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Woher kommt die Energie? dachte er. Er betrachtete die dichtbehaarten Schenkel und mutmaßte, daß sich dort eine statische Ladung bilden konnte.

Vermutlich kann ich jemanden mit einem Stromstoß töten, wenn ich ihm nur die Hand gebe, dachte er staunend.

Er entdeckte, daß er die Energie fühlen konnte, sogar ein gewisses Nachlassen bei einer Entladung. Sie konnte in jeden Teil seines Oberkörpers gelenkt werden.

Er experimentierte immer noch, als eine scharfe Stimme hinter ihm sagte:»Wenn Sie fertig damit sind, hier alles niederzubrennen, stehen Sie vielleicht freundlicherweise auf und erklären mir, warum Sie nackt in einem Obstgarten sitzen und Birnen braten.«

Er fuhr herum. Es war ein Mann — was immer er sonst sein mochte. Seine Art, der Knüppel und das Funkgerät an seinem Gürtel waren nicht zu verwechseln.

Er war Polizist.

* * *

Man hatte ein vergittertes Fahrzeug angefordert, und er wurde hineingestoßen. Dann lenkte man das Gefährt auf die Gleitstraße und rollte dahin. Die Straße zu verlassen, war ganz einfach. An der Unterseite befanden sich einige Rollen, die mit einem Elektromotor verbunden waren.

Die Polizisten lieferten den Strom selbst.

Sie kamen in der Polizeigarage zum Stillstand und holten ihn heraus. Eine weibliche Beamtin tastete Informationen in einen Computer und stellte ihm Fragen.

»Name?«

»Renard.«

»Komischer Name. Wo und wann geboren?«

»In Barentsk auf dem Planeten Moskowitien, 12. August 4412«, sagte er wahrheitsgemäß.

Sie hörte auf zu schreiben und sah ihn an.

»Soll das ein Witz sein?«

»Nein. Ehrlich. Hören Sie, ich bin hier mit einem Raumschiff abgestürzt, in irgendeiner Gegend mit Riesenzyklopen, und dann wachte ich hier auf. Ich weiß nicht mehr als Sie.«

»Weniger«, sagte sie knapp und tippte etwas in die Tastatur.

Auf dem Bildschirm erschien ein Text. Sie nickte und sah die beiden männlichen Kollegen an.

»Er ist tatsächlich ein Neuzugang. Einer von den Süchtigen.«

»Sind Sie sicher?«sagte einer der Polizisten.»Mir kommt er eher vor wie ein Verrückter.«

Renard war beleidigt, wagte das aber nicht zu sagen.

»Ihr könnt es mir glauben«, sagte die Beamtin.»Holt ihm etwas anzuziehen und bringt ihn hinauf zu Leutnant Amas Büro. Ich rufe gleich an.«

Leutnant Ama war der typische gelangweilte Beamte, der in seinem Bezirk keinen Ärger wünschte. Das stellte Renard fest, nachdem er eine enge, kurze Hose und ein weißes Unterhemd bekommen hatte und hinaufgeführt worden war. Der Leutnant beantwortete auch keine Fragen. Auch sonst wollte ihm keiner etwas erklären.

Er saß stundenlang herum. Er wußte, was vorging. Ama wandte sich an seinen Vorgesetzten, der sich an seinen und so weiter, bis jemand entscheiden würde, was mit ihm zu geschehen hatte.

Wenigstens bekam er zu essen, und man zeigte ihm sogar, wie man verschiedene Stellen des Metalltellers berührte, um zu kochen, was man wollte, wie man wollte. Er kam dahinter, daß hier die Männer kochten. Frauen waren dazu nicht imstande, weil ihnen die elektrische Kapazität fehlte. Sie waren jedoch für Stromstöße so unempfindlich wie die Männer. Renard fragte sich beiläufig, wie man hier Liebe machen wollte, ohne das Haus niederzubrennen.

Er schlief in einer nicht abgesperrten Zelle, und am Mittag des zweiten Tages fragte er sich, ob man ihn vergessen hatte.

Das war nicht der Fall. Am frühen Nachmittag holte man ihn. Große Burschen — jedenfalls größer als er. Da ihm jede Vergleichsmöglichkeit fehlte, fiel ihm ein, daß er überhaupt nicht wußte, wie groß er war, zehn Zentimeter oder vier Meter.

Es war wieder eine Fahrt fällig, diesmal eine noch längere, dann brachte man ihn in ein riesiges Gebäude, das aussah wie eine Pyramide, aber mit Minarett-Türmen. Hinein in ein anderes Büro, offenkundig zu einem höheren Rang, und neue Fragen. Sie hatten keinen Zweifel daran, daß er derjenige war, für den er sich ausgab; die Fragen fielen diesmal ganz anders aus.

