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* * *

Jetzt waren keine Kleinschiffe mehr zu sehen. Auf dem Bildschirm der Atlantis zeigte sich ausschließlich das Hauptziel – unverkennbar das Mutterschiff, gedrungen, wie in der Übertragung aus Kosmograd. Es zog einen speerförmigen Schweif weißvioletten Lichts hinter sich her. Die Triebwerksflamme drehte sich.

»Es versucht uns abzuschütteln«, freute sich Jay Hadley.

Mit einemmal verminderte sich der Schub des Shuttles. Roy fuhr hoch.

»Immer mit der Ruhe!« sagte Jay. Klongklong: der leere Haupttank löste sich. Lagesteuerungsdüsen setzten ein, und die Atlantis fiel zurück, bis das Mutterschiff hinter dem Haupttank verschwunden war.

»Jetzt haben wir sie. Sie können nicht schnell genug wenden. Wir sind auf Abfanggkurs und in Raketenreichweite. Laß uns abwarten, was passiert. Machst du jetzt den Laderaum auf?«

»Noch nicht. Mit offenen Luken sind wir zu verwundbar. Du weißt ja wohl, was sie mit uns anstellen, wenn wir in Reichweite sind.«

»Als ob sie das nicht längst machten. Ich hab schon Raketen gesehen, bevor ich gedreht hatte.«

»Tatsächlich?« Abfangkurs. Roy brachte es nicht einmal mehr fertig, ein Gefühl der Überraschung zu empfinden. Er will rammen.

Der Haupttank des Shuttle war inzwischen ein grüngeränderter schwarzer Schatten, der immer heller aufleuchtete. Die Große Mama hatte ihre eigenen Verteidigungseinrichtungen. Mit einemmal verschwand der Schatten in einem halben Dutzend gleichzeitig aufblitzender Flammen. Raketen hatten ihr Ziel gefunden, allerdings das falsche. Das Shuttle beschrieb eine Kurve, und Roy spürte förmlich, wie Bruchstücke des Tanks gegen den KeramikHitzeschild hämmerten. Für die Atlantis würde es keinen Wiedereintritt in die Erdatmosphäre geben.

Jay griff nach unten, um vom Boden aufragende Hebelarme zu betätigen. Sie stellten die Verbindung zu Ventilen auf der unteren Ebene her. Wasser, das beim Start Eis gewesen war, strömte aus Öffnungen in der Nase des Shuttles. Wasserdampf hüllte die Schuttwolke vor ihnen ein.

Vielleicht konnte sich die Atlantis dahinter tarnen… aber für die Große Mama gab es kein Versteck. Ihre Triebwerksflamme mußte auf der halben Erde zu sehen sein. Jay startete die EMUTriebwerke, die ihren Treibstoff aus dem eingebauten Tank des Shuttles bezogen.

»Sind wir noch immer auf Abfangkurs?«

»Ja.«

»Dann machen wir mal die Luke auf. Aber die Vögel lassen wir erst fliegen, wenn wir näher dran sind. Falls du alles richtig gemacht hast…«

»Die halten uns bestimmt längst für tot«, rief Jay lachend.

* * *

Das Thermometer zeigte Harrys Körpertemperatur mit neununddreißig Grad an. ‘n bißchen hab ich sie ja gedrückt, aber nicht genug.

»Da kommt was rein. Warten.«

Scheiße!

Die Michael erbebte.

»An Backbord vorn haben wir was abgekriegt«, sagte Gillespie. »Der Dampfdruck geht runter.«

»Läßt sich schwer steuern.«

»Etwas ist an Backbord vorn nicht in Ordnung.«

»Harry!«

»Ja, Max. Bin schon unterwegs. Jeff, an die Arbeit!«

Sie kamen nur langsam vorwärts. Je weiter sie nach vorn gelangten, desto wärmer wurde es. Überall ließen sich Schäden erkennen. Haltegriffe fehlten, die Wandungen hatten neue Löcher.

Das muß ja ordentlich gerummst haben. Die Panzerung der Michael bestand aus mehreren Schichten: Panzerstahl, Glasfasermatten, Panzerstahl, Schicht auf Schicht abwechselnd aus hartem und elastischem weichen Material. Was diese Wandungen durchschlagen wollte, mußte sich sehr schnell bewegen – und durfte nicht geschmolzen sein.

