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Der Wersgor zuckte zurück. Seine geringen Englisch­kenntnisse reichten aus, um ihn verstehen zu lassen, worum das Gespräch sich drehte. »Das werdet Ihr nicht tun!« schrie er. »Kein zivilisierter.«

»Jetzt zeigt mir Eure Hand, wenn Ihr erlaubt.« Hubert holte eine Daumenschraube aus seinem Beutel und hielt sie an die blauen Finger. »Ja, ja, die paßt gut.« Er holte eine Sammlung kleiner Messer heraus. »Sumer is icumen in«, summte er, »Ihude sing cucu.«

Branithar schluckte. »Aber ihr seid nicht zivilisiert«, sagte er mit schwacher Stimme. Dann schluckte er noch einmal und stieß hervor: »Also gut. Ich will es tun. Ver­flucht sollt ihr sein als ein Rudel Tiere! Wenn mein Volk euch zerschmettert hat, bin ich an der Reihe!«

»Ich kann warten«, versicherte ich ihm.

Sir Roger strahlte. Aber plötzlich wurde sein Gesicht wieder ernst, fast traurig. Der taube alte Henker war immer noch mit seinen Gerätschaften zu Werke. »Bruder Parvus«, sagte mein Herr, »würdest du. könntest du. es Hubert beibringen? Ich muß gestehen, ich habe nicht das Herz, es ihm zu sagen.«

Ich tröstete den alten Burschen mit dem Hinweis, wenn Branithar beim Lügen ertappt werden sollte oder uns sonst nicht auf angemessene Weise half, würde Strafe angebracht sein. Das brachte ihn dazu, vergnügt davonzuhumpeln, um ein Rad aufzubauen. Ich wies Branithars Wache an, dafür zu sorgen, daß der Wersgor dieses Werk auch zu sehen bekam.

KAPITEL 10

Endlich war der Zeitpunkt der Konferenz herangerückt.

Da die meisten seiner wichtigen Gefolgsleute mit dem Studium feindlicher Gerätschaften und Aufzeichnungen beschäftigt waren, füllte Sir Roger die zwanzigköpfige Delegation dadurch auf, daß er deren Damen in ihren schönsten Kleidern mitnahm. Davon abgesehen begleiteten ihn und mich nur ein paar unbewaffnete Soldaten in geliehener Hoftracht.

Während sie über das Feld auf das pergolaähnliche Gebilde zuritten, welches eine Wersgormaschine binnen einer Stunde aus irgendeinem schimmernden perligen Material zwischen den beiden Lagern errichtet hatte, sagte Sir Roger zu seiner Frau: »Wenn ich eine andere Wahl hätte, würde ich dich nicht einer solchen Gefahr aussetzen. Es ist nur, daß wir sie mit unserer Macht und unserem Wohlstand beeindrucken müssen.«

Ihr Gesicht blieb steinern und wandte sich von ihm ab, zurück zu den mächtigen, drohend wirkenden Säulen der abgestellten Schiffe. »Ich befinde mich dort nicht in grö­ßerer Gefahr, Mylord, als meine Kinder dort hinten im Pavillon.«

»Beim Namen des Herrn!« stöhnte er. »Ich habe einen Fehler gemacht. Ich hätte jenes verfluchte Schiff in Frie­den lassen und dem König Nachricht senden sollen. Aber willst du mir unser ganzes Leben lang meinen Fehler vor­halten?«

»Ein langes Leben wird es nicht sein, dank deinem Feh­ler«, sagte sie.

Er zügelte sein Pferd. »Bei unserer Hochzeit hast du geschworen.«

»O ja. Und hab' ich meinen Eid nicht gehalten? Ich habe dir meinen Gehorsam nicht verweigert.« Ihre Wan­gen flammten. »Aber nur Gott alleine kann meinen Gefühlen befehlen.«

»Ich werde dich nicht länger belästigen«, sagte er mit belegter Stimme.

Ich hörte dies nicht mit eigenen Ohren. Sie ritten uns allen voran, und der Wind ließ ihre scharlachroten Män­tel, sein federgeschmücktes Barett und die Schleier an ihrer kegelförmigen Kopfbedeckung flattern — das Bild des perfekten Ritters und seiner Dame. Trotzdem zeichne ich es hier auf, mutmaßend im Lichte des Unheils, das sich anschloß.

