Qiwi hatte die Reaktion ihrer Freundin mit sorgfältig gespielter Neutralität verfolgt, doch nun konnte sie nicht mehr an sich halten und lachte. »Ich habe mich gefragt, ob du es bemerken würdest.« Der Bonsai war kleiner als Papas übliche, doch er war vielleicht der bisher schönste, besser als alles, was Qiwi jemals in der Bibliothek gesehen hatte. Sie langte in die Thermohülle und holte den zweiten Teil der Bezahlung heraus. »Und das ist von Gonle persönlich. Es ist eine Klammerhalterung für den Bonsai.«
»Das ist… Holz.« Von dem Bonsai war Floria bezaubert gewesen. Ihre Reaktion auf die Holztafel glich eher Erstaunen. Sie streckte die Hand aus, um mit den Fingern über die polierte Maserung zu fahren.
»Das können wir jetzt massenhaft herstellen, eine Art umgekehrte Trockenfäule. Natürlich sieht es ein bisschen seltsam aus, weil Gonle es in Bottichen züchtet.« Die Streifen und Wirbel waren Biowellen, die in der Maserung des Holzes festgehalten waren. »Wir würden mehr Platz und Zeit brauchen, um richtige Ringe zu bekommen.« Oder vielleicht auch nicht; Papa dachte, er könnte vielleicht die Biowellen dazu bringen, Wachstumsringe nachzuahmen.
»Egal.« Florias Stimme war geistesabwesend. »Gonle hat ihre Wette gewonnen… oder dein Vater hat sie für sie gewonnen. Stell dir vor. Richtiges Holz in Mengen, nicht bloß die Zweige in einer Bonsai-Kugel oder Astwerk im Temp-Park.« Sie schaute in Qiwis grinsendes Gesicht. »Und ich wette, sie denkt, dass damit frühere Geschäfte mehr als bezahlt sind.«
»Nun ja… wir hofften, es würde dich zugänglicher machen.« Sie setzten sich, und Floria brachten den versprochenen Tee zum Vorschein, der aus Gonle Fongs Agros kam und vorher aus den Hügeln von flüchtigen Stoffen und Diamant, die die Raffinerie umgaben. Die beiden gingen die Liste durch, die Benny und Gonle aufgestellt hatten. Es waren nicht nur ihre Bestellungen, sondern das Ergebnis der Maklertätigkeit, die Tag für Tag in Bennys Salon stattfand. Es gab da Positionen, die größtenteils für den Gebrauch von Aufsteigern bestimmt waren. Herrgott, da standen Dinge, die Tomas einfach hätte fordern können und die Ritser Brughel gewiss gefordert hätte.
Florias Einwände waren ein Katalog technischer Probleme, Dinge, die sie brauchen würde, ehe sie in Angriff nehmen konnte, was von der Raffinerie verlangt wurde. Sie pflegte so viel wie möglich aus diesen Geschäften herauszuholen, aber was von ihr verlangt wurde, war in der Tat technisch schwierig. Einmal vor dem Flug, als Qiwi nicht älter als sieben gewesen sein konnte, hatte Papa sie zu einer Raffinerie bei Triland mitgenommen. »Damit werden die Baktreien gefüttert, Qiwi, genauso, wie die Baktreien die Parks versorgen. Jede Ebene ist wunderbarer als die darunter, doch selbst die primitivste Raffinerie herzustellen, ist eine Art Kunst.« Ali liebte seine Arbeit am oberen Ende über alles, dennoch achtete er die anderen Ebenen. Floria Peres war eine begabte Chemikerin, und der tote Schlamm, den sie herstellte, war eine wunderbare Schöpfung.
Viertausend Sekunden später hatten sie sich auf ein Geflecht von Vergünstigungen und Gefälligkeiten für den Rest von Florias Wache geeinigt. Sie saßen noch eine Weile da, nippten an einer neuen Runde Tee und erörterten mit Muße, was sie versuchen könnten, wenn die gegenwärtigen Ziele erreicht wären. Qiwi erzählte ihr von Trinlis Behauptungen über die Orter.
