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„Entkommen, wie es scheint.“

„Verdammt.“

„Ich hatte das Auge fest auf ihn; aber, er uns sehen und im Galopp fliehen, das war eins. Doch habe ich einige Ulanen auf seine Spur gebracht. Sie sind ihm nach.“

Und nicht weit von diesen beiden hielten noch zwei andere nebeneinander, nämlich Fritz und Martin Tannert. Als letzterer jenen erblickte, machte er große Augen und rief:

„Ist's möglich, Fritz?“

„Daß ich hier bin?“

„Nein, das nicht. Aber, Donnerwetter, Epauletten!“

„Tut nichts zur Sache.“

„Oh, das tut sogar sehr viel, denke ich.“

„Du wirst dir sie auch holen.“

„Schwerlich. Was will ich mit ihnen machen! Na, gratuliere von Herzen!“ –

Die Bewohner des Schlosses hatten sich, wie bereits gemeldet, in ein Zimmer zurückgezogen, von welchem aus sie vor dem Anblick des Kampfes bewahrt blieben. Sie verhielten sich vollständig passiv und warteten der Dinge, die nun kommen würden.

Da endlich trat Hohenthal ein.

„Entschuldigung, Exzellenz“, sagte er. „Es galt zunächst unsere Pflicht zu tun.“

Ellas Augen waren ängstlich auf ihn gerichtet, ob er vielleicht verwundet sei. Er bemerkte dies und fühlte sich ganz glücklich über diese Sorge.

„Sie sind Sieger, wie ich bemerkt habe“, antwortete Latreau. „Hoffentlich gab es nicht zu viele Opfer.“

„Wir sind sehr glücklich davongekommen. Leider aber ist dies mit unserem Gegner nicht der Fall!“

„Man muß es tragen.“

Er blickte dabei traurig, schmerzvoll vor sich nieder.

„Sie dürfen meiner Versicherung glauben, daß ich nicht ein Freund roher Gewalttätigkeiten bin; aber man muß tun, was die Pflicht gebietet.“

„Sie haben Gefangene?“

„Zahlreiche.“

„Was tun Sie mit ihnen?“

„Sie befinden sich im Keller bei den Franctireurs. Wir werden sie abzuliefern haben.“

„Wieviel Tote hat es gegeben?“

„Wir haben noch nicht gezählt. Übrigens wird man in Beziehung auf sie noch Bestimmung treffen.“

„Aber eine Frage gestatten Sie mir wohl noch. Wird Schloß Malineau besetzt bleiben?“

„Darüber habe ich noch mit Herrn Major von Königsau zu sprechen. Er steht einen Grad höher, und so muß ich ihm das Kommando abtreten.“

„Wo befindet sich dieser Herr?“

„Er wird baldigst um die Erlaubnis bitten, sich Ihnen vorzustellen. Vor allen Dingen hatte er die notwendigen Dispositionen zu treffen, welche sich auf unsere Sicherheit und anderes beziehen.“

„Wie ich bemerkte, befand Oberst Rallion sich bei den Truppen, von denen Sie angegriffen wurden?“

„Ja. Er hatte einen Kapitän Richemonte bei sich. Beide beabsichtigten, sich des Fräuleins von Sainte-Marie zu bemächtigen. Sie sagten dies dem Offizier, welchen ich zu ihnen sandte; ich aber hielt es für geraten, es zu verschweigen, bis die Gefahr vorüber sei.“

„Also waren Sie wieder der Retter.“

„O nein. Diesmal hatte ein anderer dieses Amt übernommen, nämlich – ah, da kommt er ja! Meine Herrschaften, gestatten Sie mir, Ihnen meinen Kameraden, Herrn Major von Königsau, vorzustellen.“

Richard war eingetreten. Er grüßte die Anwesenden militärisch, wartete bis ihm die Namen genannt worden waren und wendete sich dann an den Generaclass="underline"

„Ich habe um Verzeihung zu bitten, Exzellenz, daß ich durch die Verhältnisse gezwungen bin, meinen Eintritt hier auf eine ungewöhnliche Weise zu nehmen. Hoffentlich ist es uns durch die Umstände gestattet, Sie baldigst von der Anwesenheit ungebetener Gäste zu befreien.“

„Sie sind zwar ungeladen, aber nicht unwillkommen. Ich bin Offizier, wenn auch nicht mehr aktiv, und werde Sie nicht hindern, Ihre Pflicht zu tun.“

Marions Augen waren auf Königsau gerichtet, als ob sie ein Gespenst erblickte, groß, offen und mit einem Ausdruck, welchen man Angst hätte nennen mögen. Sie zitterte, und ihr Gesicht war so blaß wie das einer Leiche.