Da Lady Catherine von edlem Geblüt war, hielt sie ihr Temperament im Zügel. Als wir am Treffpunkt anhielten, zeigten ihre zart geschnittenen Züge nur kalten Groll, der dem gemeinsamen Feinde galt. Sie nahm Sir Rogers Hand und stieg graziös wie eine Katze aus dem Sattel. Er ging etwas schwerfälliger voran, die Brauen finster gefurcht.

Im Inneren der mit Vorhängen verkleideten Pergola stand ein runder Tisch, umgeben von einer Art mit Kissen belegter Kirchenstühle. Die Wersgor-Häuptlinge füll­ten eine Hälfte, und ihre blauen Gesichter mit den vor­springenden Schnauzen zeigten keine uns begreiflichen Regungen, doch ihre Augen flackerten nervös. Sie trugen Waffenröcke aus geflochtenem Metall, mit Bronze-Rang­abzeichen. In Samt und Seide, mit goldenen Ketten, Straußenfedern, geschlitzten Puffärmeln und Schnabel­schuhen wirkten die Engländer wie Pfauen in einem Hüh­nerhof. Ich konnte erkennen, daß die Fremden stutzten. Die kontrastierende Schlichtheit meines Ordenskleides erschreckte sie um so mehr.

Ich faltete im Stehen die Hände und sagte in der Wersgorsprache; »Erlaubt mir, für den Erfolg dieser Verhandlung und als Siegel der Waffenruhe ein Paternoster zu sprechen.«

»Ein was?« fragte der Oberste der Feinde. Er war etwas fett, wirkte aber würdig und hatte ein ausgeprägtes, kräftiges Gesicht.

»Schweigen bitte.« Ich hätte es erklärt, aber ihre abscheuliche Sprache schien kein Wort für den Begriff Gebet zu besitzen; ich hatte Branithar gefragt. »Pater noster, qui es in coelis«, begann ich, während die anderen Engländer mit mir niederknieten.

Ich hörte, wie einer der Wersgorix murmelte: »Seht, Ich habe euch ja gesagt, daß es Barbaren sind. Das ist irgendein abergläubisches Ritual.«

»Da bin ich nicht sicher«, antwortete der Oberste zwei­felnd. »Die Jairs von Boda haben bestimmte Formeln für psychologische Integration. Ich habe selbst erlebt, wie sie zeitweise ihre Kraft verdoppeln oder eine Wunde am Blu­ten hinderten oder tagelang ohne Schlaf aushielten. Die Kontrolle über die inneren Organe vermittels des Nerven­systems. Und wenn es auch unsere Propaganda anders darstellt, wißt Ihr sehr wohl, daß die Jairs genauso wissenschaftlich handeln wie wir.«

Ich konnte diesen geheimen Austausch verstehen, aber ihnen schien das nicht bewußt zu sein. Jetzt erinnerte ich mich auch, daß mir Branithar gelegentlich ein wenig taub vorgekommen war; offensichtlich hatten alle Wersgorix weniger scharfe Ohren als wir Menschen. Wie ich später erfahren sollte, rührte das daher, daß ihr Heimatplanet dichtere Luft als Terra hatte, was dazu führte, daß sie Geräusche lauter vernahmen. Hier auf Tharixan, wo die Luft etwa so wie in England war, mußten sie ihre Stimmen anheben, um gehört zu werden. Zu jener Zeit nahm ich Gottes Geschenk dankbar an, ohne mir die Zeit zu nehmen, darüber nachzudenken oder den Feind zu warnen.

»Amen«, schloß ich. Wir setzen uns alle an den Tisch.

Sir Roger durchbohrte den Anführer der Feinde mit blitzenden grauen Augen. »Verhandle ich mit einer Per­son von angemessenem Rang?« fragte er. Ich übersetzte.

»Was meint er mit ›Rang‹?« wunderte sich der Anfüh­rer der Wersgorix. »Ich bin der Gouverneur dieses Plane­ten, und dies sind die leitenden Offiziere seiner Sicher­heitskräfte.«

»Er meint«, sagte ich, »seid Ihr von genügend hoher Geburt, daß er sich nichts vergibt, wenn er mit Euch ver­handelt?«

Sie wirkten noch verwirrter. Ich erklärte den Begriff der edlen Geburt so gut ich konnte, was angesichts mei­nes beschränkten Vokabulars nicht leicht war. Wir muß­ten uns eine Weile bemühen, bis einer der Fremden zu sei­nem Herrn sagte: