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Es grenzte wirklich an das Wunderbare, wie schnell mein Herr aus der Niedergeschlagenheit zur Kühnheit zurückfand. Natürlich war das eine Maske, die er um der anderen willen aufsetzte, aber wie viele Männer gab es, die dazu imstande gewesen wären? Er war wahrhaft ein Führer ohnegleichen; ich schreibe das dem Blut König Wilhelms des Eroberers zu, von dem ein illegitimer Enkel eine illegitime Tochter jenes Earl Godfrey geheiratet hatte, der später wegen Piraterei geächtet worden war und das so edle Haus de Tourneville gegründet hatte.

»Kommt«, sagte der Baron mit einem Anflug von Heiter­keit. »So schlimm ist dieses nicht. Wir brauchen bloß mit mutigem Herzen zu handeln, dann wird der Tag uns gehören. Vergeßt nicht, wir halten eine ganze Anzahl von Gefangenen fest, die wir in einem Handel einsetzen können. Wenn wir noch einmal kämpfen, dann haben wir bereits bewiesen, daß sie uns unter auch nur annähernd gleichen Bedingungen nicht gewachsen sind. Ich gebe zu, ihre Zahl ist größer als die unsere, und sie haben mehr Erfahrung im Umgang mit diesen Teufelswaffen. Aber was soll's? Das wäre nicht das erste Mal, daß tapfere Männer unter guter Führung eine scheinbar stärkere Armee vom Felde gejagt haben. Im schlimmsten Fall bleibt uns immer noch der Rückzug. Wir besitzen genügend Himmelsschiffe und können in den grenzenlosen Tiefen des Weltalls die Verfolger abschütteln.

Aber ich bin dafür, hierzubleiben, geschickt zu verhan­deln, zu kämpfen, wo immer nötig, und auf Gott zu ver­trauen. Sicher kann doch Er, der für Joshua die Sonne ange­halten hat, eine Million Wersgorix erschlagen, wenn es Ihm gefällt, denn Seine Gnade währt ewig. Sobald wir dem Gegner die richtigen Konditionen abgerungen haben, werden wir Ihn dazu bringen, für uns unsere Heimat zu finden und unserer Schiffe mit Gold vollzustopfen. Ich sage euch, behaltet euren Mut! Zum Ruhm Gottes, der Ehre Englands und der Bereicherung von uns allen.«

Damit packte er sie, trug sie auf der Welle seiner eigenen Begeisterung nach oben, und am Ende jubelten sie ihm zu. Sie drängten sich nahe heran, legten die Hände auf seine Hände über dem großen blitzenden Schwert und schworen, treu zu bleiben, bis die Gefahr vorüber war. Hernach verstich eine Stunde mit eifriger Planung — das meiste allerdings leider vergeudet, denn Gott läßt selten das geschehen, was der Mensch erwartet. Schließlich gingen alle zur Ruhe.

Ich sah wie mein Herr den Arm seiner Gemahlin nahm und sie in seinen Pavillon führte. Sie sprach im Flü­sterton zu ihm, man konnte sehen, daß es harte Worte waren; sie war nicht bereit, seine Proteste anzuhören, und stand da und wies ihn in die feindliche Nacht hinaus. Der größere Mond, der bereits am Sinken war, hüllte sie in kaltes Feuer.

Es war seltsam, daß ein Mann so hilflos gegenüber einer Frau sein konnte. Wie er so dalag, hatte er etwas Geschlagenes, Beklagenswertes an sich. Ich fand, daß es uns allen ein schlechtes Omen war.

KAPITEL 8

Zuerst waren wir zu aufgeregt, um darauf zu achten, und nachher schliefen wir zu lange. Aber als ich wieder erwachte und feststellte, daß es immer noch dunkel war, prüfte ich die Bewegung der Sterne an den Bäumen. Ah, wie langsam! Die Nacht hier war um ein Viel­faches länger als auf der Erde.

Diese Tatsache für sich machte unseren Leuten schon große Angst. Daß wir nicht flohen (inzwischen ließ es sich nicht mehr verbergen, daß uns Verrat und nicht etwa eigener Wunsch hierhergebracht hatte) war vielen ein Rätsel. Aber zumindest rechneten sie damit, Wochen für das zur Verfügung zu haben, was der Baron entschied.

Der Schock, als dann bereits vor der Morgendämmerung feindliche Schiffe auftauchten, war groß.

