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Emil ging zu seiner Großmutter. Sie setzten sich auf eine Bank und betrachteten das Meer. An der Brücke lag gerade ein kleiner weißer Küstendampfer. Der Junge suchte Pony. Sie war schon weit voraus.

Die Großmutter schob ihre geborgte Sonnenbrille auf die faltige Stirn. "Endlich sind wir einmal eine Minute unter uns. Wie geht’s dir denn eigentlich, mein Junge? Und wie geht’s deiner Mutter?"

"Danke, danke. Ausgezeichnet."

Die alte Frau legte den Kopf etwas schief. "Sehr gesprächig bist du nicht grade. Erzähle noch ein bißchen mehr. Na los, junger Mann!"

Er sah aufs Meer. "Aber Großmutter, das weißt du doch schon alles aus unsern Briefen! Muttchen hat viel zu tun.

Aber ohne Arbeit würde ihr das Leben keinen Spaß machen.

Na und ich, ich bin noch immer der Beste in der Klasse."

"So, so", erklärte die alte Frau. "So, so. Das klingt ja hocherfreulich." Dann rüttelte sie ihn liebevoll an der Schulter.

"Willst du gleich mit der Sprache herausrücken, du Halunke!

Da stimmt doch was nicht. Da stimmt doch was nicht!

Emil, ich kenne doch dein Gesicht wie meine Handtasche!"

"Was soll denn nicht stimmen, Großmutter? Es ist alles in schönster Ordnung. Glaub’s nur!"

Sie stand auf und sagte: "Das kannst du deiner Großmutter erzählen!"

Schließlich landeten alle miteinander im Familienbad.

Die Großmutter setzte sich in den Sand, zog die Schuhe und Strümpfe aus und ließ die Füße von der Sonne bescheinen. Außerdem behütete sie die Badetücher, die man mitgebracht hatte.

Die Jungens nahmen Pony in die Mitte, faßten einander bei den Händen und rannten mit Gebrüll in die Wellen hinein. Eine dicke Dame, die nicht weit vom Ufer im Meer saß und still vor sich hindöste, schluckte bei dieser Gelegenheit Wasser und schimpfte wie am Spieß.

Die Großmutter schürzte den Rock, ging ein paar Schritte ins Wasser und fragte höflich: "Waren Sie auch einmal jung, meine Dame?"

"Natürlich", war die Antwort.

"Na also", meinte die Großmutter. "Na also." Und ohne ausführlicher zu werden, setzte sie sich wieder in den warmen Sand und blickte fröhlich hinter den jauchzenden Kindern her.

Jetzt sah man nur noch die Köpfe. Und auch die nicht immer.

Gustav schwamm am schnellsten. Und als erster kletterte er auf das große Sonnenbrett, das draußen verankert lag und auf dem sich die Schwimmer ausruhten. Pony und Emil schwammen gleich schnell und halfen einander beim □Landen’.

Dienstag und der Professor kamen wesentlich später.

"Wie macht ihr das bloß?" fragte Dienstag, als er neben den Freunden auf den Planken saß. "Warum schwimmt ihr denn schneller als Theo und ich?"

Der Professor lachte. "Mach dir nichts draus. Wir sind eben Geistesarbeiter."

Gustav sagte: "Mit dem Kopf hat das nur insofern zu tun, als ihr ihn zu hoch übers Wasser haltet. Ihr müßt kraulen lernen!"

Er ließ sich von der Planke herunterrollen, plumpste in die Ostsee und zeigte ihnen, wie man krault.

Pony fragte ihn: "Was verlangst du für die Stunde?"

Er holte tief Atem, tauchte lange, kam prustend wieder zum Vorschein und meinte: "Sechzig Minuten!"

Dann schwammen sie alle wieder zurück. Gustav kraulte ihnen etwas vor. Sie versuchten es nachzumachen. Dabei stieß der Professor mit einem Herrn zusammen, der sich auf den Rücken gelegt hatte und gemächlich hinausschwamm. "Paß besser auf!" rief der Herr. "Wo hast du denn deine Augen?"

"Unter Wasser", antwortete der Junge und kraulte wie eine Schiffsschraube hinter den Freunden her.

Die waren schon im Gebiet für Nichtschwimmer angekommen und standen vor einer riesigen Zahnpastatube aus Gummi. (Es handelte sich um eine Reklame.) Alle versuchten hinaufzuklettern. Aber kaum war man oben, drehte sich die Tube, und man purzelte ins Wasser zurück. Das Geschrei war groß.

