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»Seien Sie vernünftig, Mavra«, sagte Renard.»Sehen Sie sich an. Sie sehen keine drei Meter weit. Sie können sich nicht selbst ernähren, Sie sind splitternackt, ohne Schutz gegen die Elemente, in einem Gebiet, dessen Bewohner Sie sofort zum Stein zurückbringen würden, um die Verwandlung zu vollenden.«Er stand auf, sah auf sie hinunter und zog den Pferdeschweif ein wenig weg.»Sie werden sogar Toilettenprobleme haben. Ihre Vagina ist da, wo Ihr Hintern sein sollte, und der Hintern ist weiter oben. Die menschliche Anatomie ist für Sitzen oder Hocken gedacht. Diese Beine sind nichts für Ihren Körper. Sie können nicht weitermachen!«

Sie versuchte, ihn direkt anzusehen, gab es aber auf. Es war zu schmerzhaft.

»Ich gehe«, sagte sie störrisch.»Mit euch, wenn ihr mich mitnehmt. Ohne euch, wenn nicht. Wenn Sie wollen, können Sie mein Führer und Gehilfe sein, wenn ich weit sehen oder essen muß, und Sie können mich saubermachen, wenn ich kacke. Wenn nicht, gehe ich trotzdem, und ich schaffe es. Ich lasse mich nicht aufhalten.«

»Sie hat recht, wißt ihr«, meinte Hosuru leise.»Wenigstens darin, daß der Auftrag Vorrang hat. Die ganze Welt steht in Gedemondas auf dem Spiel. Sie wird dort gebraucht. Wenn wir sie hinbringen können, ist es unsere Pflicht, es zu versuchen.«

»Also gut«, sagte Vistaru zweifelnd zu Mavra.»Wenn Sie stur bleiben, gehen wir alle. Aber ich glaube, ein, zwei Tage in diesem neuen Zustand werden Sie eines Besseren belehren. Wenn es so kommen wird, schämen Sie sich bitte nicht, zu verlangen, daß wir Sie zu einem Zone-Tor bringen. Ich würde es auch tun.«

»Wo sind meine Sachen?«erwiderte Mavra sachlich.»Wir müssen trachten, daß wir weiterkommen.«

Renard hob die Hände.

»Ihre Sachen habe ich. Wir werden ja sehen. Also los.«

Seine Stimme klang resigniert und verständnislos.

Er kann es nicht verstehen, dachte Mavra. Keiner kann es.

* * *

Offenbar war der Schock für die Olbornier zu groß. Es gab keine Verfolgung.

Mavra entdeckte, daß sie traben konnte wie die kleinen Maultiere. Die linken Beine vor, abstoßen, die rechten Beine vor, abstoßen, und immer wieder, schneller und schneller. Sie hatte in den Hufen keinerlei Gefühl, was nützlich war, aber die bloße Haut war eben bloße Haut. Die Lata flogen voraus und sagten ihr, was im Weg war, damit sie nicht an Bäume prallte.

Bis zum Morgen waren sie ein gutes Stück weitergekommen. Renard bestieg Doma, die er geführt hatte, und sie erkundeten das Gelände. Es war klar, daß es nicht so schwierig sein würde, wie sie befürchtet hatten.

Sie blieben in freier Landschaft, die jetzt fast ganz verlassen war, da alle im Süden kämpften oder die Heiligen Steine und das Zone-Tor bewachten.

Domas Packtaschen waren im Lager nicht abgenommen worden, so daß sie noch alle ihre Vorräte besaßen. Zuerst aßen sie; für Mavra war es ein demütigendes Erlebnis, an das sie sich erst gewöhnen mußte. Man begann damit, sie zu füttern, aber sie wehrte sich. Man tat ihr Essen schließlich in eine Holzschüssel, sie stellte sich auf die Hinterbeine, kniete auf den Vorderbeinen und konnte so essen wie ein Hund oder eine Katze. Es war mühsam; die dünnen Beine waren an den Knöcheln noch dünner, sie bewegten sich vor, nicht zurück, und die verdammte Holzschüssel rutschte immer wieder weg, aber Mavra kam zurecht, und es schmeckte ihr gut. Wasser trank sie auf zweierlei Art: schlabbernd wie ein Tier oder indem sie das Gesicht in den Topf steckte und die obere Hälfte wegtrank.

Aber es ging, und das genügte ihr.

Vistaru band ihr Haar zwischen und hinter den riesigen Ohren mit einem Elastikband zusammen. Mavra konnte dadurch sogar geradeaus blicken, wenn sie sich auf die Vorderbeine stellte und sich hinten niederließ. Auch das war unbequem, aber es störte sie nicht.

