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»Bestimmt?« Xin beobachtete ihn etliche Sekunden lang, trieb dann zu seinem Sitz zurück. »Ich hatte einen Onkel, der so einen ganz glasigen Blick bekam, wie du eben. Das war’n Schlaganfall, und er…«

»Ja doch, mir geht’s gut. Ist mir nie besser gegangen.« Pham legte wieder den angeberischen Ton in seine Stimme. »Ich hab nur nachgedacht, weiter nichts.«

Die Behauptung löste rings am Tisch ein ablenkendes Gelächter aus. »Nachgedacht, ’ne schlechte Angewohnheit, Pham, alter Junge!« Nach ein paar Minuten ließ ihr Interesse nach. Pham hörte jetzt aufmerksam zu und warf gelegentlich laute Meinungsäußerungen ein.

Eigentlich waren heftige Tagträumereien mindestens seit seinem Abflug von Canberra ein Zug seiner Persönlichkeit. Manchmal versank er völlig in Erinnerungen oder Plänen und verlor sich so, wie es Leute in Eintauch-Videos tun. Er hatte deswegen mindestens ein Geschäft vermasselt. Aus den Augenwinkeln sah er, dass Qiwi gegangen war. Ja, die Kindheit des Mädchens war seiner sehr ähnlich gewesen, und vielleicht bewirkte das jetzt ihre Phantasie und ihren Tatendrang. In der Tat hatte er sich oft gefragt, ob die verrückte strentmannische Art, Kinder großzuziehen, auf Geschichten von Phams Zeit auf der Reprise beruhte. Zumindest war es, als er sein Reiseziel erreichte, besser geworden. Die arme Qiwi hatte hier nichts als Tod und Täuschung gefunden. Dennoch machte sie weiter…

»Wir bekommen jetzt gute Übersetzungen.« Trud Silipan war wieder bei den Spinnen. »Ich bin der zuständige Leiter für Reynolts Übersetzer-Blitzköpfe.« Trud war eher ein Betreuer als ein Leiter, doch niemand wies darauf hin. »Ich sag euch, wir werden schon in den nächsten Tagen die ersten Informationen darüber kriegen, wie die ursprüngliche Zivilisation der Spinnen war.«

»Ich weiß nicht, Trud. Alle sagen, das muss eine herabgesunkene Kolonie sein. Aber wenn die Spinnen noch woanders im Raum sind, warum hören wir ihre Funkübertragungen nicht?«

Pham: »Hört mal. Das haben wir doch schon durch. Die Arachna muss eine Koloniewelt sein. Das System ist einfach zu lebensfeindlich, als dass es auf natürliche Weise Leben hätte hervorbringen können.«

Und jemand anders: »Vielleicht haben diese Wesen keine Dschöng Ho.« Gekicher klang rings um den Tisch.

»Nein, es gäbe trotzdem eine Menge Funkverkehr. Wir würden ihn hören.«

»Vielleicht sind die übrigen wirklich sehr weit weg, wie das Perseus-Nuscheln…«

»Oder vielleicht sind sie so weit entwickelt, dass sie keinen Funk verwenden. Wir haben diese Kerle nur bemerkt, weil sie von vorn anfangen.« Es war ein alter, alter Streit, Teil des Geheimnisses, das sich bis ins Zeitalter der Gescheiterten Träume erstreckte. Mehr als alles andere hatte es die Expeditionen der Menschen nach der Arachna gezogen. Jedenfalls war es das, was Pham angezogen hatte.

Und tatsächlich hatte Pham schon etwas Neues gefunden, etwas so Mächtiges, dass die Herkunft der Spinnen jetzt ein Randthema für ihn war. Pham hatte Fokus gefunden. Mit Fokus konnten die Aufsteiger ihre klügsten Leute in hingebungsvolle Denkmaschinen verwandeln. Ein Blindgänger wie Trud Silipan konnte mit einem Knopfdruck wirksame Übersetzungen bekommen. Ein Ungeheuer wie Tomas Nau konnte seine Augen überall haben. Fokus gab den Aufsteigern eine Macht, die nie zuvor jemand besessen hatte, Raffinement, das jede Maschine, und Geduld, die jeden Menschen übertraf. Das war einer der Gescheiterten Träume — aber sie hatten es erreicht.

Während er zusah, wie Silipan dozierte, erkannte Pham, dass die nächste Phase seines Plans endlich erreicht war. Die niederrangigen Aufsteiger hatten Pham Trinli akzeptiert. Nau tolerierte ihn, hielt in sogar bei Laune, weil er glaubte, Pham könnte, ohne es zu wissen, Ausblick auf das militärische Denken der Dschöng Ho geben. Es war an der Zeit, viel mehr über Fokus zu erfahren. Von Silipan zu lernen, von Reynolt… eines Tages die technische Seite der Sache zu erlernen.

