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Das Dschöng-Ho-Temp hatte den Überfall ohne einen Kratzer überstanden. Es hatte nicht einmal Impulsschäden gegeben; ehe sie das lokale Netz verstümmelten, hatten die Aufsteiger viel Freude beim Ausbeuten der Datenbanken.

Der Rest funktionierte gut genug für Routineoperationen. Alle paar Tage wurden der Bevölkerung des Temps noch ein paar Menschen hinzugefügt. Die meisten waren Aufsteiger, einige waren niederrangige Dschöng-Ho-Leute, die aus ihrer Kälteschlaf-Gefangenschaft befreit worden waren. Aufsteiger und die von der Dschöng Ho, sie sahen alle wie Flüchtlinge vor einer Katastrophe aus. Die Schäden, die die Aufsteiger erlitten hatten, und die verlorene Ausrüstung waren nicht zu verheimlichen. Und vielleicht ist Trixia tot. Die ›Fokussierten‹ wurden im neuen Habitat der Aufsteiger, Hammerfest, gehalten. Niemand hatte einen von ihnen gesehen.

In der Zwischenzeit verschlechterten sich die Bedingungen im Dschöng-Ho-Temp allmählich. Sie hatten weniger als ein Drittel der vorgesehenen Bevölkerungskapazität erreicht, doch es versagten immer wieder Systeme. Zum Teil lag es an der verstümmelten Automatik. Zum Teil — und das war ein raffinierter Effekt — lag es daran, dass Leute ihre Arbeit nicht richtig machten. Bei der beschädigten Automatik und dem Ungeschick der Aufsteiger mit Lebenserhaltungssystemen hatte die andere Seite nichts gemerkt. Zum Glück für die Verschwörer verbrachte Qiwi die meiste Zeit außerhalb des Temps. Ezr wusste, dass sie die Schluderei sofort entdeckt hätte. Ezrs Beitrag zu der Verschwörung bestand im Schweigen, darin, dass er einfach nicht wahrnahm, was vor sich ging. Er arbeitete sich von einem kleinen Notfall zum nächsten weiter, tat das Offensichtliche — und fragte sich, was seine Freunde wirklich vorhatten.

Das Temp begann richtig zu stinken. Ezr und seine Aufsteiger-Assistenten unternahmen einen Gang hinab zu den Baktrei-Teichen beim innersten Kern des Temps, zu dem Ort, wo Anwärter Vinh so viele Kilosekunden verbracht hatte… vorher. Er hätte alles gegeben, um für immer dort unten Anwärter zu sein, wenn es nur Kapitän Park und die anderen zurückbringen würde.

Der Gestank in der Baktrei war schlimmer, als es Ezr jemals erlebt hatte, abgesehen von misslungenen Schulübungen. Die Wände hinter den Bioschranken waren von weicher schwarzer Schmiere bedeckt. Sie wehte wie altes Fleisch im Luftzug der Ventilatoren. Ciret und Marli würgten, einer kotzte in seine Atemmaske. Marli presste heraus: »Brr! Das halte ich nicht aus. Wir warten draußen, bis Sie fertig sind.«

Sie platschten spritzend nach draußen, und die Tür schloss sich. Und Ezr war allein mit dem Gestank. Er stand einen Moment lang da und begriff plötzlich, dass, wenn er jemals völlig allein sein wollte, dies der Ort war!

Als er die befallenen Stellen zu inspizieren begann, schwebte eine Gestalt in von Schmiere bespritztem wasserdichtem Anzug und mit einem Atemgerät aus dem Dreck heraus. Sie hob die Hand, um Schweigen zu gebieten, und fuhr mit einer Signaleinheit über Vinhs Körper. »Hm. Du bist sauber«, kam eine gedämpfte Stimme. »Oder vielleicht vertrauen sie dir einfach.«

Es war Jimmy Diem. Ezr umarmte ihn fast, Baktreischeiße oder nicht. Gegen alle Wahrscheinlichkeit hatte die Verschwörung eine Möglichkeit gefunden, mit ihm zu reden. Doch in Diems Stimme lag keine frohe Erleichterung. Seine Augen waren hinter Sichtgläsern nicht auszumachen, doch in seiner Pose lag Anspannung. »Warum schleimst du dich ein, Vinh?«

»Tu ich nicht! Ich versuche nur Zeit zu schinden.«

»Das ist es, was… manche von uns denken. Aber Nau hat dir so viele Vergünstigungen eingeräumt, und wir müssen dich wegen jeder Kleinigkeit fragen. Glaubst du wirklich, was noch von uns übrig ist, gehört dir?«

Das war die Tour, die Nau sogar jetzt noch fuhr. »Nein! Vielleicht glauben die, sie hätten mich gekauft, aber… Herr Des Handels, Herr Diem, war ich denn kein solides Truppmitglied?«