Königsau tat, als ob er dies nicht bemerke, und gab der Unterhaltung eine allgemeine Richtung. Als sie sich aber dann von ihrem Sitz erhob und, wie ganz ermüdet, hinauswankte, konnte er es doch nicht aushalten. Als sie sich bereits unter der Türe befand, sagte er in bittendem Tone:

„Fräulein de Sainte-Marie, bitte! Es gib in meiner Schwadron einen, welcher behauptet, Sie zu kennen. Er wünscht, Ihnen vorgestellt zu werden. Gestatten Sie dies vielleicht?“

Sie hatte sich umgedreht und fragte:

„Wie ist sein Name, Herr Major?“

„Goldberg. Er ist ein Sohn des Generals der Infanterie Graf Kunz von Goldberg.“

„Ich erinnere mich nicht, einen Herrn dieses Namens zu kennen.“

„Vielleicht doch! Er behauptet Grüße nach Ortry mitgebracht zu haben, ist auch vorgestern dort gewesen, hat aber nicht die Ehre gehabt, Sie zu treffen.“

„Grüße? Von wem?“

„Von Fräulein Nanon Köhler, welche allerdings, wie er mir mitteilte, jetzt einen anderen Namen trägt.“

Da röteten sich ihre Wangen.

„Von Nanon?“ sagte sie. „Oh, bitte, lassen Sie diesen Herrn zu uns kommen.“

„Sogleich!“

Er trat an das Fenster, öffnete dasselbe und rief hinab.

„Der Herr Lieutenant von Goldberg wird gebeten, zu mir zu kommen.“

Der Genannte schien bereitgestanden zu haben, denn kaum war der Befehl erklungen, so öffnete sich die Tür, und der ‚riesige Kerl‘ trat ein.

„Dieser Herr ist es“, stellte Königsau vor.

Marion hatte sich nicht wieder gesetzt. Sie stand noch in der Nähe der Tür. Als sie Fritzens Gesicht erblickte, fuhr sie fast erschrocken zurück.

„Mein Gott“, sagte sie, „das ist ja – –!“

Er schlug die Sporen zusammen und sagte, die Hand zum Salut erhebend.

„Zu Befehl – der Pflanzensammler Schneeberg.“

„Ist's möglich – ist's – – –“

Sie stockte. Sie blickte ratlos um sich. Sie hatte diesen Mann bei Doktor Müller gesehen. Jetzt befand er sich bei Königsau. Sie konnte den Gedanken gar nicht fassen.

„Ja“, meinte der Major lächelnd. „Der Herr Lieutenant hat in der Gegend von Thionville ein wenig Maskerade gespielt. Werden Sie es ihm verzeihen, gnädiges Fräulein?“

„Verzeihen? Ich habe ja nicht das Recht, über ihn zu richten“, stammelte sie.

Er ergriff ihre Hand und zog sie an seine Lippen.

„Dann darf ich die Hoffnung hegen, daß Sie auch einem anderen verzeihen werden, welcher ebenso gezwungen war, seinen eigentlichen Namen zu verbergen.“

Da schoß eine tiefe, tiefe Röte in ihr Gesicht.

„Was sagen Sie? Was ist's? Ist's möglich?“

Er hielt ihre Hand noch immer fest.

„Ich meine mich“, sagte er.

„Sie – sie – sind, Sie waren – Gott, Sie waren Doktor Müller?“

„Ja, gnädiges Fräulein. Werden Sie mir verzeihen?“

„Gott! Gott – Ella!“

Sie streckte die Arme aus. Ihr schwindelte. Sie wankte und sank der herbeieilenden Freundin an die Brust. Diese führte sie fort, damit sie sich erholen könne.

Als Ella dann nach einiger Zeit zurückkehrte, trat der Major ihr draußen auf dem Korridor entgegen.

„Bitte, gnädigste Komtesse, hat sie sich beruhigt?“

„Ja, Sie Böser, Unvorsichtiger!“

„Wo befindet sie sich?“

„Dort im hintersten Gemach, welches die Franctireurs am wenigsten zerstört haben.“

„Zürnt sie mir?“

„Ich – ich weiß es nicht. Fragen Sie die Ärmste selbst.“

Er ging und klopfte an der bezeichneten Tür an. Ein halblautes „Herein“ ertönte, und er öffnete.

Sie saß auf dem Sofa, das Köpfchen in die Hände gestützt.

Er zog die Tür hinter sich zu und fragte:

„Darf ich?“

Sie traf ihn mit einem langen Blick und antwortet: