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„Ich mache mir ungern das Hemd kaputt“, sagte er gelassen. „Aber das Unterhemd dürfte genügen. Die Hosen möchte ich aber lieber heil lassen; vermutlich brauche ich sie noch, ehe ich mir eine neue verschaffen kann. Sie kommen leichter an die Knoten ran; würden Sie sie bitte aufmachen, Miß Freitag?“

„Nennen Sie mich nicht ›Miß Freitag‹, Pete; wir sind beide KP.“ Ich machte mich an den Knoten zu schaffen. „Warum haben Sie mir das nicht längst gesagt?“

„Das wäre wohl geboten gewesen. Aber es kamen andere Dinge dazwischen.“

„Na bitte! Ach, Ihre Füße sind wirklich kalt! Ich reibe sie ein wenig. Damit der Kreislauf wieder in Gang kommt.“

Später schliefen wir eine Weile; zumindest ich machte die Augen zu. Pete schüttelte mich an der Schulter und sagte leise: „Wachen Sie lieber auf! Wir dürften gleich landen. Ein paar Lichter sind angegangen.“

Hinter und unter der Plane der riesigen Maschine unter der wir geschlafen hatten, schimmerte ein vages Licht. Ich gähnte die Erscheinung an. „Mir ist kalt.“

„Na, Sie haben Grund zum Klagen! Dabei haben Sie innen gelegen, wo es wärmer ist. Ich bin ganz durchgefroren.“

„Das haben Sie auch mehr als verdient. Sie Frauen-schänder, Sie sind zu dünn; als Decke taugen Sie nichts. Pete, wir müssen Ihnen ein bißchen Gewicht verschaffen. Was mich daran erinnert, daß wir noch kein Frühstück bekommen haben. Und der Gedanke an Nahrung … ich glaube, ich muß mich mal wieder übergeben.“

„Äh … schieben Sie sich an mir vorbei und kotzen Sie in die Ecke dort hinten. Nicht hierhin, wo wir drin liegen müßten. Und seien Sie dabei leise; vielleicht ist schon jemand hier im Frachtraum.“

„Gefühlloser, gemeiner Kerl! Nur aus diesem Grund verzichte ich aufs Brechen!“ Alles in allem fühlte ich mich ganz gut. Kurz vor Verlassen von Kabine BB hatte ich eine der kleinen blauen Tabletten genommen, deren Wirkung anzuhalten schien. Ein oder zwei Schmetterlinge flatterten in meinem Magen herum, sie schienen aber nicht besonders energisch zu sein — keine Schmetterlinge von der Sorte; die unbedingt wieder heraus wollen. Den Rest der Pillen die Dr. Jerry mir verschrieben hatte, trug ich bei mir.

„Pete, was machen wir jetzt?“

„Das fragen Sie mich? Sie haben doch diesen Ausbruch angezettelt, nicht ich!“

„Ja, aber Sie sind ein großer, kräftiger, maskuliner Typ, der beim Schlafen schnarcht. Ich dachte, Sie würden das Kommando sofort an sich reißen und sich einen klaren Plan zurechtlegen, während ich die Äuglein zu hatte. Sollte ich mich da irren?“

„Nun ja … Freitag, was hatten Sie denn vor? Was wollten Sie tun, wenn Sie nicht auf mich gestoßen wären?“

„Einen großartigen Plan hatte ich nicht. Nach dem Landen muß irgendwo ein Luk aufgemacht werden,entweder ein Passagierausstieg oder ein Frachtluk; egal, was. Sobald irgend etwas aufgeht, werde ich wie eine aufgescheuchte Katze lospreschen und dabei jeden und alles über den Haufen rennen, das mir im Wege ist — und erst anhalten, wenn ich ein gutes Stück vom Schiff entfernt bin. Ich möchte niemandem weh tun, aber ich hoffe nur, daß sich niemand zu große Mühe gibt, mich aufzuhalten — denn ich werde mich nicht aufhalten lassen.“

„Das ist ein guter Plan.“

„Meinen Sie? Eigentlich ist es überhaupt kein Plan sondern lediglich Entschlossenheit. Eine Tür geht auf und ich sause hinaus.“

„Es ist ein guter Plan, weil er keine raffinierten Winkelzüge enthält, die ihn im entscheidenden Augenblick zum Scheitern bringen könnten. Und Sie haben einen großen Vorteil auf Ihrer Seite. Man wird es nicht wagen, Ihnen etwas anzutun.“

„Ich wünschte, ich könnte dessen sicher sein.“

„Wenn Ihnen etwas passiert, dann nur aus Zufall und der Verantwortliche würde an den Daumen aufgehängt. Mindestens. Nachdem ich nun den Rest Ihrer Geschichte kenne, weiß ich, warum meine Anweisungen so streng waren. Freitag, man will Sie nicht tot-oder-lebendig wiederhaben; man braucht Sie bei bester Gesundheit. Man wird Sie lieber entkommen lassen, als Ihnen etwas antun.“

