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»Dann wären sie keine Kauffahrer mehr.«

»Stimmt; vielleicht wären sie mehr als das. Sie sind in vielen Planetensystemen gewesen. Ihr Manifest besagt, dass Sie eine Anzahl Jahre bei Namqem verbracht haben, lange genug, um eine planetare Zivilisation schätzen zu lernen. Wir haben Hunderte von Millionen Menschen, die höchstens ein paar Lichtsekunden voneinander entfernt leben. Das lokale Netz, das Trygve Ytre umspannt, gibt fast jedem Bürger ein Bild vom Menschenraum, das Sie nur bekommen können, wenn Sie einen Hafen anlaufen… Am ehesten kann man Ihr Kauffahrerleben zwischen den Sternen als geistiges Hinterwäldlertum bezeichnen.«

Pham erkannte den Bezug nicht, doch er begriff, was der andere meinte. »Magnat Larson, ich wundere mich, dass Sie lange leben wollen. Sie haben alles so schön herausbekommen — ein Universum ohne jeden Fortschritt, wo alles stirbt und nichts von Wert angesammelt wird.« Phams Worte waren teils Sarkasmus, teils aufrichtige Verwunderung. Gunnar Larson hatte neue Sichten eröffnet, und die waren trostlos.

Ein Seufzen, kaum hörbar. »Sie lesen nicht besonders viel, nicht wahr, Junge?« Seltsam. Pham glaubte nicht, dass sein Gegenüber ihn immer noch sondierte. In der Frage lag etwas wie traurige Belustigung.

»Ich lese genug.« Selbst Sura beklagte sich, dass Pham zu viel Zeit mit Handbüchern verbrachte. Doch Pham hatte spät angefangen und verbrachte seither sein ganzes Leben mit dem Versuch, aufzuholen. Was machte es also, wenn seine Bildung ein bisschen schief war?

»Sie fragen mich nach der wirklichen Hauptsache. Jeder von uns muss diesbezüglich seinen eigenen Weg gehen, Flottenkapitän. Verschiedene Wege — jeder hat seine Vorzüge, seine Gefahren. Doch um Ihres eigenen Menschseins willen sollten Sie beachten: Jede Zivilisation hat ihre Zeit. Jede Wissenschaft hat ihre Grenzen. Und jeder von uns muss sterben, nachdem er weniger als ein halbes Jahrtausend gelebt hat. Wenn Sie diese Grenzen wirklich verstehen, dann sind Sie bereit, erwachsen zu werden, zu wissen, was zählt.« Er schwieg eine Zeit lang. »Ja… lauschen Sie einfach dem Frieden. Es ist eine Gabe, dazu imstande zu sein. Zu viel Zeit wird mit hastigem Hin und Her vertan. Lauschen Sie auf den Wind in den Lestras. Sehen Sie zu, wie Fred versucht, uns zu begreifen. Hören Sie dem Lachen ihrer Kinder und Enkelkinder zu. Erfreuen Sie sich der Zeit, die Sie haben, wie auch immer sie Ihnen gegeben ist und für wie lange.«

Larson lehnte sich im Sessel zurück. Er schien in die Sternenlose Dunkelheit hinauszustarren, die die Mitte von Trygves Scheibe war. Der Lichtbogen von der verdeckten Sonne war trübe und zog sich gleichmäßig rings um die Scheibe. Die Blitze waren längst verschwunden; Pham vermutete, dass man sie nur aus bestimmten Blickwinkeln in Bezug auf die Ausrichtung von Trygves Gewitterfronten sah. »Ein Beispiel, Flottenkapitän. Sitzen Sie da und fühlen und sehen Sie: Manchmal gibt es in der Mitte der Verfinsterung etwas besonders Schönes. Beobachten Sie die Mitte von Trygves Scheibe.« Sekunden vergingen. Pham starrte nach oben. Trygves niedere Breiten waren normalerweise so dunkel… doch jetzt: Da war ein schwaches Rot, so schwach, dass Pham glaubte, es könnte pure suggerierte Einbildung sein. Das Licht wurde langsam heller, ein tiefes, tiefes Rot, wie Schwertstahl, der noch zu kalt für den Hammer ist. Dunkle Streifen liefen darüber hinweg.

»Das Licht kommt aus den Tiefen von Trygve selbst. Wir wissen, das wir etwas Wärme vom Planeten selbst bekommen. Manchmal, wenn die Wolkenschluchten gerade richtig orientiert und die oberen Stürme verschwunden sind, können wir sehr tief blicken — und wir sehen seinen Schein mit bloßem Auge.« Das Licht strahlte ein wenig heller. Pham schaute sich im Garten um. Alles war rot getönt, doch er konnte mehr sehen als bei den Blitzen. Die hohen, rankenbedeckten Bäume über dem Teich — sie waren Teil des Wasserfalls, lenkten das Wasser in zusätzliche Wirbel und Tümpel. Wolken von fliegenden Wesen bewegten sich zwischen den Zweigen, und ein paar Augenblicke lang sangen sie. Fred war vollends aus dem Teich gestiegen. Er saß auf einer Vielzahl von Ruderfüßen, und seine kürzeren Tentakel ragten empor, dem Licht am Himmel entgegen.

