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Poul Anderson

High Crusade — Frikassee im Weltraum

Für Jens Christian und Nancy Hostrup

aber auch für Per und Janne —

voller Dankbarkeit und Hoffnung

PROLOG

Der Kapitän blickte auf. Im Licht der Schreibtischlampe wirkte sein Gesicht, als bestünde es aus dunklen Tälern und aus gezackten Gipfeln. Ein Bullauge stand der Som­mernacht einer fremden Welt offen.

»Nun?« sagte er.

»Ich habe es übersetzen lassen, Sir«, antwortete der Soziotechniker. »Ich mußte von den modernen Sprachen zurück extrapolieren, deshalb hat es so lange gedauert. Aber im Laufe meiner Arbeit habe ich genügend gelernt, um mit diesen... Geschöpfen sprechen zu kön­nen.«

»Gut«, brummte der Kapitän. »Jetzt kriegen wir viel­leicht doch noch heraus, was das Ganze soll. Donner und Blitz! Ich hab' hier draußen mit allem möglichen gerech­net, aber nicht damit.!«

»Ich weiß, wie Ihnen zumute ist, Sir. Selbst mit den ganzen greifbaren Beweisen vor Augen fiel es mir immer noch schwer, dem Bericht zu glauben.«

»Schon gut, ich will ihn sofort lesen. Man bekommt ja hier doch keine Ruhe.« Der Kapitän entließ den Soziotechniker mit einem Kopfnicken.

Einen Augenblick lang saß der Kapitän unbewegt da, sah das Dokument an, ohne es dabei wirklich zu sehen. Das Buch selbst war eindrucksvoll antik gewesen, Unzialen auf Pergament, zwischen massiven Deckeln. Diese Übersetzung hingegen war ganz prosaisch mit der Maschine geschrieben. Und doch hatte er beinahe Angst, die Seiten umzublättern, Angst vor dem, was er vielleicht erfahren würde. Vor mehr als tausend Jahren hatte es eine schreckliche Katastrophe gegeben; das Echo ihrer Nachwirkungen war noch zu vernehmen. Der Kapitän kam sich sehr klein und einsam vor. Die Heimat war fern. Und doch... Er begann zu lesen.

KAPITEL 1

Erzbischof William, ein höchst gelehrter und heiliger Prälat, hat mir befohlen, jene großen Ereignisse, deren demütiger Zeuge ich war, in englischer Sprache niederzu­schreiben. Und so ergreife ich im Namen des Herrn und meines Namenspatrons den Federkiel, vertraue darauf, daß sie meinen schwachen Kräften der Erzählung zu Hilfe kommen mögen, um künftiger Generationen willen, die vielleicht mit Nutzen den Bericht des Feldzugs von Sir Roger de Tourneville studieren und daraus lernen mögen, den großen Gott zu verehren, durch den alle Dinge geschehen.

Ich werde von diesen Ereignissen genauso schreiben, wie ich sie in Erinnerung habe, ohne Furcht und zu nie­mandes Vorteil, um so mehr, als die meisten, die es betrifft, jetzt tot sind. Ich selbst war ganz bedeutungslos, aber da es sich geziemt, den Chronisten bekanntzu­machen, auf daß die Menschen sich darüber ein Urteil bilden mögen, wie vertrauenswürdig er ist, sei es mir ge­stattet, zuerst ein paar Worte über ihn zu sagen.

Ich wurde gut vierzig Jahre vor dem Beginn meiner Ge­schichte als jüngster Sohn von Wat Brown geboren. Er war ein Schmied in der kleinen Ortschaft Ansby im Nordosten der Grafschaft Lincolnshire. Die Ländereien waren dem Baron de Tourneville zu Lehen gegeben, des­sen alte Burg auf einem Hügel über der Stadt stand. Auch gab es dort eine kleine Abtei des Franziskanerordens, dem ich als Knabe beitrat. Da ich mir einiges Geschick (wie ich fürchte, das einzige Geschick, das ich besitze) im Lesen und Schreiben erworben hatte, machte man mich oft zum Lehrer dieser Künste für die Novizen und die Kinder der Laien. Den Namen, den man mir als Knaben gab, übersetzte ich ins Lateinische und machte ihn zu mei­nem Ordensnamen, gleichsam eine Lektion in Beschei­denheit, und so bin ich Bruder Parvus. Denn ich bin von kleinem Wuchs und nicht von der Natur begünstigt, dafür jedoch glücklich, das Vertrauen der Kinder zu genießen.

