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Dann schrie er:»Vier Linienschiffe!»

Inch stieß einen tiefen Seufzer aus.»Bei Gott, wir haben sie!»

Bolitho preßte die Lippen zusammen und zwang sich, zweimal von der einen Seite des Schiffs auf die andere zu gehen. Vier Schiffe… Das war nur die Hälfte von Lequillers Streitmacht. Wo waren die anderen?

Hinter ihm knurrte Gossett:»Der Nebel wird sich bald heben. Dann sehen wir die Schufte vielleicht.»

Wie üblich hatte er recht, und als der Dunst sich verzog, hob Bo-litho sein Glas, um die verankerten Schiffe zu studieren. Im Licht der Sonne, die erst knapp über den Bergen stand, wirkten die vier schwarz und so solide, als ob sie nie und nimmer sich von ihrem Ankergrund lösen könnten; als mehr Licht den dünner werdenden Dunst durchdrang, erkannte er auch den Grund dafür: Sie lagen an der schmälsten Stelle der Einfahrt, an Bug und Heck verankert. Nach Art und Weise, wie sich das Wasser zwischen den beiden nächsten hob und senkte, erkannte er, daß weitere verborgene Taue sie miteinander verbanden, so daß sie eine mächtige Barriere bildeten. Auf allen Schiffen waren die Stückpforten geschlossen und die Segel sauber festgemacht, doch als mehr Licht auf Rahen und Wanten fiel, sah er winzige Gestalten auf jeder Hütte und flatternde Trikoloren an jeder Gaffel. Es bestand kein Zweifel mehr: Ob die Franzosen die spanische Garnison nun überwunden und unterworfen oder sie nur zu ohnmächtigem Schweigen gezwungen hatten, das Ergebnis war in beiden Fällen gleich. Sie waren kampfbereit und — noch entscheidender — mußten gewußt haben, daß Pelham-

Martins Geschwader unterwegs zu ihnen war. Es mußte viel Mühe und Überlegung gekostet haben, die schweren Zweidecker in dieser Weise festzumachen; der französische Befehlshaber hatte beides bestimmt nicht nur auf gut Glück getan.

Inch sagte:»Gerade so, als ob sie gewollt hätten, daß wir kommen, Sir.»

Bolitho schob mit einem Schnappen sein Glas zusammen.»Genau das. Ich habe mich schon gefragt, weshalb sie den Westindienfahrer in Ruhe gelassen haben, nachdem er sie entdeckt hatte. Le-quiller ist kein Dummkopf, Mr. Inch, und ich hoffe, daß der Kommodore das berücksichtigt.»

Inch nickte zweifelnd.»Ich wüßte gern, was er beabsichtigt, Sir.»

Bolitho studierte eine ganze Minute lang die verankerten Schiffe.

Er war sich des Summens im Rigg bewußt, des Rauschens des Wassers, das am Rumpf entlangstrich, und hörte es dennoch nicht. Unheimlich, die Schiffe so liegen zu sehen. Sie standen fast im rechten Winkel zum Kurs des Geschwaders, Steuerbord voraus, das weitest entfernte dicht unter der fernen Landzunge noch vom Dunst verhüllt. Wenn Pelham-Martin diesen Kurs beibehielt, würden sie hinter dem letzten Schiff vorbeilaufen, oder er konnte abfallen und an der verankerten Formation entlangsegeln und einzeln den Kampf aufnehmen.

Gossett sagte:»Auf dieser Seite der Einfahrt ist reichlich Wasser,

Sir.»

«Ja. «Bolitho hatte es auch schon bemerkt, daß die verankerten Schiffe näher an der anderen Landzunge lagen, wogegen der nächste Zweidecker nur rund drei Kabellängen von den überhängenden Klippen, die jetzt von Sonnenlicht gebadet wurden, entfernt war.

Gascoigne rief: «Indomitable signalisiert an Abdiel, Sir. «Hastig kletterte er drei Webeleinen höher und meldete dann:»Ich kann das Signal nicht erkennen, Sir. Die Hermes verdeckt mir die Sicht.»

«Wenn Abdiel bestätigt, werden wir es sehen, Sir«, sagte Inch.

Bolitho blickte ihn ernst an. Merkwürdig, daß Männer über Fragen der Taktik und über Signale diskutieren konnten, wenn sie bei Einbruch der Nacht doch alle tot sein konnten.

Das Bild der Abdiel verkürzte sich und verlängerte sich wieder, als sie mit flatternden Segeln wendete und Kurs auf das Ende der französischen Formation nahm.

Ein paar Matrosen unter dem Achterdeck begannen ihr zuzujubeln, wahrscheinlich mehr, um die Spannung zu brechen, als in der Hoffnung, die Fregatte zu erreichen.