»Das sind gute Neuigkeiten, wenn der alte Knacker nicht lügt. Vielleicht brauchst du jetzt nicht mehr so intensiv Dienst zu schieben.« Floria schaute Qiwi an, und es lag ein seltsamer, trauriger Ausdruck in ihren Augen. »Du warst ein kleines Mädchen, und jetzt bist du älter als ich. Du solltest nicht dein Leben ausbrennen müssen, Kind, nur um eine Handvoll Felsen auf Linie zu halten.«
»Es… es ist nicht so schlimm. Es muss getan werden, selbst wenn wir nicht die beste medizinische Unterstützung haben.« Außerdem ist Tomas immer auf Wache, und er braucht meine Hilfe. »Und es hat auch Vorteile, die meiste Zeit auf zu sein. Ich bekomme fast alles mit. Ich weiß, wo es Geschäfte zu machen gibt, gute Dinge abzustauben sind. Es macht mich zu einer besseren Kauffahrerin.«
»Hmm.« Floria schaute weg, dann abrupt zurück. »Das ist kein Handel! Es ist ein albernes Spiel!« Ihre Stimme wurde weicher. »Tut mir Leid, Qiwi. Du kannst es ja nicht wissen… Aber ich weiß, was richtiger Handel ist. Ich war bei Kielle. Ich war bei Canberra. Das hier…« — sie machte eine Handbewegung, die den ganzen L1 umschrieb — »ist nur So-tun-als-ob. Weißt du, warum ich immer um diese Arbeit bei der Raffinerie bitte? Ich habe aus diesem Steuerkäfterchen so etwas wie ein Zuhause gemacht, wo ich so tun kann, als ob. Ich kann so tun, als sei ich allein und weit weg. Ich brauche nicht im Temp mit Aufsteigern zu leben, die so tun, als wären sie anständige Menschen.«
»Aber viele von ihnen sind es, Floria!«
Peres schüttelte den Kopf und hob die Stimme. »Vielleicht. Und das ist vielleicht das Schlimmste daran. Aufsteiger wie Rita Liao und Jau Xin. Einfach Leute wie unsereins, ja? Und jeden Tag benutzen sie andere Menschen, als wären sie weniger als Tiere — wie Maschinenteile. Schlimmer noch, sie leben davon. Ist nicht Liao ›Programmierer-Verwalterin‹ und Xin ›Piloten-Verwalter‹? Das schlimmste Übel im Weltall, und ihnen geht es hinunter wie Honig, und dann setzen sie sich zu uns in Bennys Salon, und wir akzeptieren sie!« Ihre Stimme war kurz vor einem Kreischen, und sie verstummte abrupt. Sie schloss die Augen, und Tränen schwebten sanft durch die Luft abwärts.
Qiwi streckte die Hand aus, um ihre Hand zu berühren, ohne zu wissen, ob Floria sie vielleicht einfach schlagen würde. Diesen Schmerz sah sie bei verschiedenen Leuten. Manche konnte sie erreichen. Andere wie Ezr hielten ihn so strikt geheim, dass sie nichts als eine verborgene, pulsierende Wut spürte.
Floria schwieg, in sich zusammengekrümmt. Doch nach einem Augenblick ergriff sie Qiwis Hand mit ihren beiden und beugte den Kopf zu ihr hinab und schluchzte. Ihre Worte kamen erstickt, fast unverständlich: »… mache dir keinen Vorwurf… nein, mache ich wirklich nicht. Ich weiß das mit deinem Vater.« Sie schnappte zwischen lautlosem Schluchzen nach Luft, und dann kamen ihre Worte deutlicher. »Ich weiß, dass du diesen Tomas Nau liebst. Das ist in Ordnung. Er käme ohne dich nicht zurecht, aber dann wären wir wahrscheinlich auch alle tot.«
Qiwi legte der Frau den anderen Arm um die Schultern. »Aber ich liebe ihn nicht.« Die Worte platzten heraus, überraschten sie. Und Floria schaute auf, ebenfalls überrascht.
»Ich meine, ich achte ihn. Er hat mich gerettet, als es am schlimmsten war, nachdem Jimmy meine Mutter umgebracht hatte. Aber…« Seltsam, so zu Floria zu reden, Worte zu sagen, die sie zuvor nur zu sich selbst gesagt hatte. Tomas brauchte sie. Er war ein guter Mensch, der in einem schrecklichen, bösen System aufgewachsen war. Der Beweis für sein gutes Wesen war, dass er so weit gekommen war, dass er das Böse verstand und daran arbeitete, es zu beenden. Qiwi zweifelte, ob sie so viel hätte tun können; sie wäre eher wie Rita und Jau gewesen, hätte sich schweigend drein geschickt und wäre dankbar gewesen, dass sie dem Netz des Fokus entgangen war. Tomas Nau wollte die Dinge wirklich verändern.
Aber ihn lieben? Bei all seinem Humor, seiner Liebe, seiner Weisheit gab es einen… Abstand… zu Tomas. Sie hoffte, dass er nie erkennen würde, dass sie so für ihn empfand. Und ich hoffe, die subversive Floria hat Ritsers Wanzen ausgeschaltet.
Qiwi drängte die Gedanken beiseite. Einen Augenblick lang starrten sie und Floria einander nur an, überrascht, das Herz der anderen offenbart zu sehen. Hmm. Sie klopfte Floria sacht auf die Schulter. »Ich kenne dich seit über einem Jahr gemeinsamer Wachen, und bisher gab es keinen Hinweis, dass du so empfindest…«