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Mittlerweile hatten er und Freund Fritz sich neu beritten gemacht. Der Ritt begann.

Aber Etain lag ziemlich weit entfernt, und er sah sich ganz zu denselben Vorsichtsmaßregeln gezwungen, welche auch Hohenthal angewendet hatte, um nicht bemerkt zu werden.

Er vermied soviel wie möglich alle bewohnten Orte, ritt endlich auch um Etain in einem weiten Bogen herum und kam mit seiner Schwadron auf dieselbe Straße, auf welcher Oberst Rallion sich mit seinen drei Eskadrons dem Schloß genähert hatte.

Sie hatten vielleicht noch fünf Minuten zu reiten, ehe es möglich war, aus dem Waldweg ins Freie zu debouchieren; da hörten sie vor sich Schüsse fallen.

„Sapperment, dort ist man bereits engagiert!“ meinte Fritz.

„Das sind wohl die Franctireurs!“ bemerkte der Rittmeister, welcher die Schwadron kommandierte.

„Schwerlich“, antwortete Königsau. „Das war eine so ordnungsgemäße Salve, daß ich unbedingt annehme, es befindet sich Militär vor uns.“

„So müssen wir rekognoszieren.“

„Gewiß. Bleiben Sie mit den Leuten zurück. Fritz, steig mit ab! Wir gehen unter den Bäumen vor und werden sehen, was es gibt. Hören Sie meinen Revolver, drei Schüsse hintereinander, Herr Rittmeister, so eilen Sie herbei, denn dann befinden wir uns in Gefahr.“

Er stieg ab und Fritz ebenso. Sie begaben sich unter die Bäume und schlichen vorwärts.

Dort, wo man den Wald niedergeschlagen hatte, fanden sie hinter den Reisighaufen ein sicheres Versteck, aus welchem sie alles ganz genau und völlig ungefährdet beobachten konnten.

„Ah!“ flüsterte Fritz. „Das sind allerdings keine Franctireurs, das sind Gardekavalleristen!“

„Kürassiere und Dragoner. Sie wollen das Schloß stürmen. Warum?“

„Hm! Man stürmt doch nur einen Ort, wenn sich der Feind da befindet!“

„Richtig! Welchen Feind könnten die Franzosen da haben?“

„Das weiß der Kuckuck, ich aber nicht. Schau, wieder eine Salve! Das sind brave Kerls dort drin!“

„Wer aber sind diese? Wollen sehen.“

Königsau nahm seinen Feldstecher heraus und richtete ihn nach den Fenstern des Schlosses.

„Kein Mensch ist zu sehen.“

„Natürlich!“ meinte Fritz. „Ließe sich einer blicken, so wäre er ja auch verloren. Das Schloß ist umzingelt und auf jedes Fenster sind einige Gewehre gerichtet. Es hat ganz den Anschein, als ob da ein alter schlauer Fuchs ausgeräuchert werden soll. Schau, Richard, dort hinter der Baumgrupe hält der Stab des Belagerungsheeres. Die Herren kommen jetzt ein wenig zur Seite. Wollen doch einmal sehen, mit welchen Chargen wir es zu tun haben.“

Auch er nahm den Krimstecher vors Auge.

„Alle Teufel!“ stieß er hervor.

„Was?“

„Da hält ein Oberst, ein ganz junger Kerl. Ich kann das Gesicht nicht genau sehen; aber ich möchte wetten, daß es unser lieber Herr von Rallion ist.“

„Das wäre! Warte! Ah, jetzt wendet er sich nach rechts. Ich sehe ihn genauer. Bei Gott, er ist es. Und, Fritz, siehst du den Menschen in Zivil neben ihm?“

„Ja; der Graukopf? Höre, sollte das vielleicht gar der alte Kapitän sein?“

„Ich möchte es fast annehmen, obgleich er uns den Rücken zukehrt. Aber, wenn er es wirklich ist, so möchte ich daraus schließen, daß sich Deutsche da im Schloß befinden.“

„Sackerment!“

„Ja. Man wird doch nicht etwa Franzosen belagern! Wäre der Alte nicht dabei, so dürfte man vermuten, daß man eine Bande Franctireurs zerniert habe, um sie wegen irgendeiner Schurkerei ad coram zu nehmen; aber weder Rallion, noch der Kapitän würden das tun.“

„Da, da, da“, sagte Fritz schnell hintereinander. „Siehst du es? Da, am Giebel?“

„Ja. Schnell nieder mit den Köpfen. Das soll ein Zeichen für uns sein, und diese Franzosen könnten daraus auf unsere Anwesenheit schließen.“

Sie bückten sich hinter den Reisighaufen nieder, aber bemerkten auch sogleich, daß sie nicht gefährdet seien.