Bolitho beobachtete schweigend. Pelham-Martin schickte also die Abdiel als erste vor.

Vom Wind wurde schwach der Klang einer Trompete herübergetragen, und als er die Augen gegen das greller werdende Licht beschattete, sah er, daß die französischen Schiffe ihre Stückpforten öffneten. Es erfolgte ebenso gelassen wie gut aufeinander abgestimmt, denn als die Doppelreihen der Rohre hervorstießen, schien es, als würden sie von der Hand eines einzigen Mannes kontrolliert. Eine Rauchwolke stieg am Bug der Abdiel auf, der Sekunden später der scharfe Knall des Abschusses folgte. Ob der Schuß die Entfernung messen sollte oder aus reinem Übermut erfolgt war, ließ sich schwer sagen. Vielleicht hatte der Kommandant der Abdiel den Schuß nur abgegeben, um die Spannung zu brechen. Es war bedauerlich, daß das Los, als erster mit dem Feind in Gefechtsberührung zu kommen, Captain Pring und nicht Farquhar zugefallen war. Die Spartan war von den ausgesandten Schaluppen nicht gefunden worden, zumindest war sie noch nicht eingetroffen. Vielleicht befand Farquhar sich selbst in Schwierigkeiten, aber gerade jetzt hätte Bolitho lieber ihn an der Spitze gesehen als Pring. Nicht daß Pring keinen Ehrgeiz gehabt hätte, aber ihm schien Farquhars kalte Selbstbeherrschung zu fehlen.

Wieder Rauch, und diesmal war es eine unregelmäßige Breitseite. Die Kugeln warfen dünne Fontänen querab vom letzten französischen Schiff auf, in dem Bolitho jetzt das erkannte, das er vor St. Kruis schwer beschädigt hatte. Ohne Glas konnte er die klaffenden Lücken in seinem Schanzkleid erkennen und das rohe Behelfsrigg, das seinen verlorenen Besanmast ersetzte.

Gascoigne rief:»Signal an alle, Sir: Der Kommodore beabsichtigt, achtern vom Feind zu passieren, um die Luvposition zu gewinnen.»

«Sie können laden und ausrennen lassen, Mr. Inch.»

Bolitho wich vor dem plötzlich einsetzenden Gedränge um die Achterdecksgeschütze zum Niedergang zurück. Wenige Sprossen über dem Deck stehend, konnte er beobachten, wie sich die Indomi-table vor das hinterste französische Schiff schob. Zwei Kabellängen weiter würde Pelham-Martin dessen Heck passieren, sein Geschwader herum und parallel an den verankerten Schiffen vorbeiführen. Den französischen Kanonieren würde dann nicht nur die Sonne in die Augen scheinen, sondern sie mußten auch durch den Pulverqualm behindert werden, sobald die Beschießung begann.

Oben in den Masten knatterten die Marssegel laut und füllten sich dann wieder mit Wind. So dicht unter Land war es schwer, sie so zu halten, daß sie gut zogen; zufrieden stellte Bolitho fest, daß Tomlins Leute an den Brassen bereitstanden, den nächsten Befehl zu befolgen.

Inch griff an seinen Hut.»Backbordbatterie geladen und ausgerannt, Sir. «Trotz der fernen Abschüsse der Abdiel schien er entspannt und irgendwie vergnügt zu sein.»Sie waren sogar ein paar Minuten schneller als sonst.»

Bolitho sah die Hermes in einer unerwarteten Strömung überholen und bemerkte, daß auch sie ihre Backbordgeschütze ausgerannt hatte.

Bedächtig sagte er:»Und jetzt die Steuerbordgeschütze, Mr. Inch. «Er packte die Reling, während er beobachtete, wie sich das Bild der Abdiel verkürzte, bis er nur noch ihr Heck sah. Der scharlachrote Wimpel stand so steif an ihrer Gaffel wie ein bemaltes Stück Blech.

Inch hatte lange genug unter Bolitho gedient, um keinen seiner Befehle in Frage zu stellen; als seine Leute überrascht zögerten, legte er die Hände als Trichter an den Mund und schrie:»Laden und ausrennen, ihr Schlafmützen! Unteroffizier, schreiben Sie diesen Mann auf.»

Das hatte die gewünschte Wirkung. Mit knarrenden Lafetten polterten die Kanonen an die Stückpforten. Die Kanoniere glitten auf den feuchten Planken aus, als die schweren Geschütze ihrem Eigengewicht folgten und über das geneigte Deck rollten. Auf dem unteren Batteriedeck wusch die See beinahe über die Stückpforten, als sich das Schiff gehorsam neigte, aber Bolitho atmete unbeschwerter. Es klappte alles, vielleicht sogar zu gut.