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„Donnerwetter!“

„Ja“, nickte der Mann, der eine riesige Figur besaß. „Der Schlüssel zum Stall ist da in meiner Tasche; aber der Kutscher liegt gebunden im Stall. Er wollte uns die Pflugschar nicht nehmen lassen.“

„So sind Sie Franctireur?“

„Ja. Ich arretiere Sie.“

Er langte neben sich an die Mauer, wo seine Büchse lehnte, und fügte drohend hinzu:

„Ergeben Sie sich gutwillig. Sonst muß ich Sie erschießen!“

„Sapperment. Mich erschießen lassen, das ist nun gerade meine Leidenschaft nicht.“

„Also! Lassen Sie sich einschließen?“

„Hier in den Stall?“

„Ja, das ist das Gefängnis!“

„So muß ich mich fügen. Erschießen lasse ich mich auf keinen Fall. Man lebt nur einmal.“

„Richtig. Kommen Sie!“

Er schob Martin vor sich her nach der Stalltür zu. Da zog er den Schlüssel heraus und steckte ihn in das Schloß. Er war dabei gezwungen, sich abzuwenden.

„Eigentlich brauchten Sie sich nicht hierher zu bemühen“, meinte Martin in höflichem Ton.

„Warum?“

„Ich kann mir selbst öffnen.“

„Oho. Das ist meine Sache. Ich werde doch nicht –“

Er sprach nicht weiter; er fiel wie ein Klotz zur Erde. Er hatte von Martin einen Hieb gegen die Schläfe empfangen, der ihm die Besinnung raubte.

„So, mein Bursche“, meinte der Deutsche. „Das war ein richtiger Husarenhieb. Merke ihn dir!“

Er schloß auf, trat ein und brannte ein Streichholz an. Dort auf der Streu lag eine menschliche Gestalt.

„Kutscher?“ fragte er.

„Ja.“

„Sind Sie gefesselt?“

„Zum Teufel, freilich.“

„Na, ich werde Sie losmachen.“

Er ging hin, zog sein Messer und schnitt die Stricke durch.

„Danke schön!“ sagte der Rosselenker. „Wer sind Sie denn? Ein Franctireur wohl nicht?“

„Nein. Der General wird belagert; man plündert das Schloß. Ich will Hilfe holen.“

„Schön, schön; tun Sie das.“

„Wie viele Pferde sind hier?“

„Nur drei jetzt.“

„Eins muß ich haben. Können sie die beiden anderen nicht retten, so auf die Seite bringen?“

„O doch. Ich müßte schnell anspannen und in das Nachbardorf fahren. Beim Maire bin ich geborgen.“

„Tun Sie, was Sie denken. Draußen liegt Ihr Wächter; ich habe ihn niedergeschlagen. Schließen Sie ihn hier ein. Welches Pferd ist das schnellste?“

„Der Rotschimmel. Ich werde ihn losmachen. Soll ich satteln?“

„Daß inzwischen die Franctireurs kommen, nicht wahr? Heraus mit dem Gaul!“

Der Kutscher führte das Pferd heraus, und der Husar sprang auf. Daß er weder Sattel noch Zaum hatte, das war ihm sehr gleichgültig. Er jagte trotz der Finsternis wie der wilde Jäger davon, zunächst nach Dorf Malineau, dann durch Etain und sodann nach Fresnes zu. Dort hoffte er, Freunde zu treffen.

Ja, er stieß auf deutsche Truppen, aber die, welche er suchte, nämlich Leute von der elften Kavalleriebrigade, zu welcher sein Regiment gehörte, fand er nicht. Und doch hatte er sie eigentlich hier zu suchen.

Endlich hörte er, daß er viel, viel näher an Metz heran müsse, und richtig, im Laufe des Vormittags stieß er auf Angehörige seiner Brigade und fand endlich seinen Rittmeister in der Nähe von Trouville, an der Straße, welche von da nach Puxioux führt. Er sprang vom Pferd und begab sich sofort zu ihm.

„Du, Martin?“ sagte Hohenthal. „Schon wieder hier?“

„Ja, Herr Rittmeister. Sie schickten mich gerade zur rechten Zeit nach Malineau. Der General sitzt mit seinen Damen tief in der Patsche.“

„Wieso?“

Er erzählte das Erlebnis. Er hatte jetzt den Arm nicht in der Binde, sondern bewegte ihn nach Belieben. Als er zu Ende war, meinte Hohenthaclass="underline"

„Eine dumme Geschichte. Wir hoffen, hier engagiert zu werden, wenigstens erwarten wir Order zum Vorrücken, und nun kommt diese Geschichte.“

„Wollen Sie Mademoiselle Ella sitzenlassen?“

„Ella?“ lächelte der Rittmeister. „Du meinst natürlich die andere, nämlich Alice.“

