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* * *

»Also«, sagte Richard Owen, »sie haben es noch nicht gesehen.« Er trat an das Fenster, von dem aus man die Straße zum Mauna Kea Gipfel überblicken konnte.

»Oder nicht zugegeben«, fügte Jeanette hinzu.

»Stimmt.« Er sah auf die Uhr. »Als nächstes eine Pressekonferenz.« Er sah sie herausfordernd an.

Sie schüttelte den Kopf. »Richard, ich kann Sie wirklich nicht daran hindern, aber ich halte es für falsch.«

»Haben die Menschen kein Recht, es zu erfahren?«

»Schon«, sagte sie. »Was meinen Sie, ob die Russen Ihnen glauben?«

»Warum sollten sie nicht?« wollte Owen wissen.

»Sie glauben nicht oft, was wir sagen. Sie wittern beständig Fallen und Hinterhalte«, sagte Jeanette.

»Nicht Bondarew«, protestierte Owen. »Ich kenne ihn schon lange. Er glaubt mir bestimmt.«

»Nun ja, aber werden seine Vorgesetzten ihm glauben? Mir kann es ja egal sein.«

»Sind Sie da sicher?«

»Wieso nicht?«

»Da kommt eine ganze Wagenkolonne die Straße rauf«, sagte Owen. »Staatspolizei und ein Stabswagen des Heeres. So was hab ich hier oben noch nie gesehen…«

* * *

Lieutenant Hal Brassfield war nervös. Er war höchstens zwanzig Jahre alt und konnte Jeanette nicht einordnen. »Captain«, sagte er, »ich weiß wirklich nur, was in meinem Befehl steht. Ich soll Sie auf schnellstem Wege nach Washington bringen, höchste Dringlichkeitsstufe. Also haben wir das arrangiert. Auf der Ebene auf fünfzehnhundert Meter steht ein Hubschrauber bereit, der Sie nach Pearl Harbor bringen soll. Dort wartet eine abflugbereite Düsenmaschine der Marine.«

Jeanette runzelte die Stirn. »Ist das nicht etwas ungewöhnlich?«

»Worauf sie einen lassen kön–… jawohl, Ma’am, das ist es. Zumindest hab ich so was noch nicht erlebt.«

Sie warf einen Blick auf den hastig nach Telefondiktat mit der Maschine geschriebenen Marschbefehl. Er ähnelte nicht im entferntesten den üblichen Einsatzbefehlen und schloß: »Im Auftrag des Präsidenten der Vereinigten Staaten, für den Präsidenten, James F. Frantz, Stabschef des Weißen Hauses.«

»Das ist vor etwa einer Stunde gekommen«, sagte der Lieutenant. »Mehr weiß ich nicht, Captain.«

»In Ordnung, Lieutenant. Aber irgend jemand muß in meinem Hotel Verschiedenes abholen und meine Rechnung bezahlen.«

»Wird alles erledigt, Ma’am. Aber wohin soll ich Ihr Gepäck schicken?« Er lachte in sich hinein. »Wohl kaum ins Weiße Haus. Aber eine andere Adresse ist in dem Befehl nicht angegeben.«

Jeanette nickte. In Washington wohnte sie gewöhnlich bei Onkel und Tante in Flintridge, das war also keine Schwierigkeit. Was der Präsident wohl von ihr wollte? Dringend brauchte er sie bestimmt nicht. Bis sie dort war, hatte ihm bestimmt ein Dutzend anderer etwas über das geheimnisvolle – was eigentlich? – sagen können. Sie kicherte.

»Was ist denn so lustig?« wollte Richard Owen wissen.

»Wie wollen wir das Ding eigentlich nennen?« erkundigte sie sich. »UFO paßt nicht – es fliegt ja nicht.«

Lieutenant Brassfield sah verwirrt drein. »UFO? Wollen Sie damit sagen, daß der ganze Zauber wegen einer fliegenden Untertasse veranstaltet wird?«

»So ist es«, sagte Jeanette.

»Augenblick mal…«

»Es stimmt«, sagte Richard Owen. »Wir haben ein Raumschiff ausgemacht, das auf die Erde zukommt. Captain Crichton hat das Heer informiert.«

»Je weniger ich davon weiß, desto besser, was?« sagte Brassfield.