Im Jahre der Gnade 1345 sammelte Sir Roger eine Armee, um unserem mächtigen König Edward III. und seinem Sohn im französischen Krieg zur Seite zu stehen. Ansby war der Versammlungsort. Am ersten Tag des Mai war die ganze Armee versammelt. Sie bezog zwar auf der Gemeindewiese ihr Lager, verwandelte aber dennoch unsere stille Ortschaft in einen einzigen Aufruhr. Bogen­schützen, Armbrustschützen, Pikenträger und Kavallerie schwärmten durch die schlammigen Straßen, trinkend, spielend, hurend, scherzend und streitend, zum Schaden ihrer Seele und unserer schindelgedeckten Hütten. In der Tat verloren wir zwei Häuser an das Feuer. Und doch tru­gen sie ungewohnte Glut in unsere Mitte, ein Gefühl des Ruhms, von der Art, daß selbst die Sklaven wehmütig daran dachten, wie schön es wäre, sich ihnen anzuschlie­ßen, wäre es nur möglich. Selbst ich gab mich solchen Gedanken hin. Für mich hätte es sich sogar verwirklichen können, denn ich hatte Sir Rogers Sohn unterrichtet und auch seine Bücher in Ordnung gebracht. Der Baron sprach davon, mich zu seinem Amanuensis zum machen; doch mein Abt hegte noch Zweifel.

So standen die Dinge, als das Wersgor-Schiff eintraf. Ich erinnere mich noch gut an den Tag. Ich war drau­ßen und hatte einen Gang zu tun. Das Wetter war wieder sonnig geworden, vorher hatte es geregnet, und die Straße war knöcheltief mit Schlamm bedeckt. Ich bahnte mir durch die Soldatengruppen meinen Weg und nickte denen zu, die ich kannte. Plötzlich erhob sich großes Geschrei. Ich hob den Kopf wie die anderen.

Fürwahr! Es war wie ein Wunder! Durch den Himmel senkte sich ein Schiff, das ganz aus Metall war, und es schien ungeheuerlich anzuschwellen, je näher es kam. Die Sonne spiegelte sich so grell in seinen polierten Wän­den, daß ich seine Form gar nicht deutlich zu erkennen vermochte. Ein riesiger Zylinder, dachte ich, gut zweitau­send Fuß lang. Und sah man vom Pfeifen des Windes ab, so bewegte es sich ohne Geräusch.

Jemand schrie. Eine Frau kniete in einer Pfütze nieder und begann, Gebete herunterzuleiern. Ein Mann schrie, seine Sünden hätten ihn ereilt, und kniete neben ihr nie­der. So sehr auch dieses Tun Gott wohlgefällig war, so war mir doch klar, daß in einer solchen Masse Menschen Leute zu Tode getrampelt würden, wenn es zu einer Panik kam. Und das war ohne Zweifel nicht der Wunsch Got­tes, selbst wenn Er diese Heimsuchung geschickt hatte.

Kaum wissend, was ich tat, sprang ich auf eine mäch­tige eiserne Bombarde, deren Lafette bis zur Achse in unserer Straße versunken war. »Bleibt stehen!« rief ich. »Habt keine Angst! Bewahrt den Glauben und bleibt ste­hen!«

Meine schwache Stimme verhallte ungehört. Dann sprang Red John Hameward, der Hauptmann der Lang­bogenschützen, neben mir auf die Kanone. Ein munterer Riese mit Haaren wie gesponnenes Kupfer und wilden blauen Augen, war er seit seiner Ankunft in Ansby mein Freund gewesen.

»Ich weiß nicht, was jenes Ding ist«, brüllte er. Seine Stimme rollte über das allgemeine Murmeln, das langsam erstarb. »Vielleicht ein Trick der Franzosen. Aber es mag auch sein, daß es freundlich gestimmt ist, und dann würde unsere Furcht um so dümmer wirken. Folgt mir, jeder Soldat, wir wollen ihm entgegentreten, wenn es lan­det.«

»Zauberei!« schrie ein alter Mann. »Das ist Hexerei, das ist unser Untergang!«

»Nein«, sagte ich. »Hexerei kann guten Christen nichts anhaben.«

»Aber ich bin ein armseliger Sünder«, jammerte er.

»Sankt Georg und König Edward!« Red John sprang vom Kanonenrohr, rannte die Straße hinunter. Ich raffte meine Kutte und keuchte hinter ihm her, versuchte, mich an die Formeln für die Teufelsaustreibung zu erinnern. Als ich mich umsah, stellte ich zu meiner Überraschung fest, daß der größte Teil der Kompanie uns folgte. Wohl weniger, weil sie sich am Beispiel des Bogenschützen ein Herz gefaßt hatten, als vielmehr, weil sie Angst hatten, ohne Führer allein gelassen zu werden. Aber sie folgten uns — in ihr eigenes Lager, um sich die Waffen zu holen, und dann auf die Gemeindewiese hinaus. Ich sah, wie die Reiter sich aufs Pferd geworfen hatten und jetzt vor der Burg hügelabwärts donnerten.