„Auch mit, aufrichtig gestanden.“

„Ich weiß nicht, ob mir der Alte die Erlaubnis gibt. Erstens geht der Ritt durch unsicheres Gebiet. Wie leicht können wir auf den Feind stoßen.“

„Wir sind Husaren, Herr Rittmeister.“

„Das ist richtig. Aber der Alte beurteilt die Angelegenheit ganz anders als wir, die wir beteiligt sind. Ferner gilt es, zu bedenken, daß die Ausräucherung eines solchen Nestes eigentlich Infanteriearbeit ist. Wir können zu Pferd das Schloß nicht stürmen.“

„Läßt sich arrangieren.“

„Etwa wie eine Partie Doppelkopf?“

„Ja. Man schneidet dem Gegner die Däuser heraus und verleitet ihn, seine hohen Trümpfe auszugeben. Dann hat man ihn im Sack. Man holt ihn aus.“

„Ganz hübsch! Hm!“

„Übrigens handelt es sich zwar nicht um Deutsche, aber –“

„Aber –?“

„Aber um den General Latreau, einen alten, braven, ehrenwerten und verdienten Offizier.“

„Das ist der Grund, auf welchen ich den Ton legen muß. Ein braver General, der sich uns gegenüber neutral verhält, soll nicht von diesen Spitzbuben ausgehungert werden. Ich gehe erst zum Obersten und dann weiter. Lege einstweilen deine Uniform an.“

Dieses letztere war bald geschehen. Der Telegraphist machte in dem schmucken Husarenanzug einen allerliebsten Eindruck. Er hatte lange zu warten, und seine Ungeduld trieb ihn hin und her. Endlich kehrte der Rittmeister zurück. Sein Gesicht leuchtete vor Freude.

„Gelungen?“ fragte Martin.

„Ja.“

„Wieviel?“

„Ganze Schwadron.“

„Heissa, heirassassa!“

„Ist mir nicht leicht geworden.“

„Aber unser Grund, wegen des alten, verdienten, ehrwürdigen Generals hat gezogen!“

„Es fiel mir noch ein weiterer ein, und der zog noch mehr. Der Ausflug soll zugleich ein Rekognitionsritt sein. Also sage es den Herren Lieutenants. In zehn Minuten muß die Schwadron zum Aufbruch bereit sein.“

Das war eine Lust, als die wackeren Burschen hörten, daß es sich um eine Franctireurbande handle. In fünf Minuten schon waren sie fertig. Dann ging es lustig nach Westen hin, zwischen Konstanz und Fresnes hindurch und auf Etain zu.

Hohenthal besaß eine ausgezeichnete Sektionskarte dieser Gegend. Er hatte ja gerade hierfür gute Gründe. So kam es, daß er alle möglichen Richtwege einschlug und jedes Zusammentreffen vermied. Auch Etain wurde nicht direkt berührt, sondern umgangen. Dann hielt die Schwadron am Rand des Waldes, und die Offiziere berieten sich noch einmal.

„Am besten wäre es, wir könnten die Kerls über den Haufen reiten und unsere Klingen an ihnen probieren“, sagte der Premier. „Erstürmen können wir das Schloß doch auf keinen Fall.“

„Das ist richtig“, meinte der Rittmeister. „He, Martin!“

Der Angerufene drängte sein Pferd herbei und salutierte.

„Sagtest du nicht, daß so ein Schuft am Stall Wache gehalten habe?“

„Ja. Er weiß, daß ich Hilfe holen will.“

„Das ist ja famos!“

„Verzeihung! Ich dachte, ich hätte eine Dummheit begangen.“

„Eigentlich, ja; in diesem Fall aber doch nicht. Man wird uns erwarten. Lieutenant von Hornberg, Sie reiten mit Ihrem Zug langsam nach Malineau, lassen sich aber in nichts ein. Ihre Aufgabe ist es, die Aufmerksamkeit dieser Kerls auf sich zu lenken. Unterdessen machen wir einen Umweg, um von der anderen Seite nach Malineau zu kommen. Ich sehe hier auf meiner Karte so einen Weg, der uns passen könnte. Nehmen Sie an, daß wir in dreiviertel Stunden dort sein werden. Sie kommen zu dieser Zeit dort und plänkeln mit den Kerls ein bißchen hin und her, damit ich sie auf passendes Terrain bekomme, am liebsten gleich vor die Front des Schlosses. Dann fegen wir sie über den Haufen. Scharfe Hiebe, Kinder, scharfe Hiebe, aber nicht zu Tode. Höchstens, wenn sie anfangen sollten, unhöflich zu werden, dann ändern wir das Ding. Also, vorwärts, Leute!“