Die Freunde blickten zum Strand hinüber. Dort standen Turngeräte. Am Hochreck schwebte ein Mann, machte eine Schwungstemme, eine Welle vorwärts, schloß, im Vorwärtsschwingen, eine großartige Riesenfelge an, steckte plötzlich die Beine zwischen den Armen durch und kam mit Hilfe einer Kippe oben auf der Stange in den Sitz. Dann machte er eine Sitzwelle rückwärts, breitete beide Arme aus, schwang nach vorne, ließ das Reck auch mit den Knien los, schwebte durch die Luft, sprang in den Sand und beendete die Übung mit einer eleganten Kniebeuge.

"Donnerwetter!" sagte Gustav. "Das kann nicht einmal ich!"

Als der Turner beiseite gegangen war, stellten sich zwei kleine Jungen unter das Reck. Sie sprangen hoch, hingen still, holten Schwung und wiederholten beide gleichzeitig und nebeneinander dieselbe schwierige Übung, die eben der Mann vorgeführt hatte.

Als sie zum Schluß aus dem Kniehang graziös in die Luft schwebten und die Übung mit eleganten Kniebeugen im Sand beendeten, klatschte das ganze Familienbad Beifall.

"Ich werde verrückt", behauptete Gustav. "So etwas habe ich, noch dazu von solchen Knirpsen, noch nie gesehen!"

Ein Junge, der neben ihnen im Wasser stand, sagte: "Das sind die ‘Three Byrons’. Eine Artistenfamilie. Ein Vater mit Zwillingen. Abends treten sie im Strandhotel auf."

"Das müssen wir uns mal ansehen", erklärte Pony Hütchen.

"Das Programm beginnt abends acht Uhr", berichtete der fremde Junge. "Die anderen Nummern sind auch Weltklasse. Ich kann das Programm dringend empfehlen."

"Kriegt man bestimmt Platz?" fragte Dienstag.

"Ich kann euch ja auch einen Tisch reservieren", meinte der Junge.

"Bist du auch ein Akrobat?" fragte Emil.

Der andere schüttelte den Kopf. "Nein. Ich kann zwar auch gut turnen. Aber von Beruf bin ich der Pikkolo vom Strandhotel."

Gustav lachte. "Pikkolos sterben früh."

"Wieso?" fragte Dienstag.

"Na, hast du schon einmal einen alten Pikkolo gesehen?"

Pony rümpfte die Nase: "Laß deine ollen Witze!"

Der fremde Junge sagte: "Seit ich Gustav zum letzten Male Der fremde Junge sagte: "Seit ich Gustav zum letzten Male gesehen habe, ist er nur größer geworden."

gesehen habe, ist er nur größer geworden. Sonst hat er sich überhaupt nicht verändert."

Die Freunde sahen einander verdutzt an.

"Woher kennst du mich denn?" fragte Gustav verblüfft.

"Ich kenne euch alle", versicherte der badende Pikkolo.

"Und Gustav hat sogar einmal einen Anzug von mir angehabt."

Gustav sperrte den Mund auf. "So ein Quatsch! Ich habe noch nie im Leben fremde Anzüge angehabt!"

"Doch, doch", sagte der Pikkolo.

Die anderen wußten nicht, was sie denken sollten.

Pony fragte: "Wie heißt du denn?"

"Hans Schmauch."

"Keine Ahnung", sagte Gustav. "Kenne keine Schmauchs."

"Meinen Vater kennst du auch", behauptete Hans Schmauch.

"Und auch Emil kennt ihn."

"Das wird ja immer schleierhafter", erklärte Emil.

Gustav stapfte durchs Wasser, rückte dem Pikkolo auf die Pelle und sagte: "Nun aber raus mit der Sprache, Kleiner!

Sonst tauche ich dich so lange, daß du niemals Kellner wirst."

Hans Schmauch lachte. "Ich war früher Liftboy in Berlin.

Im Hotel Kreid am Nollendorfplatz. Parole Emil!"

Das schlug dem Faß den Boden aus. Sie tanzten wie irrsinnig gewordene Indianer um den kleinen Schmauch herum.

Das Salzwasser spritzte meterhoch. Und dann schüttelten sie dem Jungen die Hand, daß seine Knochen knackten.

"Nein, so eine Freude", meinte Emil. "Dein Vater, der Portier, war damals so nett zu mir. Zehn Mark hat er mir geborgt.

Na, und Gustav und ich haben ja sogar in einer Hotelkammer bei euch übernachtet."

"Freilich", sagte der Pikkolo. "Das war ‘ne aufregende Geschichte, was? Daran werde ich mein Leben lang denken, und wenn ich Hotelbesitzer werden sollte. Übrigens, wenn ich frei habe, können wir einmal miteinander segeln. Mein Onkel wohnt nämlich hier in Korlsbüttel. Er hat einen großen Handelsdampfer."