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„Natürlich. Dazu genügt der heutige Abend. Mein früheres Haus steht leer. Sobald es dunkel ist, können wir unbemerkt hinein. In einer halben Stunde ist die Sache gemacht. Dann sind wir in Paris fertig.“

„Ist's auch wirklich wahr mit dem Löwenzahn?“

„Ja, ich habe ihn noch. Er ist bei den anderen Sachen.“

„Wollen wir damit zum Grafen Lemarch?“

„Das ist noch zu überlegen. Ich halte es für gefährlich, verheimliche mir aber nicht, daß wir ihm ein hübsches Sümmchen abnehmen könnten.“

„Das wäre nicht notwendig, wenn diese verdammte Polizei nicht die Nummern der Kassenscheine, die der Lumpenkönig bei sich hatte, veröffentlicht hätte.“

„Wir konnten nicht wissen, daß er sie kurz vorher vom Bankier geholt hatte, der dann dummerweise das Verzeichnis einschickte. Wenn wir an den Grafen wollten, so müßtest du gehen. Ich darf mich nicht sehen lassen.“

So unterhielten sie sich noch ein Weilchen flüsternd, dann wendete sich Vater Main an Belmonte:

„Würden Sie sich wohl ein wenig zu uns hersetzen?“

„Warum?“ fragte er, scheinbar gleichgültig.

„Wir möchten in Ihrer Angelegenheit mit Ihnen sprechen.“

„Ach so.“

Er setzte sich hin und erkundigte sich.

„Wissen Sie vielleicht eine geeignete Persönlichkeit?“

„Ja, zwei sogar.“

„Ach! Das wäre mir lieb. Wer sind diese beiden?“

„Wir selbst.“

„Ah, Sie? Hm! Da darf ich wohl fragen, wer Sie sind?“

„Ja. Hier ist mein Paß.“

„Und hier der meinige.“

Er nahm die beiden Pässe in Empfang und prüfte sie. Er schien sehr befriedigt zu sein, denn er nickte einige Male mit dem Kopf und sagte dann:

„Schön, schön! Nur muß ich Ihnen sagen, daß ich nicht die Macht habe, das Gehalt zu bestimmen. Das ist meines Vaters Sache.“

„Oh, das hat ganz und gar keine Eile!“

„Also Sie haben Lust?“

„Ja.“

„Wann können Sie antreten?“

„Baldigst. Wann wollen Sie zurück?“

„Sobald ich eben die betreffenden drei engagiert habe. Einen hatte ich schon, nun Sie zwei, da bin ich eigentlich fertig.“

„Wir haben aber heute noch eine kleine Angelegenheit in Ordnung zu bringen.“

„Gut, so warte ich.“

„Morgen können wir jedenfalls mit. Vielleicht macht es sich auch, daß wir bereits mit dem Nachtzug aufbrechen könnten. Wo logieren Sie?“

„Gar nicht. Ich kann bleiben, wo es mir beliebt.“

„Schön! Wollen wir uns heute abend hier treffen?“

„Gut. Wann?“

„Es wird spät werden. Vielleicht elf Uhr?“

„Ich werde mich einstellen.“

„So sind wir also einig. Dürfen wir fragen, wie Ihre Heimat heißt?“

„Schloß Malineau bei Etain.“

Vater Main mußte eine Bewegung der Überraschung unterdrücken. Er fragte:

„Wem gehört dies?“

„Dem Baron von Courcy.“

„Ich denke, es ist Eigentum des Generals Latreau!“

„Das war es. Er hat es verkauft.“

„Ach so. Die Herrschaft wohnt dort?“

„Nein. Nur wir wohnen da. Es ist sehr einsam, aber schön. Es wird Ihnen gefallen.“

Er verließ das Lokal eher als sie, und es gelang ihm, unbemerkt in sein Logis zu gelangen. Martin hatte am Fenster gestanden und seine Rückkehr beobachtet.

„Sie waren noch drüben?“ frage er.