Die Kleidung war ein größeres Problem, das nicht zu umgehen war. In Olborn war es kühl, und in den Höhen von Gedemondas würde es eisig kalt werden.

Sie schnitten die Ärmel von ihrem Hemd ab und vermochten es ihr überzustreifen. Die Hose war problematischer, und sie reichte nicht ganz aus, aber Vistaru schnallte den breiten Gürtel um ihren nackten Bauch, und das half. Es sah falsch und albern aus, die Hose rutschte, aber es war immerhin etwas und tat gut. Der lange, für Gedemondas geschneiderte Mantel würde den unmöglichen Schweif bedecken, hofften sie. Abgeschnittene Handschuhe konnten im Schnee von Gedemondas vielleicht dazu beitragen, die Haut zu schützen.

Mavra fühlte sich besser. Hindernisse waren dazu da, um überwunden zu werden.

Das Schlafen erforderte den ärgsten Kompromiß; die Tierbeine waren für das Schlafen im Stehen gedacht, der menschliche Körper aber nicht, und auf dem Bauch konnte sie nicht mehr liegen. Sie legte sich auf die Seite.

Inzwischen verlief der Krieg für Olborn immer schlechter. Sie sahen Flüchtlinge und Militärstreifen, aber mit den letzteren wurden das Gift der Lata und Renards starke Ladung fertig.

Trotzdem kamen sie nur langsam voran, und sie befaßten sich damit, Mavra und Renard zusammen auf Doma unterzubringen. Das Problem waren die riesigen Flügel, die nicht behindert werden durften.

Schließlich ergaben Experimente einen Kompromiß, den Doma und die Praxis akzeptieren konnten. Man verzichtete auf nicht unabdingbare Vorräte, und die Lata trugen in ihren Beuteln, soviel sie konnten. Das Gewicht würde sie behindern, aber auch Doma würde behindert sein. Wenn man die Instrumente entfernte — Renard bestand darauf, daß das erfolgte, da er sie ohnehin nie benützt hatte —, konnte Mavra mit gespreizten Beinen auf Domas Hals sitzen, Renard unmittelbar hinter ihr.

Sie wurde angeschnallt, und Doma kam zurecht. Die einzige Schwierigkeit bestand darin, daß Doma niederknien und die anderen drei mithelfen mußten, um Mavra überhaupt hinaufzubringen.

Aber endlich konnten sie fliegen, und die Entfernungen schmolzen zusammen. Sie mieden die Ecke des Hexagons, wo andere Priester-Fanatiker lauern mochten, und erreichten Palim.

Die Bewohner des Sechsecks betrachteten sie nervös, griffen aber nicht an. Die Palim hatten große Ähnlichkeit mit langhaarigen Riesenelefanten, doch ihre Form täuschte. Sie waren hochtechnologische Leute, und sie hielten sich aus dem Krieg heraus.

Trotz der Behinderung gelangte der Trupp in knapp zwei Tagen an die Grenze von Gedemondas. Es gab keinen Zweifel daran, wo sie waren; die hohen Berge des kalten Hexagons waren von der Ebene aus schon von weitem zu sehen, wie eine gigantische Mauer. Sie flogen ein paar Stunden herum, bis sie die relativ kleine Ebene in Gedemondas selbst fanden. Es war der logische Ort für den Aufmarsch der beiden Armeen. Als sie eintrafen, gab es dort nur kleinere Wildtiere.

Sie waren die ersten — aber mit welchem Vorsprung?

Sie studierten die Karten. Es lag nahe, daß die Makiem über Alestol fliegen würden, vermutlich zu der Stelle, wo sie sich jetzt befanden. Die Yaxa würden das Schienensystem der Palim benutzen und dreißig Kilometer über Land zum Nordrand der Ebene vorstoßen. Renard fragte sich nebenbei, ob es für die beiden Armeen genug Platz geben würde.

»Es wird eine gewaltige Schlacht werden«, prophezeite Mavra grimmig.»Wenn eine Seite vor der anderen ankommt, wird die andere versuchen müssen, sie zu vertreiben. Wenn sie gleichzeitig eintreffen, kommt der Zusammenprall eben früher, und das Gebiet hier wird das Niemandsland sein.«

»Der Karte nach gibt es drüben bei dem Einschnitt in den Felsen einen kleinen Unterschlupf«, sagte Vistaru.»Da sollen wir unseren Führer treffen, wenn noch jemand da ist.«

Mavra versuchte hinüberzublicken, aber ihr Kopf ließ sich nicht hoch genug heben. Zwei oder drei Meter, weiter sah sie nicht. Sie fluchte gereizt, aber ihre Entschlossenheit minderte sich nicht.