Etwas zupfte an Harry. Er sah sich um. Seine Luftschläuche waren straff gespannt. »Ich bin am Ende der Fahnenstange.«

»Max, wir kommen nicht weiter«, berichtete Jeff Franklin.

»Ihr müßt! Unmittelbar vor euch verlieren wir Druck.«

»Tja, so ist das – das mächtigste von Menschenhand gebaute Raumschiff gibt aus Mangel an Dampf den Geist auf.«

»Schön, ich seh mal nach«, sagte Harry und löste die Leitung. Jetzt war er auf den Luftvorrat in seinen Atemluftflaschen angewiesen.

* * *

Die Große Mama war ganz nah. Die Triebwerksflamme, der dunkle Zylinder an ihrer Spitze – das plötzliche grüne Aufblitzen, die GlühwürmchenLichtpunkte von Raketen, die aus vier Positionen an seiner Flanke kamen…

»Feuer!« sagte Roy.

»Ich warte noch.«

»Schön. Raketen eins bis fünf sind unterwegs. Ich spreche jetzt das Ziel für die nächste Gruppe an. Wir haben doch ein paar Minuten Zeit, nicht wahr?«

»Sagen wir zwei, bis die Raketen da sind.«

»Raketen sechs bis zehn, los!« Das grüne Licht war dunkler geworden. Die Laser der Großen Mama hatten interessante Ziele gefunden: die Raketen der Atlantis.

»… aber hier wird es immer wärmer. Hol’s der Teufel, lange machen wir es nicht mehr. Wie sieht es bei dir aus?«

»Ziel angesprochen, Raketen elf bis fünfzehn sind unterwegs. Das war’s. Dreh jetzt! Schnell!«

Triebwerke sprangen an. Die Atlantis wandte sich, die Unterseite der Großen Mama zugedreht. Erneut öffnete Roy die Ventile. Vielleicht bremste die Wasserdampfwolke eine Rakete oder verwirrte ihre Spatzenhirne hinlänglich.

Etwas drückte sie schlagartig in die Sitze. »Der Wiedereintritt in die Atmosphäre wird schwierig«, sagte Jay und lachte.

Das Shuttle schwankte: eine Explosion hämmerte gegen eine der Tragflächen. Jay stabilisierte das Schiff mit den Lagesteuerungsdüsen.

»Wenn ich doch nur was sehen könnte!« beschwerte sich Roy.

Außer Sternen und einem grünen Lichtschein war vor dem Fenster nichts zu erkennen. Der Hitzeschild kochte förmlich unter den Laserstrahlen der Großen Mama. »Sind wir immer noch im Ziel? Es würde mir sehr leid tun, nach alldem jetzt daneben zu schießen.«

»Die Große Mama ist ein riesiges Ziel«, sagte Jay. Viel mehr gab es wohl kaum zu sagen.

* * *

Die Backbordseite im Bug war ein einziges Chaos. Dampf entströmte geborstenen Leitungen und suchte sich seinen Weg durch den zerfetzten Rumpf nach draußen.

»Stellt den verdammten Dampf ab!« schrie Harry.

»Achtung! Manöver. Harry, wenn wir den Dampf an Backbord abstellen, kann ich nicht manövrieren.«

»Da kommt was. Achtung!«

Erneut erbebte die Michael.

Max Rohrs bewahrte die Ruhe, aber es klang, als koste es ihn Mühe. »Dampfdruck fällt. Wir versuchen, die SekundärWasserversorgung hinzuleiten.«

Was soll das, wenn wir das Leck nicht dichtkriegen? Harry sah sich um. Das Abteil vor ihm war ein dampferfüllter Trümmerhaufen. Er konnte die Wärmestrahlung durch sein Visier spüren. Wenn ich fix bin, kann ich vielleicht… »Jeff, ich geh schnell nach vorn und dreh das Ventil zu. Neun Alpha.«

Rohrs meldete sich, bevor Franklin antworten konnte. »Laß das sein, wenn du nicht Neun Bravo öffnen kannst. Wir brauchen den Dampfweg.«

Ach du Scheiße! »Verstanden! Wird gemacht.«

Er stieß in den wabernden Dampfnebel hinein. Die Haltegriffe fühlten sich selbst durch die Handschuhe heiß an. Da das Schiff manvörierte, war er nicht ganz schwerelos. Die Schwere allerdings war kaum spürbar. Er schob sich vorsichtig an schartigen Metallenden vorbei, die ihm Löcher in den Raumanzug reißen konnten.

Er erreichte das Handrad des Ventils. »Max!«