Pham hatte versucht, eine wahre Zivilisation zu schaffen, die sich über den ganzen Menschenraum erstreckte. Ein paar kurze Jahrhunderte hindurch hatte es so ausgesehen, als könnte ihm das gelingen. Am Ende war er verraten worden. Doch Pham hatte schon lange erkannt, dass der Verrat nur das Scheitern offenbarte. Was ihm Sura und die anderen bei der Brisgo-Lücke angetan hatten, war unvermeidlich gewesen. Ein interstellares Imperium umfasst so viel Raum, so viel Zeit. Dass so etwas gut und gerecht ist, genügt nicht. Man braucht einen entscheidenden Vorteil.

Pham hob seinen Ballon mit ›Diamant und Eis‹ und trank im Stillen auf die Lehren der Vergangenheit und die Verheißungen der Zukunft. Diesmal würde er es richtig machen.

Achtzehn

Ezr Vinhs erste zwei Jahre nach dem Überfall waren über nahezu acht Jahre objektive Zeit verteilt. Fast wie ein guter Dschöng-Ho-Kapitän, passte Tomas Nau ihre Wachzeit den örtlichen Entwicklungen an. Qiwi und ihre Arbeitsgruppen waren häufiger wach als alle anderen, doch selbst bei ihnen ging es langsamer.

Anne Reynolt hielt auch ihre Astrophysiker bei der Arbeit. Der EinAus-Stern wurde weiter entlang der Lichtkurve schwächer, die in früheren Jahrhunderten beobachtet worden war; für einen Laien sah er wie eine normale, Wasserstoff verbrennende Sonne aus, mitsamt Sonnenflecken. Zunächst setzte sie die anderen Wissenschaftler sparsamer ein und wartete darauf, dass die Spinnen ihre Aktivitäten wieder aufnahmen.

Militärische Funksendungen von der Arachna wurden weniger als einen Tag nach dem Aufflammen empfangen, sogar schon, als noch Dampfstürme die Oberfläche aufwühlten. Anscheinend hatte die Aus-Phase der Sonne einen Krieg auf dem Planeten unterbrochen. Binnen ein, zwei Jahren gab es Dutzende von Sendeorten auf zwei Kontinenten. Alle zwei Jahrhunderte mussten diese Wesen ihre Bauten an der Oberfläche fast von Grund auf neu errichten, doch anscheinend waren sie darin sehr gut. Wenn sich Lücken in der Wolkendecke auftaten, sahen sie neue Straßen, Städte.

Im vierten Jahr gab es dann zweitausend Sendestellen, das klassische ortsfeste Modell. Jetzt gingen Trixia Bonsol und die anderen Linguisten zu einem intensiveren Dienstrhythmus über. Zum ersten Mal hatten sie andauernde Tonübertragungen zu untersuchen.

Wenn ihre Wachen zusammenfielen — und das geschah oft —, besuchte Ezr Trixia Bonsol jeden Tag. Anfangs war Trixia so weit wie weg immer. Sie schien ihn nicht zu hören; die Spinnensprache überschwemmte ihr Arbeitszimmer. Die Geräusche waren ein schrilles Quieken, das sich von Tag zu Tag in dem Maße änderte, wie Trixia und die anderen fokussierten Linguisten feststellten, wo im akustischen Spektrum der Sinn der Spinnensprache verborgen lag, und bequeme Darstellungen, akustisch und visuell, für die Untersuchungen entwickelten. Schließlich besaß Trixia eine brauchbare Datenauswahl.

Und dann begannen die Übersetzungen wirklich. Reynolts fokussierte Übersetzer stürzten sich auf alles, was sie bekommen konnten, erzeugten Tauseride von Wörtern halbverständlichen Textes pro Tag. Trixia war die Beste. Das war von Anfang an klar. Ihre Arbeit mit den Physiktexten war der erste Durchbruch gewesen, und sie war es, die die Schriftsprache mit der Sprache in Korrelation brachte, in der zwei Drittel aller Radiosendungen liefen. Sogar im Vergleich zu den Dschöng-Ho-Linguisten brillierte Trixia Bonsol; wie stolz wäre sie gewesen, wenn sie es hätte wissen können. »Sie ist unersetzlich.« Reynolt sprach das Urteil in ihrer üblichen stumpfen Art, frei von Lob oder Sadismus, die Feststellung einer Tatsache. Anders als Hunte Wen, würde Trixia Bonsol nicht frühzeitig freikommen.

Vinh versuchte alles zu lesen, was die Übersetzer hervorbrachten. Zuerst war es typisch für grobe Linguistik vor Ort, wo jeder Satz aus Dutzenden von Verweisen auf alternative Bedeutungen, alternative Syntax bestand. Nach ein paar Megasekunden waren die Übersetzungen fast lesbar. Es gab Lebewesen dort unten auf der Arachna, und das waren ihre Worte.