Als er fertig war, glitt er mit der Zunge über die beiden Löcher, um sie zu verschließen, und entzog sich dann der ungewollten Umarmung. Die junge Frau keuchte, ihr Mund war erschlafft und ihr Körper matt, als hätte sie soeben einen Orgasmus erlebt.
Lucan legte seine Handfläche auf ihre Stirn und ließ sie nach unten wandern, um ihre benommenen, schläfrigen Augen zu schließen. Diese Berührung würde ihre Erinnerung an das, was gerade zwischen ihnen passiert war, auslöschen.
„Deine Freundinnen suchen nach dir“, sagte er zu der Frau, als er die Hand von ihrem Gesicht nahm. Sie blinzelte verwirrt zu ihm auf. „Du solltest nach Hause gehen. Die Nacht ist voller Raubtiere.“
„Okay“, sagte sie und nickte freundlich.
Lucan wartete im Schatten, während sie um die Ecke des Gebäudes wankte, um ihre Freundinnen wiederzufinden. Er atmete tief ein, durch Zähne und Fangzähne hindurch, jeder Muskel seines Körpers angespannt und bebend. Sein Herz hämmerte in seiner Brust. Nur daran zu denken, wie Gabrielles Blut wohl schmecken mochte, hatte ihn vollkommen steif werden lassen.
Sein körperlicher Appetit mochte sich nun, da er Nahrung zu sich genommen hatte, etwas beruhigt haben, doch er selbst war keineswegs befriedigt.
Noch immer … war das Begehren da.
Mit einem leisen Knurren marschierte er ein weiteres Mal auf die Straße, noch missgelaunter. Er brach zu dem rauesten Teil der Stadt auf, in der Hoffnung, auf ein oder zwei Rogues zu stoßen, bevor der Morgen anbrach. Er brauchte nun dringend einen Kampf. Musste irgendetwas verletzen – selbst wenn dieses Etwas am Ende möglicherweise er selbst war.
Was auch immer nötig war, um ihn so weit wie möglich von Gabrielle Maxwell fernzuhalten.
8
Zuerst dachte Gabrielle, es wäre nur wieder ein erotischer Traum gewesen. Aber als sie am nächsten Morgen nackt in ihrem Bett aufwachte, ihr Körper ausgelaugt und gewisse Körperteile an den richtigen Stellen schmerzend, wusste sie, dass Lucan Thorne definitiv leibhaftig da gewesen war. Und, mein Gott, was hatte er für einen fantastischen Leib! Sie hatte nicht mehr mitgezählt, wie oft er sie zum Höhepunkt gebracht hatte. Wenn sie alle Orgasmen der vergangenen zwei Jahre zusammenzählen würde, würde das dem, was sie letzte Nacht mit ihm erlebt hatte, vermutlich nicht einmal annähernd nahekommen.
Und doch wünschte sie sich wenigstens noch einen einzigen, als sie mühsam ihre Lider öffnete und enttäuscht feststellte, dass Lucan nicht dageblieben war. Ihr Bett war leer und die Wohnung still. Offensichtlich war er irgendwann in der Nacht verschwunden.
So erschöpft, wie sie war, hätte Gabrielle einen ganzen Tag schlafen können, aber die Verabredung zum Mittagessen mit Jamie und ihren Freundinnen trieb sie etwa zwanzig nach zwölf aus dem Haus in die Stadt hinein. Als sie das Restaurant in Chinatown betrat, spürte sie, wie sich Köpfe in ihre Richtung drehten. Sie erhielt anerkennende Blicke von einer Gruppe von Werbefritzen drüben an der Sushibar, und ein halbes Dutzend junger leitender Angestellter in Nadelstreifen sah zu, wie sie auf ihrem Weg zu der Sitzecke hinten im Raum, wo ihre Freunde bereits saßen, an ihnen vorbeiging.
Sie fühlte sich in ihrem dunkelroten Pullover mit V-Ausschnitt und dem schwarzen Rock sexy und selbstsicher, und es war ihr egal, wenn alle Menschen im Restaurant sehen konnten, dass sie heute Nacht den unglaublichsten Sex ihres Lebens gehabt hatte.
„Endlich beehrt sie uns mit ihrer Anwesenheit!“, rief Jamie aus, als Gabrielle den Tisch erreichte und die anderen mit einer schnellen Umarmung begrüßte.
