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Er hob einen munteren Welpen auf, der sich gerade mit Fleck anfreunden wollte. »Dieser hier ist sehr vielversprechend«, sagte der dicke Mönch. »Aufmerksam, aber nicht nervös.«

Der Abt nickte zustimmend. »Bruder Ambrose sieht so etwas schon nach wenigen Wochen.«

Die Welpen waren nun sehr aufgeregt, tollten herum und beschnupperten die fremden Hunde. Otto machte ein paar Schritte vorwärts und legte sich auf den Boden.

Sofort liefen die Welpen zu ihm, kletterten über seine Beine, spielten mit seinem Schwanz und steckten ihre Schnauzen in sein dichtes Fell. Der große Hund rollte sich vorsichtig auf den Rücken und bot ihnen so noch mehr Platz zum Turnen und unter Freudequietschern krabbelten sie über seinen Bauch und hängten sich an seine Ohren. Otto hatte sich in ein warmes und lebendiges Klettergerüst verwandelt und der Abt schaute ihn mit glänzenden Augen an. Es schien, als ob Otto instinktiv wüsste, dass diese kleinen Wesen eines Tages für die Sicherheit und das Leben eines Menschen verantwortlich sein würden.

Für die Kinder war es nun an der Zeit zu gestehen, warum sie hier waren. Der Abt führte sie zu einer Bank unter einem Apfelbaum.

»Nun, erzählt mir eure Geschichte.«

Henry schaute Pippa ängstlich an. Normalerweise war sie diejenige, die für beide sprach, und obwohl er stolz auf Pippas blühende Fantasie war, gefiel ihm die Vorstellung, an diesem Ort Lügengeschichten zu erzählen, ganz und gar nicht.

Pippa rückte näher an den Abt heran und begann:

»Das war nämlich so: Henrys Eltern haben ihm zum Geburtstag einen Hund geschenkt und er dachte, es sei für immer, aber nach zwei Tagen haben sie ihn zurück zu Rent-a-dog gebracht und er war verzweifelt und Fleck auch. Ich wusste das, weil meine Schwester dort arbeitet und …«

Sie erzählte dem Abt, wie sie beschlossen hatte, die Hunde zu befreien, dass Henry zu seinen Großeltern wollte, was im Zirkus passiert war und von ihrem Missgeschick mit Kevin, dem Müllmann.

Henry hörte erstaunt zu, denn jedes Wort, das sie sagte, war wahr.

Als Pippa fertig war, drehte sich der Abt zu Henry um.

»Das Haus deines Großvaters ist nicht weit von hier?«

Henry nickte. »Es liegt an der Küste gegenüber der Insel Farra. Mein Großvater ist Fischer und hat ein kleines Stück Land. «

»Und du glaubst, er nimmt dich auf?«, fragte der Abt.

»Ganz bestimmt. Er fand immer, dass ich einen Hund haben sollte.«

Henry ließ den Kopf hängen. Pippa und er hatten die ganze Zeit nur daran gedacht, sicher zu seinen Großeltern zu gelangen, aber wie musste das bei dem Abt ankommen? Bestimmt würde er sie zurückschicken oder der Polizei übergeben. Nun hatten sie es so weit geschafft, doch selbst jetzt konnte ein einziger Anruf alles zunichtemachen.

Der Abt zupfte gedankenverloren an Ottos Ohren. Minuten verstrichen, ohne dass er etwas sagte.

Schließlich fing er sehr bedächtig an zu sprechen.

»Da ihr nun euer Ziel fast erreicht habt, lasse ich euch weiterziehen. Sollte ich jedoch nicht innerhalb von 24 Stunden einen Anruf von euch erhalten, dass ihr sicher angekommen seid, werde ich die Polizei benachrichtigen. Nun geht zu Bruder Malcolm, er wird euch etwas zu essen mitgeben und euch den richtigen Weg zeigen.«

Als sie das Kloster erreichten, ging der Abt vor ihnen die Stufen hoch, Otto dicht an seiner Seite. In die Erleichterung der Kinder mischte sich Sorge. Was wurde aus Otto? Hier hatte er den perfekten Platz gefunden. Sie dachten an Honey und Francine und daran, wie sehr die beiden gelitten hatten, und bekamen Angst. Würde Otto nicht hierbleiben wollen? Würden sie die Reise ohne ihn beenden müssen?

»Wir können das nicht entscheiden«, sagte Henry. »Der Abt wird wissen, was zu tun ist.«

Als sie ihre Sachen zusammengesucht hatten, warteten die Kinder und die Hunde an der Pforte. Der Abt kam die Treppe herunter, Otto an seiner Seite. Er legte ihm die Hand auf den breiten Schädel.

»Wenn es Gottes Wille ist, werden wir uns wiedersehen«, sagte er zu dem Hund.