»Seid guten Mutes«, rief ich Red John, als der mit seinen Bogenschützen im grauen Nebel schauderte. »Es ist nicht an dem, daß sie magische Kräfte besitzen. Man hat euch beim Kapitänsrat davor gewarnt. Es ist nur, daß sie über Hunderte von Meilen sprechen und solche Entfernungen in Minuten durchfliegen können. So verbreitete sich die Kunde von uns, sobald einer der Flüchtlinge den nächsten Ort erreicht hatte.«

»Nun«, meinte Red John gar nicht unvernünftig, »wenn das keine Zauberei ist, wüßte ich gerne, was es dann ist.«

»Wenn es Zauber ist, so brauchst du keine Furcht zu haben«, antwortete ich, »denn die schwarzen Künste ver­mögen guten Christenmenschen nichts anzuhaben. Doch ich sage es dir noch einmal. dies ist lediglich Geschick in den Künsten der Mechanik und des Krieges.«

»Und die vermögen g-g-guten Christenmenschen sehr wohl etwas anzuhaben!« stammelte ein Bogenschütze. John versetzte ihm einen Nasenstümper und brachte ihn damit zum Schweigen, während ich meine vorlaute Zunge verfluchte.

In jenem fahlen, unsicheren Licht konnten wir viele Schiffe am Himmel schweben sehen, von denen einige so groß wie unser zerbrochener Kreuzfahrer waren. Meine Knie schlotterten unter meiner Kutte. Natürlich befanden wir uns alle innerhalb des Kraftschirmes der kleineren Festung, der nie abgeschaltet worden war. Unsere Kano­niere hatten bereits entdeckt, daß die Feuerbombarden, die hier aufgestellt waren, über ebenso einfache Kontrol­len verfügten wie die im Raumschiff, und so standen sie schußbereit. Ich aber wußte, daß wir über keine echte Verteidigungsmöglichkeit verfügten. Eine jener mäch­tigen Explosivkugeln, von denen ich Andeutungen gehört hatte, konnte abgefeuert werden. Oder die Wersgorix könnten zu Fuß angreifen und uns mit schier zahlenmäßi­ger Übermacht überwältigen.

Und doch schwebten jene Schiffe nur, schwebten in völliger Stille unter den unbekannten Sternen. Als schließlich der erste fahle Schein der Morgendämmerung sich in ihren Flanken spiegelte, verließ ich die Bogen­schützen und hastete durch das taufeuchte Gras zur Kavallerie. Sir Roger saß im Sattel und spähte himmel­wärts. Er trug schimmernde Wehr und hielt den Helm in der Armbeuge, und keiner konnte von seinem Gesicht ablesen, wie wenig Schlaf ihm zuteil geworden war.

»Guten Morgen, Bruder Parvus«, sagte er. »Das war eine lange Finsternis.«

Sir Owain, der dicht daneben im Sattel saß, befeuch­tete sich die Lippen. Er war blaß, und seine großen Augen mit den langen Wimpern schienen in dunklen Höhlen zu ruhen. »Nicht einmal mitten im Winter hat sich eine Nacht in England so lang hingezogen«, sagte er und bekreuzigte sich.

»Um so mehr Tageslicht dann«, sagte Sir Roger. Er wirkte beinahe vergnügt, jetzt, da er es bloß mit Feinden und nicht mit ungebärdigem Weibsvolk zu tun hatte. Sir Owains Stimme klang, wie wenn man einen trockenen Ast zerbricht.

»Warum greifen sie nicht an?« schrie er. »Warum warten sie bloß dort oben?«

»Das dürfte offensichtlich sein. Ich hätte nie gedacht, daß es der Erwähnung bedürfte«, sagte Sir Roger. »Haben sie nicht guten Grund, vor uns Angst zu haben?«

»Was?« fragte ich. »Nun, Sire, natürlich sind wir Eng­länder. Dennoch.« Mein Blick wanderte nach hinten, über die armselig wsnigen Zelte, die sich um die Festungs­mauern drängten, über die schmutzigen, irgendwie her­untergekommen wirkenden Soldaten, die dicht aneinan­der gedrängten Frauen, die alten Leute, die jammernden Kinder, über Vieh, Schweine, Schafe, Geflügel, die von Fluchenden Sklaven gehütet wurden, über Töpfe, in denen der Haferbrei für das Frühstück brodelte.

»Obwohl ich sagen muß, Mylord«, fügte ich dann hinzu, »daß wir im Augenblick eher wie Franzosen aussehen.«

Der Baron grinste. »Was wissen die schon von Franzo­sen und Engländern? Was das betrifft — mein seliger Vater war in Bannockbum, als eine Handvoll herunterge­kommener schottischer Pikenträger das ganze Kavalierstum von König Edward II. besiegten. Und alles, was die Wersgorix jetzt über uns wissen, ist, daß wir plötzlich aus dem Nichts gekommen sind und — wenn Branithars Prahlerei wahr ist — getan haben, was noch nie ein ande­res Herr geschafft hat: nämlich eine ihrer Befestigungen eingenommen! Würdest du dich nicht auch nur mit größ­ter Vorsicht bewegen, wenn du ihr Konstabler wärest?«