Megan küsste sie auf die Wange. „Du siehst großartig aus.“
Jamie nickte. „Ja, das stimmt, meine Süße. Ich liebe dein Outfit. Ist das neu?“ Er wartete ihre Antwort nicht ab, sondern ließ sich einfach wieder in die Sitzecke fallen und schlang einen gebratenen Kloß in einem einzigen Stück hinunter. „Ich war am Verhungern, also haben wir schon mal ein paar Vorspeisen bestellt. Wo warst du übrigens? Ich wollte schon einen Suchtrupp losschicken.“
„Tut mir leid. Ich habe heute ein bisschen verschlafen.“ Sie lächelte und setzte sich neben Jamie auf die Vinylbank mit dem türkischen Muster. „Kommt Kendra nicht?“
„Die ist schon wieder verschollen.“ Megan nahm einen Schluck aus ihrer Teetasse und zuckte dann mit den Schultern. „Nicht dass das eine Rolle spielen würde. In den letzten Tagen ist sie sowieso dauernd mit ihrem neuen Freund beschäftigt – weißt du, dieser Typ, den sie letztes Wochenende im La Notte aufgegabelt hat?“
„Brent“, ergänzte Gabrielle, die bei der Erwähnung der schrecklichen Nacht gegen ein Gefühl von Unbehagen ankämpfen musste.
„Ja, der. Sie hat es sogar geschafft, ihre Nachtschicht im Krankenhaus gegen die Tagschicht zu tauschen, sodass sie jede Nacht mit ihm verbringen kann. Offenbar muss er geschäftlich viel reisen oder so und ist im Allgemeinen tagsüber nicht zu erreichen. Ich kann nicht glauben, dass Kendra sich von irgendeinem Kerl so in ihr Leben hineinreden lässt. Ray und ich sind inzwischen seit drei Monaten zusammen, aber ich nehme mir trotzdem noch Zeit für meine Freunde.“
Gabrielle zog die Augenbrauen in die Höhe. Von den vieren war Kendra der größte Freigeist, und das absolut kompromisslos. Am liebsten hielt sie sich einen ganzen Stall von verfügbaren Typen und war entschlossen, Single zu bleiben, bis sie mindestens dreißig war. „Meinst du, sie ist verliebt?“
„Lust, meine Süße.“ Jamie schnappte sich den letzten Kloß mit seinen Stäbchen. „Manchmal sorgt sie mehr als die Liebe dafür, dass man irgendwelche Verrücktheiten begeht. Vertrau mir, ich kenne mich damit aus.“
Während er auf seiner Vorspeise herumkaute, sah Jamie Gabrielle einen langen Moment in die Augen, befrachtete dann ihr offenes, zerzaustes Haar und ihre errötenden Wangen. Sie versuchte lässig zu lächeln, aber sie konnte ihr Geheimnis einfach nicht für sich behalten. Das glückliche Glänzen in ihren Augen verriet sie. Jamie legte seine Stäbchen auf den Teller. Er legte den Kopf auf die Seite, sodass sein blondes Haar um sein Kinn schwang.
„Oh. Mein Gott.“ Er grinste. „Du hast es getan.“
„Was getan?“ Ein sanftes Lachen drang aus ihrem Mund.
„Du hast es getan. Du bist flachgelegt worden, oder?“
Gabrielles Lächeln verwandelte sich in ein verlegenes, mädchenhaftes Kichern.
„Oh, meine Süße. Es steht dir aber gut, das muss ich schon sagen.“ Jamie tätschelte ihre Hand und lachte mit ihr. „Lass mich raten – Detective Dunkel und Sexy von der Polizei Boston?“
Bei dem albernen Spitznamen rollte sie mit den Augen und nickte.
„Und wann?“
„Letzte Nacht. Praktisch die ganze Nacht.“
Jamies Begeisterungsschrei zog die Aufmerksamkeit von einigen Nachbartischen auf sich. Er beruhigte sich, strahlte sie aber wie eine stolze Glucke an. „Er war gut, ja?“
„Fantastisch.“
„Okay, wie kommt es, dass ich nichts über diesen geheimnisvollen Mann weiß?“, warf Megan nun ein. „Und er ist Polizist, sagt ihr? Vielleicht kennt Ray ihn ja. Ich könnte ihn fragen …“
„Nein.“ Gabrielle schüttelte den Kopf. „Bitte sagt zu niemandem ein Wort. Es ist nicht so, als ob ich eine Beziehung mit Lucan hätte. Er kam gestern Abend her, um mein Handy zurückzubringen, und die Dinge … gerieten, also, einfach außer Kontrolle. Ich weiß nicht mal, ob ich ihn jemals wiedersehe.“
Sie hatte keine Ahnung, aber bei Gott, sie hoffte es.
Eine innere Stimme sagte ihr, dass das, was zwischen ihnen geschehen war, unbesonnen und leichtsinnig gewesen war. Es war verrückt. Sie hatte sich selbst immer als vernünftigen, vorsichtigen Menschen betrachtet – jemand, der seine Freunde vor ebensolchen Unvorsichtigkeiten, wie sie sie letzte Nacht begangen hatte, warnte.