Ein gedämpftes Kichern, und ein Teil der Spannung in Diems Schultern schien sich zu lösen. »Na ja. Du warst ein Tagträumer, der nie richtig am Ball bleiben konnte« — Worte aus vertrauten Kritiken, aber nahezu freundlich ausgesprochen —, »aber du warst nicht dumm, und du hast nie deine Familienbeziehungen ausgespielt… In Ordnung, Anwärter Vinh, willkommen an Bord.«

Es war die freudigste Beförderung, die Ezr Vinh jemals erhalten hatte. Er unterdrückte hundert Fragen, die hochquollen; die Antworten auf die meisten sollte er besser nicht hören. Aber doch, nur eine, nach Trixia…

Diem redete bereits. »Ich habe ein paar Codeschemata, die dir dir einprägen musst, aber vielleicht müssen wir uns wieder von Angesicht zu Angesicht treffen. Also wird es mit dem Gestank besser werden, aber es wird ein Problem bleiben; du wirst jede Menge Vorwände für einen Besuch haben. Jetzt erst mal ein paar allgemeine Dinge: Wir müssen nach draußen.«

Vinh dachte an die Ferner Schatz und die Waffenführer der Dschöng Ho, die dort im Kälteschlaf lagen. Oder vielleicht gab es Waffenverstecke an Bord der verbliebenen Dschöng-Ho-Schiffe. »Hm. Es gibt mehrere Reparaturvorhaben außerhalb, wo wir die Experten sind.«

»Ich weiß. Die Hauptsache ist, die rechten Leute in die Trupps zu kriegen und zur richtigen Zeit. Du wirst ein paar Namen von uns bekommen.«

»Gut.«

»Noch etwas: Wir müssen mehr über die ›Fokussierten‹ erfahren. Wo genau sind sie untergebracht? Können sie rasch verlegt werden?«

»Ich versuche, etwas über sie zu erfahren«, intensiver, als du vielleicht weißt, Truppführer. »Reynolt sagt, dass sie leben, dass sie das Fortschreiten der Krankheit angehalten haben.« Der Geistfäule. Dieser unheimliche Begriff kam nicht von Reynolt, sondern von einem Versprecher, den er von einem gewöhnlichen Aufsteiger gehört hatte. »Ich versuche eine Genehmigung zu erhalten, sie zu sehen…«

»Ja doch. Trixia Bonsol, nicht wahr?« Verschmierte Finger klopften Vinh mitfühlend auf den Arm. »Hmm. Du hast ein solides Motiv, deswegen an ihnen dran zu bleiben. Sei in jeder anderen Beziehung ein guter Junge, aber in dieser Sache mach Druck. Du weißt, als wäre das der große Gefallen, der dich auf Linie halten wird, wenn sie ihn nur gewähren… In Ordnung. Mach, dass du hier rauskommt.«

Diem verschwand in den Fetzen übel riechenden Schleims. Vinh verschmierte die Fingerspuren auf seinem Ärmel. Als er sich wieder der Luke zuwandte, nahm er den Gestank kaum noch wahr. Er arbeitete wieder mit Freunden zusammen. Und sie hatten eine Chance.

So, wie die Reste der Dschöng-Ho-Expedition ihren nachgeäfften ›Flottenverwalter‹ hatten, Ezr Vinh, hatte Tomas Nau auch ein ›Flottenverwaltungs-Komitee‹ als beratendes und unterstützendes Gremium ernannt. Es war typisch für Naus Strategie, unschuldige Leute auf eine Weise zu kooptieren, dass es wie Verrat aussah. Ihre Besprechungen einmal pro Megasekunde wären eine Tortur für Vinh gewesen, hätte es nicht einen Umstand gegeben: Jimmy Diem war eins von den Komiteemitgliedern.

Ezr sah zu, wie die zehn in sein Konferenzzimmer marschierten. Nau hatte den Raum mit poliertem Holz und erstklassigen Fenstern ausgestattet; jeder im Temp wusste, wie angenehm es dem Flottenverwalter und seinem Komitee gemacht wurde. Außer Qiwi war allen zehn klar, wie sie missbraucht wurden. Den meisten war klar, dass es Jahre dauern würde, ehe Tomas Nau alle überlebenden Dschöng-Ho-Leute aus dem Kälteschlaf freilassen würde — wenn überhaupt. Manche wie Jimmy vermuteten, dass die ranghöheren Offiziere vielleicht tatsächlich für kurze Zeit geweckt wurden, um verhört zu werden oder einzelne Aufgaben zu erfüllen. Es war eine endlose Schurkerei, die den Aufsteigern ständig die Oberhand verschaffte.