Schweigend sahen sie zu. Pham hatte Trygve mit Multispektralfiltern beobachtet, als er von den Planetoiden heranflog. Er sah jetzt nichts, was ihm neu gewesen wäre. Die ganze Vorstellung war nur ein Zusammentreffen von Geometrie und dem richtigen Zeitpunkt. Und dennoch… an einen einzigen Ort gebunden, auf einem Kurs, der nicht von Menschenhand festgelegt war, verstand er, wie Kunden vielleicht beeindruckt sein mochten, wenn das Weltall sich herbeiließ, etwas zu enthüllen. Es war lächerlich, doch er empfand selbst etwas von der Ehrfurcht.

Und dann war Trygves Herz wieder dunkel, und das Singen in den Bäumen erstarb; die ganze Vorstellung hatte keine hundert Sekunden gedauert.

Es war Larson, der das Schweigen brach. »Ich bin sicher, dass wir ins Geschäft kommen, junger-alter Mann. In einem Maße, das ich nicht enthüllen sollte, wollen wir Ihre Medizintechnik haben. Dennoch wäre ich Ihnen für eine Antwort auf meine ursprüngliche Frage dankbar. Was werden Sie mit den Larson-Ortern tun? Unter den Nichtsahnenden sind sie ein Wunder der Spionage. Missbraucht führen sie zu staatlicher Totalregulierung und zum raschen Ende der Zivilisation. Wem werden Sie sie verkaufen?«

Aus irgendeinem Grund antwortete ihm Pham freimütig. Während der östliche Rand von Trygve langsam heller wurde, erklärte Pham seine Vision vom Imperium, vom Reich der ganzen Menschheit. Das hatte er noch nie jemandem erzählt, der bloß Kunde war. Er erzählte es nur bestimmten Leuten von der Dschöng Ho, denen, die am klügsten und flexibelsten wirkten. Selbst dann konnten die meisten nicht den ganzen Plan akzeptieren. Die meisten waren wie Sura, sie lehnten Phams wahres Ziel ab, waren aber eher bereit, von einer echten Dschöng-Ho-Kultur zu profitieren. »… Wir könnten also die Orter behalten. Das wird uns Umsatz kosten, doch wir brauchen einen Vorteil gegenüber den Kundenzivilisationen. Die gemeinsame Sprache, die synchronisierten Flugpläne, unsere öffentlichen Datenbanken — das alles wird unserer Dschöng Ho eine zusammenhängende Kultur geben. Doch Werkzeuge wie diese Orter werden uns einen Schritt darüber hinaus führen. Am Ende werden wir nicht zufällige Bewohner der ›Handelsnische‹ sein, sondern die überlebende Kultur der Menschheit.«

Larson schwieg lange. »Einen wunderbaren Traum haben Sie da, Junge«, sagte er dann. Die versteckte Belustigung war aus seiner Stimme verschwunden. »Ein Bund der Menschheit, der das Rad der Zeit zerbricht. Tut mir Leid, ich kann nicht glauben, dass wir jemals den Gipfel Ihres Traums erreichen werden. Aber die Vorberge, die unteren Hänge… die sind wunderbar — und vielleicht zu erreichen. Die hellen Zeitalter könnten heller sein und länger dauern…«

Larson war eine außergewöhnliche Persönlichkeit, Kunde oder nicht. Doch aus welchem Grunde auch immer trug er dieselben Scheuklappen wie Sura Vinh. Pham ließ sich auf die weiche Holzbank zurücksinken. Nach einer Weile fuhr Larson fort: »Sie sind enttäuscht. Sie haben genug Achtung vor mir, um auf mehr zu hoffen. Vieles sehen Sie richtig, Flottenkapitän. Sie sehen phänomenal klar für jemanden aus… aus dem Hinterwald.« Seine Stimme schien sanft zu lächeln. »Wissen Sie, der Stammbaum meiner Familie reicht zweitausend Jahre zurück. Für einen Kauffahrer ist das ein Wimpernschlag — aber nur, weil die Kauffahrer die meiste Zeit im Schlaf verbringen. Und zu der Weisheit, die wir direkt erworben haben, haben ich und die vor mir von anderen Orten und Zeiten gelesen, von hundert Welten, von tausend Zivilisationen. An Ihren Ideen ist manches, was funktionieren könnte. Es ist manches daran, das plausiblere Hoffnungen weckt als alles andere seit dem Zeitalter der Gescheiterten Träume. Ich glaube, ich habe Erkenntnisse, die nützlich sein könnten…«