„Weißt du, was das war?“ fragte Königsau.

„Natürlich. Ein roter Husarendolman.“

„Gewiß. Man hat uns vom Schloß aus bemerkt und will uns sagen, wer sich dort befindet.“

„Also preußische Husaren.“

„Ganz sicher.“

„Wie kommen sie nach Schloß Malineau?“

„Wer weiß es. Jedenfalls eine Streifenpatrouille. Wir müssen ihnen unbedingt zu Hilfe kommen.“

„Natürlich. Es sind brave Kerls. Und scharfe Augen haben sie. Uns hier zu bemerken!“

„Vom oberen Stockwerk ist das nicht so schwer. Wenn das Auge zufällig diesen Punkt streift, versteht es sich von selbst, daß man uns sieht. Komm!“

Sie traten wieder unter die Bäume und kehrten zur Schwadron zurück.

„Nun?“ fragte der Rittmeister neugierig.

„Drei Schwadronen französischer Gardekavallerie belagern eine preußische Husarenpatrouille, welche im Schloß Schutz gesucht hat“, antwortete Fritz.

„Da kommen wir zu rechten Zeit. Oder –?“

Er warf einen fragenden Blick hinter sich auf seine Leute. Königsau verstand ihn und sagte:

„Ob wir zu schwach sind, diesen drei Schwadronen gegenüber, Herr Rittmeister?“

„Es ist meine Pflicht, diesen Gedanken anzuregen.“

„Gewiß. Aber wir werden uns doch nicht fürchten.“

„Gar nicht. Horcht!“

Man hörte von der Gegend des Schlosses her ein Signal.

„Ah!“ meinte Fritz. „Die Herren sehen ein, daß es auf diese Weise mit der Belagerung doch nicht vorwärtsgeht. Sie rufen ihre Leute wieder zusammen. Man wird einen Kriegsrat halten.“

„Das benutzen wir und hauen auf sie ein!“ ergänzte Königsau. „Nämlich die Kerls sind, außer den Offizieren, abgesessen. Ihre Pferde befinden sich links von der Mündung dieses Weges unter der Obhut von sehr wenigen Leuten. Kommen wir zwischen beide, nämlich zwischen Reiter und die Pferde, so sind die ersteren verloren. Herr Rittmeister, es sind ein Drittel Dragoner und zwei Drittel Kürassiere. Sind sie zu Fuß, so haben wir leichte Arbeit. Wir reiten sie nieder und spießen sie mit den Lanzen fest. Gehen wir näher, daß auch Sie rekognoszieren können.“ –

Oben an einem Fenster des Dachstocks hatte Melac gestanden. Dieses Fenster ging nach der Seite hinaus, von welcher die Feinde gekommen waren. Das Auge des Schließers streifte zufällig und absichtslos den Waldrand und blieb auf einem Punkt haften, an welchem sich etwas Farbiges zeigte, was eigentlich nicht an diesen Ort zu gehören schien.

Er blickte schärfer hin, aber er war alt und konnte das, was sich dort befand, nicht deutlich erkennen. Darum begab er sich in das Zimmer, in welchem sich die anderen befanden.

„Bitte, wo sind Seine Exzellenz, der Herr General?“ fragte er, als er den Genannten nicht bemerkte.

„Warum?“ fragte Ella, welche dem Ton seiner Stimme eine gewisse Ängstlichkeit anmerkte.

„Ich glaube, es kommen neue Feinde.“

„Gott! Doch nicht!“

„Es war mir, als ob ich drüben hinter dem Reisig etwas Buntes, etwas Militärisches gesehen hätte.“

„Großpapa ist für einige Augenblicke fortgegangen. Komm, liebe Marion, wollen sehen, was es ist.“

Melac führte sie nach dem betreffenden Fenster. Kaum hatten sie einen Blick hinausgeworfen, so sagte Ella:

„Soldaten! Ja! Man erblickt sie nur nicht genau. Herrgott, was tun wir, liebe Marion?“

Diese behielt die Fassung.

„Sind es Franzosen oder Deutsche?“ fragte sie.

„Wer weiß das?“

„Ich auch nicht. Aber liebe Ella, wollen wir als Freunde, oder als Feinde dieses tapferen Grafen und Rittmeisters von Hohenthal handeln?“