grad, lenkten das Schiff, als würden sie die genauen Bedingungen weiter vorn kennen.

Die Zeit, die Ritser Brughel zum Töten blieb, war auf ein paar Sekunden zusammengeschrumpft. Rita würde in Sicherheit sein. Jau sah zu, wie sich das gekippte Land ihm entgegenhob. Und mit ihm kam ein ganz seltsames Gefühl von Entsetzen und Triumph und Freiheit. »Zu spät für dich, Ritser. Ganz einfach zu spät.«

Sechzig

Belga Unterberg hatte selten derart starke Freude und Angst gesehen, und niemals bei denselben Leuten in Bezug auf dieselben Ereignisse. Kalthafens Techniker hätten jubeln können, als ihre Langstrecken-Antiraketen gegen die ballistischen Geschosse der Sinnesgleichen punkteten und Hunderte von feindlichen Raketen explodierten oder auf andere Weise eliminiert wurden. Die Erfolgsrate ging bereits gegen neunundneunzig Prozent. Da blieben dreißig Kernsprengköpfe übrig, die das Territorium von Einklang anflogen. Das war der Unterschied zwischen Vernichtung und lediglich isolierten Katastrophen… und die Techniker kauten an ihren Esshänden, während sie sich abmühten, diese letzten Drohungen auszuschalten.

Kalthafen ging seine Reihe von Technikern entlang. Eine von Lichtbergs Leuten, ein Unzeitling im Korporalsrang, ging an seiner Seite. Der General hing an jedem Wort von Rhapsa Lichtberg und sorgte dafür, dass seine Techniker Nutzen aus all den neuen Aufklärungsdaten zogen, die über ihre Bildschirme strömten. Belga hielt sich zurück. Sie konnte nichts tun, als im Weg zu stehen. Viktoria Lichtberg war in ein sonderbares Gespräch mit den Fremden vertieft, das alle paar Sätze von langen Verzögerungen durchbrochen wurde — Zeit für Austausch mit ihrem Bruder und Kalthafens Leuten. Sie verstummte, und während sie wartete, lächelte sie Belga schüchtern zu.

Belga antwortete mit einem kleinen Winken. Das Kuppli war doch nicht ganz so wie die Mutter — ausgenommen wohl dann, wenn es darauf ankam.

Dann meldete sich wieder Lichtbergs Telefon — ein relativ nahe befindlicher Mitarbeiter? »Ja, gut. Wir schicken Leute dort hinaus. Fünf Stunden vielleicht… Papa, wir sind wieder im Plan. Wesen Nummer Fünf spielt fair. In der Hinsicht hattest du Recht.

Papa?… Brent, er ist wieder weg! Das hätte jetzt nicht passieren dürfen… Papa?«

Rachners Hubschrauber hatte seinen ausweichenden Zickzackkurs beendet, doch nicht, ehe Thrakt sich gründlich verirrt hatte. Jetzt flog die Maschine tief und schnell über die Hochebene, als fürchte sie keine feindliche Beobachtung von oben. Passagier auf seinem eigenen Pilotensitz, beobachtete Thrakt das Himmelsschauspiel mit fast hypnotisiertem Staunen; nur teilweise war er sich des faselnden Gemurmels von Scherkaner Unterberg bewusst und der seltsamen Lichter, die aus seinem Helm drangen.

Die Teppiche der Antiraketenstarts waren längst verschwunden, aber überall am Horizont erhellten die Beweise ihrer Mission den Himmel. Wenigstens haben wir uns gewehrt.

Der Ton des Rotorenlärms änderte sich und holte Thrakt von dem schrecklichen, ins Ferne schweifenden Anblick zurück. Die Maschine glitt durch die Dunkelheit abwärts. Thrakt schirmte die Augen gegen das Licht am Himmel ab und sah, dass sie zu einer Landung auf einem zufälligen Streifen nackten Gesteins ansetzten, umgeben von lauter Bergen und Eis.

Sie setzten hart auf, und die Turbinen fuhren herunter, bis die Rotorblätter so langsam liefen, dass man sie sehen konnte. Es war fast still in der Kabine. Der Geleitkäfer wurde lebhaft, drückte beharrlich gegen die Tür neben Unterberg.

»Lassen Sie ihn nicht hinaus, Herr Professor. Wenn wir ihn hier verlieren, finden wir ihn vielleicht nie wieder.«

Unterbergs Kopf schwankte unsicher. Er setzte den Spielhelm ab; die Lichter flackerten und erloschen. Er tätschelte den Geleitkäfer und zog die Verschlüsse seiner Jacke zu. »Ist in Ordnung, Oberst. Es ist jetzt alles vorüber. Sehen Sie, wir haben gewonnen.«

Was der Kupp sagte, klang so sehr nach Wahnvorstellungen wie nur je. Doch Thrakt wurde allmählich klar: Wahr oder nicht, Unterberg hatte die Welt gerettet. »Was ist geschehen, Herr Professor?«, sagte er leise. »Fremde Ungeheuer aus dem Weltraum haben unsere Netze beherrscht — und Sie die Ungeheuer?«

Das alte, vertraute Kichern. »So etwas in der Art. Das Problem war, sie sind nicht alle Ungeheuer. Manche von ihnen sind sowohl klug als auch gut… und wir haben uns beinahe gegenseitig mit unseren verschiedenen Plänen ausgeschaltet. Das zu reparieren, hat schrecklich viel gekostet.« Er schwieg für eine Sekunde, sein Kopf schwankte hin und her. »Es kommt in Ordnung, aber… momentan sehe ich nicht besonders gut.« Der Kupp hatte eine volle Ladung vom Mörderstrahl der Fremden abbekommen. Die Blasen auf Unterbergs Augen breiteten sich aus, ein um sich greifender, schaumiger Schleier. »Vielleicht können Sie einen Augenblick erübrigen und mir sagen, was Sie sehen.« Der Kupp stieß eine Hand gen Himmel.

Rachner schob seine beste Seite nahe an die Fenster nach Süden. Die Bergflanke verdeckte einen Teil der Sicht, aber es waren doch hundert Grad Horizont zu sehen. »Hunderte von Kernexplosionen, Herr Professor, strahlende Lichter am Himmel. Ich denke, das sind unsere Antiraketen, ziemlich weit entfernt.«