„Dann ist es ja ein Kinderspiel.“

„Darauf sollten Sie sich nicht verlassen. Sie sind zwar eine Wildkatze, doch wissen Sie auch, daß genügend Männer es schaffen, Sie zu packen und niederzudrücken; es wäre nicht das erstemal. Wenn die anderen wissen, daß Sie untergetaucht sind — und dasnehme ich an, denn das Boot hätte die Kreisbahn nach Fahrplan vor einer guten Stunde verlassen sollen …“

„Oh!“ Ich warf einen Blick auf meinen Finger. „Ja wir sollten längst unten sein. Pete, sucht man nach mir?“

„Ich nehme es an. Aber es war sinnlos, Sie zu wekken, ehe das Licht anging. Inzwischen hat man vier Stunden Zeit gehabt, sich zu überzeugen, daß Sie sich nicht auf dem Oberdeck unter den Ausflüglern der Ersten Klasse befinden. Die Auswanderer hat man bestimmt ebenfalls schon ausgemustert. Wenn Sie also hier sind — und nicht oben im großen Schiff — müssen Sie sich in diesem Laderaum befinden. Das ist natürlich sehr vereinfacht dargestellt, denn in einem geschlossenen System wie diesem kann man auf vielfältige Weise Verstecken spielen. Man wird aber die zwei Engpässe im Auge behalten, die Frachttür auf dieser Ebene und die Passagiertür auf dem Deck über uns. Freitag, wenn man genügend Leute einsetzt — und das wird man tun — und wenn diese Handlanger mit Netzen und Klebeseilen und anderen Fanggeräten ausgerüstet sind — und damit müssen wir rechnen —, dann fängt man Sie, ohne Ihnen weh zu tun sobald Sie dieses Boot verlassen.“

„Oh.“ Ich dachte über seine Worte nach. „Pete — wenn es dazu kommt, wird es vorher aber Tote und Verwundete geben. Durchaus möglich, daß ich selbst dabei umkomme — doch für meine Leiche wird auf jeden Fall ein hoher Preis fällig. Vielen Dank, daß Sie mich gewarnt haben.“

„Vielleicht arbeitet man nicht ganz so. Man wird auf jeden Fall viele Wächter aufstellen, was zur Folgehat, daß Sie sich im Hintergrund halten. Die Auswanderer verlassen also das Boot — vermutlich wissen Sie, daß sie dazu das Frachtluk benutzen?“

„Nein.“

„Ja. Sie werden hinausgelassen und einzeln abgehakt. Dann macht man das Frachtluk zu und versprüht hier drinnen ein Schlafmittel. Oder Tränengas das Sie zwingt, aus dem Versteck zu kommen, während Sie sich die Augen wischen.“

„Brrr! Pete, gibt es diese Gase an Bord wirklich?“

„Diese und schlimmere. Hören Sie, der Kapitän dieses Schiffes ist Lichtjahre von Gesetz und Ordnung entfernt und verfügt über eine Handvoll Leute denen er im Notfall wirklich vertrauen kann. In der Vierten Klasse befördert dieses Schiff beinahe auf jeder Reise eine Horde verurteilter Verbrecher, die wirklich jede Chance nützen würden. Natürlich kann er in jedem Segment selektiv mit verschiedenen GasSorten arbeiten. Freitag, Sie werden aber nicht mehr hier sein, wenn das Gas ausströmt.“

„Wie bitte? Reden Sie weiter!“

„Die Auswanderer kommen den Mittelgang dieses Laderaums entlang. Auf diesem Flug sind es beinahe dreihundert; sie waren in ihren Quartieren sicher beengter, als es die Sicherheitsvorschriften erlauben.

Der Auswandereranteil ist auf diesem Flug so groß daß sie sich in der kurzen Zeit sicher noch nicht alle persönlich kennen. Das machen wir uns zunutze.

Außerdem eine sehr, sehr alte Methode, Freitag, die Odysseus schon gegen Polyphem einsetzte …“

Pete und ich versteckten uns in einer beinahe dunklen Ecke, die von der hohen Seite des Generators undeiner riesigen Kiste gebildet wurde. Die Beleuchtung veränderte sich, und wir hörten das Murmeln zahlreicher Stimmen. „Sie kommen“, flüsterte Pete.

„Denken Sie daran, am besten ist jemand, der zuviel zu tragen hat. An Auswahl wird es nicht fehlen. Unsere Kleidung ist in Ordnung — wir sehen wirklich nicht nach der Ersten Klasse aus. Aber wir müssen etwas tragen. Auswanderer sind stets schwer beladen; das weiß ich zuverlässig.“

„Ich werde versuchen, einer Frau das Kind zu tragen“, sagte ich.