„Ja, es war Vater Main.“

„Und der andere?“

„War der Bajazzo.“

„Sapperment! Haben Sie mit ihnen gesprochen?“

„Nicht nur gesprochen; ich habe sie sogar engagiert.“

„Engagiert? Wieso?“

„Als Forstbedienstete.“

„Etwa für Schloß Malineau?“

„Ja.“

„Alle Wetter! Sie werden hinreisen?“

„Wir beide und sie beide.“

Er erzählte seine Unterredung, die er mit den zwei Verbrechern gehabt hatte, und fügte hinzu:

„Du bist also auch engagiert, und zwar – na, als was denn wohl? Was denkst du?“

„Gärtnergehilfe.“

„Gut. Nun aber muß ich einen Brief nach Malineau schreiben.“

„An den General?“

„Nein, sondern an Melac bloß. Ich habe meine Absicht, den General vorher nichts wissen zu lassen. Bleib hier am Fenster und beobachte das Haus da drüben. Der Abend wird bald hereinbrechen; dann stellen wir uns beide auf die Lauer.“

Er schrieb den Brief, welchen Martin sogleich zur Post besorgte; dann begaben sich beide auf die Straße. Sie sagten sich, daß Vater Main und der Bajazzo jetzt wohl miteinander ausgehen würden.

Sie hatten noch nicht lange gewartet, so sahen sie, daß sie sich nicht getäuscht hatten. Die beiden Erwarteten traten aus dem Tor und schritten langsam die Straße hinab.

„Wir gehen ihnen nach“, sagte Belmonte. „Aber wir teilen uns; du drüben und ich hüben. Sie dürfen uns nicht bemerken.“

Sie trennten sich und sahen nach einiger Zeit zu ihrem Erstaunen, daß sich die verkappten Flüchtlinge nach der Straße begaben, in welcher die frühere Restauration von Vater Main lag.

Dort angekommen, blieb der Bajazzo auf der Straße stehen, jedenfalls, um Wache zu halten. Der Schankwirt aber schlüpfte, nachdem er sich vorsichtig umgesehen hatte, in den Eingang, an welchem es jetzt nicht einmal eine Tür gab. Das Haus schien als Ruine betrachtet zu werden.

Nach ungefähr einer halben Stunde kehrte er zurück und entfernte sich mit dem Bajazzo. Die beiden Verfolger blieben in angemessener Entfernung hinter ihnen.

Der Weg ging einer Gegend zu, bis endlich die beiden einige Augenblicke vor einem palastähnlichen Gebäude stehen blieben. Der Bajazzo trat dort ein, und Vater Main zog sich nach der gegenüberliegenden Straßenseite zurück.

„Was mag der Kerl in diesem Haus wollen?“ fragte Martin.

„Das möchte auch ich wissen. Ohne guten Grund wagt sich ein solcher Mensch nicht in ein Palais. Ich muß erfahren, wem es gehört.“

„Später im Vorbeigehen.“

„An ein Vorbeigehen dürfen wir nicht denken. Ich vermute, daß die beiden nun wieder umkehren werden, um nach der Destillation zu gehen, in welcher sie mich erwarten. Sie müssen also, wenn wir hinter ihnen gehen wollen, erst an uns vorüber.“

„So ist es jedenfalls besser, wir gehen vor ihnen her.“

„Nein. Wir müssen zurückbleiben, um zu erfahren, wem das Palais gehört. Da, dieser Hausflur ist nicht erleuchtet. Treten wir ein.“

„Aber wenn jemand kommt und uns fragt, was wir hier wollen?“

„Hoffentlich glaubst du nicht, daß ich um eine Antwort verlegen sein werde.“

Sie huschten in den dunklen Flur des Hauses, an welchem sie gestanden hatten, und beobachteten von da aus den Eingang des Palais, in welchem der Bajazzo verschwunden war.

Sie hatten noch nicht lange da Platz genommen, so hörten sie nahende leise Schritte.

„Zurück!“ flüsterte Belmonte seinem Diener zu.

Sie hatten kaum Zeit, einige Schritte tiefer in den Flur zu treten, so huschte – Vater Main hinein. Er schien seinen Kumpan hier erwarten zu wollen. Natürlich nahmen sich nun die beiden in acht, nicht das geringste Geräusch hören zu lassen.

Als der Bajazzo drüben eingetreten war, hatte ihn der Diener gefragt, was er hier zu suchen habe.

„Hier wohnt der Graf de Lemarch?“ erkundigte er sich.

„Ja.“

„Ist dieser Herr zu Hause?“

„Ja. Für Sie aber wohl schwerlich.“

„Vielleicht doch. Ich habe mit ihm zu sprechen.“

Der Diener musterte ihn mit einem geringschätzigen Blick und meinte:

„Ich gebe Ihnen aber doch den Rat, lieber zu verzichten.“

„Und ich rate meinerseits Ihnen, abzuwarten, was der gnädige Herr beschließen wird.“

„Hm! Ist's denn wichtig?“

„Allerdings.“