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Ihr Schiff entfernte sich heulend aus der Atmosphäre und nahm wieder Kurs auf die feindlichen Sterne.

KAPITEL 20

Sir Roger hatte sein Quartier auf dem Planeten aufgeschlagen, den wir New Avalon nannten. Unsere Leute brauchten Ruhe, und er brauchte Ruhe, und er brauche Zeit, um die vielen Fragen zu entscheiden, die sich in Zusammenhang mit der Sicherung jenes riesigen Reiches ergaben, das ihm bereits zugefallen war. Außerdem stand er in Geheimverhandlungen mit dem Wersgor-Gouverneur eines ganzen Sternhaufens. Diese Person schien willens zu sein, alles, was er kontrollierte, zu übergeben, wenn wir ihm dafür angemessene Garantien und entsprechende Bestechung zukommen ließen. Die Verhandlungen machten nur langsame Fortschritte, aber Sir Rogerwar überzeugt, sie zu einem guten Ende führen zu können.

»Sie wissen hier draußen so wenig über die Entdeckung und den Einsatz von Verrätern«, bemerkte er mir gegen­über, »daß ich diesen Burschen für weniger als eine italie­nische Stadt kaufen kann. Unsere Verbündeten haben das nie versucht, weil sie glaubten, die Wersgor-Nation sei so solide wie ihre eigene. Und doch — ist es denn nicht logisch, daß ein so loses Netz von Herrensitzen, das durch Tage und Wochen der Reise getrennt ist, in vieler Hinsicht einem europäischen Land gleichen muß? Nur noch korrupter.«

»Da ihnen der wahre Glaube fehlt«, sagte ich.

»Mhm, nun ja, ohne Zweifel. Obwohl ich noch nie Christen gefunden habe, die aus religiösen Gründen Bestechung abgelehnt hätten. Ich dachte vielmehr, die Art von Regierung, wie sie die Wersgorix führten, erzeugt keine Treue.«

Jedenfalls hatten wir eine kurze Weile Frieden und lagerten in einem Tal unter atemberaubend hohen Klip­pen. Ein Wasserfall donnerte gerade wie ein Pfeil in einen See, der klarer als Glas war und den Bäume säumten. Selbst unser lautes, ungeordnetes englisches Lager konnte soviel Schönheit nichts anhaben.

Ich hatte mich einem hölzernen Sessel außerhalb mei­nes eigenen kleinen Zeltes niedergelassen. Meine Studien hatte ich für eine Weile beiseite gelegt und erbaute mich an einem Buch von zu Hause, einer entspannenden Chro­nik der Wunder des heiligen Cosmas. Wie aus weiter Ferne hörte ich das Knattern eines Übungsschießens, das Pfeifen der Bogensehnen, das vergnügte Klappern des Spiels mit dem Quarterstaff. Ich schlief beinahe ein, als neben mir schnelle Schritte ertönten und schließlich zum Stillstand kamen.

Erschreckt blickte ich auf in das furchtverzerrte Gesicht eines Knappen des Barons. »Bruder Parvus!« sagte er. »Um Gottes willen, komm sofort!«

»Mhm, äh, hm?« sagte ich schläfrig und benommen.

»Genau«, stöhnte er.

Ich raffte meine Kutte und trottete hinter ihm her. Das Sonnenlicht, die blühenden Bäume und das Lied der Vögel über uns schienen plötzlich sehr fern. Ich kannte nur den schnellen Schlag meines Herzen, und plötzlich war mir wieder klar, wie wenige wir doch waren und wie schwach und wie weit von zu Hause. »Was ist denn?«

»Ich weiß nicht«, sagte der Knappe. »Über den Weit­sprecher kam eine Botschaft; eines unserer Streifenschiffe hat sie aus dem Weltraum übernommen. Sir Owain wünscht ein Gespräch mit meinem Herrn. Ich weiß nicht, was gesprochen wurde. Aber Sir Roger torkelte wie ein Blinder aus seinem Zelt und brüllte nach dir. Oh, Bruder Parvus, es war schrecklich anzusehen!«

Ich dachte, ich sollte für uns alle beten, da wir ohne Zweifel dem Untergang geweiht waren, wenn die Kraft und die Schlauheit des Barons uns nicht länger stützen konnten. Er hatte soviel ertragen und zu lange und nie eine Seele gehabt, die die Last mit ihm teilen konnte. All ihr tapferen Heiligen, dachte ich, steht ihm jetzt bei.