Die meisten galten Antor Trelig.

Er berichtete alles, was er wußte, und verbarg seinen Haß nicht. Er beschrieb den Mann, der so viele zu Sklaven des grauenhaften Rauschgifts gemacht hatte. Sie notierten alles.

Und schließlich beantworteten sie einige seiner Fragen.

»Wo bin ich?«fragte er.

Sein Befrager, ein schmächtig gebauter Mann mit Brille, dachte kurz nach.

»Sie sind in Agitar und sind ein Agitar.«

»Bin ich noch auf dem Planeten, wo ich abgestürzt bin?«

Sie erklärten ihm die Geschichte der Sechseckwelt und schilderten einige der Probleme, die sein Erscheinen erzeugt hatte.

»Sie können kein Raumschiff steuern, wie?«wurde er gefragt.

»Nein. Ich war Lehrer und Bibliothekar und zeitweise Aufseher für Treligs Gefangene.«

Der Mann dachte eine Weile nach.

»Sie müssen unseren Standpunkt Ihnen gegenüber verstehen. Agitar ist ein fortgeschrittenes, technologisches Hexagon. Es gibt nichts Elektrisches, glaube ich, das uns verschlossen wäre. Die Wissenschaft ist hier König. Wir bereiten uns jetzt auf einen Krieg vor, einen Krieg um diese Raumschiff-Teile. Und hier sind Sie — völlig analphabetisch, ohne jede Begabung, die uns nützen könnte. Sie sind jetzt für den Rest Ihres Lebens ein Agitar. Sie sind jung und stark, aber das ist auch alles. Sie müssen hier eingefügt werden, und wenn wir uns die Zusammenstellung ansehen, besitzen Sie als einzige brauchbare Fähigkeit eine gewisse Waffenkenntnis und die Gabe, ein Ziel zu treffen.«

»Wo sind die anderen, die mit mir hergekommen sind?«fragte er.»Ich möchte mich mit Mavra Tschang in Verbindung setzen.«

»Vergessen Sie das. Sie ist in den Händen der Lata, und obwohl sie neutral geblieben sind, stehen sie doch, zumindest der Anschauung nach, im Gegensatz zu uns.«Er seufzte.»Nein, ich glaube, es gibt nur eines, wo Sie hineinpassen, und das wird Ihnen guttun und Sie mit Disziplin in die Gesellschaft Agitars einfügen.«

* * *

Er wurde zum Militärdienst eingezogen.

Zwei Wochen lang, während der scharfen Grundausbildung, kam er kaum zum Nachdenken, aber er fand einige Freunde und erfuhr genau, was sich rundherum abspielte. Unter anderem wurde ihm klar, daß Agitar mit Makiem verbündet war, einem Sechseck, dessen dominierende Rasse Riesenfrösche waren, und mit Cebu, einer Rasse fliegender Reptile.

Er erfuhr ferner, daß Antor Trelig ein Makiem war.

Das bedrückte ihn. Der Gipfel an Ironie. Aus Neu-Pompeii zu entkommen, auf einem fremden Planeten vom Schwamm geheilt zu werden und wieder in die Dienste Antor Treligs zu geraten. Lachte der Computer der Sechseckwelt?

Das Schießen fiel ihm leicht. Die Waffen waren ihm fremd, aber da es im Prinzip immer nur darum ging, anzulegen und die Energie oder Projektile abzufeuern, kam er schnell damit zurecht.

Auf indirekte Weise hörte er von seinen Kameraden auch einiges über das andere Geschlecht. Die Frauen seien klug, im Durchschnitt klüger als die Männer, behaupteten manche. Der Sex fand häufig und regelmäßig statt; die Agitar waren wollüstige Leute. Aber es gab eine wirksame Geburtenkontrolle über die Kontrolle des Schacht-Monitors hinaus, so daß niemand sich gehemmt fühlte. Ehen waren unbekannt. Wenn man ein Kind wollte, suchte man sich einfach eine Frau, die auch eines haben wollte — oder umgekehrt. War es männlich, oblag es allein der Verantwortung des Vaters, es aufzuziehen. Die Frau blieb oder ging einfach. Im anderen Fall verlief es umgekehrt.

Auch beim Militär waren Frauen. Da sie keine elektrische Ladung halten oder abfeuern konnten, was für den Kampf Mann gegen Mann wichtig war, kamen sie nie an die vorderste Front, aber sie übernahmen alle anderen Aufgaben. Die meisten höheren Offiziere einschließlich des Generalstabes waren Frauen, ebenso die meisten Techniker.