Otto blieb ruhig. Er wusste, dass seine Aufgabe noch nicht erledigt war. Er stieß nur einen kurzen Laut des Wehklagens aus und presste seine Schnauze gegen die Robe des Abtes. Dann drehte er sich um und folgte den Kindern aus dem Kloster.

21. Kapitel

Der letzte Sprung

Colin hatte nicht zu viel versprochen: Als er Darth und Terminator am nächsten Morgen dahin zurückbrachte, wo sie das blaue Handtuch entdeckt hatten, nahmen sie die Spur wieder auf. Zuerst liefen sie eine Weile im Kreis, dann sausten sie aus dem Unterholz und über das weite Moor.

Colin hielt sie an der Leine und Kevin rannte neben ihm her, doch der arme Sprocket kam kaum nach. Ihm war kalt, er war hungrig und müde und seine Hand war notdürftig mit einem Taschentuch umwickelt, denn Terminator hatte ihn gebissen.

Es war passiert, als Sprocket in seine Hosentasche gegriffen hatte, um eine Verdauungspille herauszuziehen, und Terminator dachte, es wäre ein Keks, den Sprocket ihm nicht geben wollte.

»Das nennst du einen Biss?«, hatte Colin gejohlt, als Sprocket vor Schmerz aufgeschrien hatte. »Wenn der wirklich zugebissen hätte, wäre deine Hand jetzt ab. Der wollte bloß spielen und hat dich ’n bisschen gekniffen.«

Ich muss zu einem Arzt und mir eine Spritze geben lassen, dachte Sprocket, als er hinter den anderen herhinkte. Nachher bekomme ich noch eine Blutvergiftung oder Tollwut.

Und wo steckte dieser verrückte Bengel? Anscheinend war er auf dem Weg zur Küste, aber warum? Wartete da etwa ein Schiff auf ihn? Gehörte er womöglich zu einer organisierten Gang? Auf dem Foto, das Curzon Sprocket gezeigt hatte, war ein kleiner, ganz normaler Junge zu sehen gewesen, aber offensichtlich hatte das getäuscht und sie hatten es mit einem Wahnsinnigen zu tun.

Pippa und Henry verließen das Kloster in bester Stimmung. Die Sonne schien, die Lerchen sangen, das Heidekraut war nach dem Regen frisch und grün. Ein bequemer Pfad führte sie allmählich fort vom Moor und durch Wiesen und Felder.

Nur noch wenige Stunden und sie würden in der Küche seiner Großeltern sitzen, dachte Henry.

Sie kamen an vereinzelten Cottages vorbei, dann an einer Farm, und als der Weg sich um einen Hügel wand, sahen sie es schließlich – das Meer! Die Nordsee kann grau und abweisend sein, aber heute sah sie fast wie ein exotischer Ozean aus, blaugrün und im Sonnenlicht glitzernd, die weiße Gischt brach sich im goldenen Sand. Henry hatte seine Großeltern noch nie besucht, aber sie hatten ihm so viel erzählt von dem Ort, an dem sie lebten, hatten ihm Karten und Bilder gezeigt, dass er das Gefühl hatte, nach Hause zu kommen.

»Siehst du die Bucht dahinten?«, sagte er zu Pippa. »Da ist das Haus, gleich hinter den Dünen. Ich glaube, wir können über die Weiden abkürzen.«

Sie verließen den Pfad und liefen über raues Grasland auf die Küste zu.

Doch die Hunde waren unruhig geworden. Sie blieben stehen, hielten die Nasen in die Luft und spitzten die Ohren. Und dann hörten auch die Kinder das, was die Hunde schon längst gehört hatten: Bellen.

Zuerst achteten sie nicht darauf. Vielleicht ging jemand auf Hasenjagd. Schließlich drehten sie sich doch um und erkannten in der Ferne drei Gestalten, die gerade um die Wegbiegung kamen. Zwei liefen vorneweg und hatten zwei Hunde an der Leine. Nun hielten sie an der Stelle an, an der Pippa und Henry den Weg verlassen hatten, und die Hunde schnüffelten am Boden und versuchten die Spur aufzunehmen.

Plötzlich rief eine der Gestalten etwas und zeigte in ihre Richtung, während die andere sich bückte und die Hunde von der Leine ließ. Im nächsten Moment sprangen zwei dunkle gedrungene Schatten über die niedrige Mauer aus Feldsteinen und rasten den Hügel hinunter, wobei sie heulten wie Kreaturen aus der Unterwelt.

Doch selbst jetzt konnten die Kinder zuerst nicht glauben, was sie da sahen, so undenkbar schien es. Aber dann begriffen sie: Was diese Höllenhunde da jagten, waren nicht etwa Hasen oder Füchse.