Jeanette dachte an Richard Owens bevorstehende Pressekonferenz und lachte. »Es wird Ihnen nicht schaden, Lieutenant.«

»Ja, Ma’am.«

»Sorgen Sie dafür, daß jemand mein Gepäck im Hotel Kamehameha in Kona abholt. Er soll einfach alles zusammenpakken und es wie der Teufel zum Hubschrauber bringen. Aber vorsichtig mit der Uniform! Wenn ich schon ins Weiße Haus gehe, möchte ich da nicht mit nackten Beinen aufkreuzen!«

* * *

Das Hauptquartier des KGB lag dem Institut gegenüber am anderen Ende des Platzes. Sein tristes Backsteinmauerwerk stand in scharfem Kontrast zur säulengeschmückten Marmorfassade des Instituts. Pawel Bondarew schritt rasch über den Platz. Es war ein schöner Tag und so warm, daß er ohne Mantel gehen konnte.

Am Empfangstisch des KGB saß ein neuer Mann. Er sah sehr jung aus. Pawel Bondarew verzog das Gesicht. Nun, da mußte man eben Geduld aufbringen. Das hatte er gelernt, und so zwang er sich zur Gelassenheit, obwohl er vor Mitteilungsbedürfnis fast platzte.

Eine lange Menschenschlange wartete vor dem Empfangstisch: Männer in schlechtsitzenden Anzügen, Frauen in fleckigen Röcken und mit Kopftüchern, Bauern, Arbeiter, kleine Fabrikangestellte – alle hielten Formulare in den Händen, die zu unterschreiben waren, Erlaubnisscheine dieser oder jener Art. Heute waren weniger Bauern da als sonst; im Herbst würden sie zu Hunderten hier stehen, weil sie Erzeugnisse aus ihren privat bewirtschafteten Hausgärten verkaufen wollten.

Bondarew schüttelte den Kopf. Absurd, dachte er. Warum arbeiten die Leute nicht, statt hier Schlange zu stehen? Typisch Rußland. Andererseits würden sie auch nichts tun, wenn sie nicht Schlange stünden, sondern sich einfach betrinken.

Er ging zum Anfang der Schlange. Ein Mann ganz vorn, mit einem runden Gesicht wie Boris Ogarkow, stierte ihn verdrießlich an, sagte aber nichts. Bondarew blieb vor dem Tisch stehen. Zwei Männer befanden sich an einem weiteren Tisch in der Nähe. Einen von ihnen glaubte er zu kennen. Er hämmerte auf einer uralten Schreibmaschine, die wohl noch aus dem Zweiten Weltkrieg stammte, einen Bericht herunter. In der Provinz gab es nicht oft neues Arbeitsmaterial, nicht einmal für den KGB.

Der Mann am Empfang übersah ihn, solange es ihm möglich war, blickte dann frech zu ihm auf und fragte: »Ja?«

Aha, so ist das also, dachte Bondarew. Nun schön. Er sagte ruhig, aber so laut, daß man ihn am nächsten Tisch auch hören konnte: »Ich bin Bondarew. Ich möchte den Offizier vom Dienst sprechen.«

Der junge Mann runzelte die Stirn. Der am Nebentisch hörte mit Maschineschreiben auf.

»In welcher Angelegenheit?«

»Wenn ich wollte, daß Sie das erfahren, hätte ich es Ihnen gesagt«, sagte Bondarew. »Und jetzt teilen Sie bitte dem ranghöchsten Offizier mit, daß ihn Akademiemitglied Bondarew, Leiter des LeninForschungsinstituts für Astrophysik und Kosmographie, zu sprechen wünscht, und daß die Sache eilt.«

Das Stirnrunzeln des Mannes vertiefte sich, aber der Ausdruck von Dreistigkeit schwand aus seinem Gesicht. Ein Akademiemitglied hatte mächtige Freunde, und das Institut war am Ort von großer Bedeutung. Der andere ließ seine Schreibmaschine im Stich und kam herüber. »Gewiß, Genosse Akademiemitglied «, sagte er. »Ich werde den Genossen Orlow sofort informieren.« Er warf dem Mann am Empfang einen schiefen Blick zu und ging.

»Ich habe Anweisung zu fragen«, sagte dieser. Seine Stimme klang patzig.

Noch nicht lange dabei, dachte Bondarew, und es macht ihm Spaß, daß alle vor ihm kriechen oder sogar Angst haben. Er hat nicht damit gerechnet, daß jemand kommt, vor dem er selbst Angst haben muß.

»Folgen Sie mir bitte, Genosse Akademiker. Hier entlang.« Der andere KGBMann wies auf eine Tür.

Während Bondarew hindurchging, sagte der Mann am Empfang gerade: »Woher sollte ich wissen, daß er Akademiemitglied ist? Er hat nichts davon gesagt.«

Bondarew lächelte.

Das Büro war nicht groß. Der Schreibtisch war mit Papieren übersät. Bondarew erkannte den Beamten am Tisch zwar nicht, war aber sicher, daß er ihn schon einmal gesehen hatte.