Red John Hameward hielt vor dem tragbaren Jair-Unterschlupf Wache. Er hatte erspäht, daß sein Mei­ster litt, und war vom Schießplatz herbeigeeilt. Mit gespanntem Bogen brüllte er die Menge an, die sich um ihn drängte, und murmelte: »Zurück! An eure Plätze! Beim Tode Gottes, diesen Pfeil jage ich dem ersten durch die Brust, der meinen Lord belästigt, und dem nächsten breche ich den Hals! Geht, hab' ich gesagt!«

Ich schob den Hünen beiseite und trat ein. Drinnen war es heiß. Das Sonnenlicht fiel gefiltert herein, obwohl das durchscheinende Dach eine dicke Farbschicht trug. Die Behausung war vorwiegend mit vertrauten Dingen ausge­stattet, Leder, Teppichen, Rüstungen. Aber auf einem Regal standen Instrumente fremder Herkunft, und über dem Boden war ein großer Weitsprecher aufgestellt.

Davor saß Sir Roger zusammengesunken in einem Ses­sel, das Kinn auf der Brust. Seine großen Hände hingen schlaff herunter. Ich stahl mich von hinten herein und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Was ist, Sire?« fragte ich so leise ich konnte.

Er bewegte sich kaum.

»Geh weg«, sagte er.

»Ihr habt nach mir gerufen.«

»Ich wußte nicht, was ich tat. Das ist nur zwischen mir und — geh weg.«

Seine Stimme war ausdruckslos, und doch mußte ich meine ganze schwache Courage einsetzen, um vor ihn zu treten und zu sagen: »Ich nehme an. Euer Empfänger hat die Botschaft wie üblich aufgezeichnet?«

»Ja. Ohne Zweifel. Am besten lösche ich sie aus.«

»Nein.«

Sein grauer Blick hob sich mir entgegen. Ich erinnerte mich an einen Wolf, den ich einmal in der Falle gesehen hatte, in jenem Augenblick als die Stadtleute ihren Ring um ihn schlossen, um ihm ein Ende zu machen. »Ich will dir nicht weh tun, Bruder Parvus«, sagte er.

»Dann tut es nicht«, antwortete ich brüsk und beugte mich vor, um die Aufnahme abzuspielen.

Er sammelte seine Kräfte, unendlich müde. »Wenn du jene Botschaft siehst«, warnte er mich, »muß ich dich um meiner Ehre willen töten.«

Ich dachte zurück an meine Zeit als Knabe. Damals waren verschiedene kurze, eindringliche, rein englische Worte in Gebrauch gewesen. Ich wählte eines davon und sprach es aus. Während ich vor den Skalen lauerte, sah ich aus dem Augenwinkel, wie seine Kinnlade herunter­fiel. Er sank in seinen Sessel zurück. Ich fügte ein zweites englisches Wort hinzu.

»Eure Ehre liegt darin, daß Euer Volk sich wohlbefin­det«, fügte ich hinzu. »Ihr seid nicht imstande, etwas zu beurteilen, das Euch so erschüttern kann wie dieses. Setzt Euch und laßt mich hören.«

Er kauerte sich zusammen. Ich legte einen Schalter um. Sir Owains Gesicht sprang auf die Scheibe. Ich sah, daß er ebenfalls abgemagert war, und sein ebenmäßiges Gesicht war nicht mehr so auffällig, seine Augen waren trocken und brennend. Er sprach in formeller höflicher Weise, konnte aber seine Erregung nicht verbergen.

An seine genaue Worte vermag ich mich nicht mehr erinnern. Nicht daß sie wichtig gewesen wären: Er sagte seinem Herrn, was geschehen war. Er befand sich jetzt im Weltraum mit dem gestohlenen Schiff. Er hatte sich New Avalon genähert, um diesen Spruch abzusenden, hatte aber sofort darauf wieder kehrtgemacht. Es gab keine Hoffnung, ihn in jener Weite zu finden. Wenn wir nach­gäben, so sagte er, würde er dafür sorgen, daß unser Volk nach Hause transportiert wurde. Branithar habe ihm ver­sichert, daß der Wersgor-Kaiser versprechen würde, Terra in Frieden zu lassen. Wenn wir nicht nachgäben, würde der Ruchlose nach Wersgorixan gehen und die Wahrheit über uns offenbaren. Dann konnte, wenn nötig, der Feind genügend französische oder sarazenische Söld­ner in seinen Dienst nehmen, um uns zu vernichten, aber wahrscheinlich würde schon die Demoralisierung unserer Verbündeten, sobald sie von unserer Schwäche erfuhren, ausreichen, um sie zur Vernunft zu bringen. In keinem Falle würde Sir Roger seine Frau und seine Kinder wieder­sehen.