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Er drehte den Kopf zur Seite und stieß ein gequältes Heulen aus, zerrissen zwischen so vielen Verführungen, vor allem auch der, in Gabrielle zu kommen, sie mit jedem Tropfen seiner Leidenschaft zu erfüllen. Er fluchte laut, und dann brüllte er wahrhaftig, stieß einen tiefen Schrei aus, der noch an Stärke zunahm, als sie sich hart auf seinen ausgehungerten Schwanz herunterließ und ihn auswrang, wobei ihr eigener Orgasmus kurz nach seinem folgte.

Als es in seinem Kopf aufgehört hatte zu klingeln und seine Beine wieder genügend an Kraft gewonnen hatten, um ihn zu halten, schlang Lucan seine Arme um Gabrielles Rücken und stand mit ihr zusammen auf, indem er sie an Ort und Stelle auf seiner sich bereits wieder erhebenden Erektion hielt.

„Wohin gehen wir?“

„Du hattest deinen Spaß. Jetzt bringe ich dich ins Bett.“

Das schrille Klingeln seines Mobiltelefons riss Lucan aus seinem tiefen Schlaf. Er lag mit Gabrielle im Bett, und beide waren ausgelaugt. Sie lag zusammengerollt neben ihm, ihr nackter Körper wunderbar über seinen Beinen und seinem Rumpf ausgebreitet.

Gott, wie lange hatte er geschlafen? Es mussten wohl Stunden gewesen sein, was erstaunlich war, wenn man seine übliche nervöse Schlaflosigkeit bedachte.

Das Handy klingelte wieder, und schon war Lucan auf den Beinen und steuerte auf das Bad zu, wo er seine Jacke gelassen hatte. Er holte das Gerät aus einer der Taschen und klappte es auf.

„Ja.“

„Hey.“ Es war Gideon, und seine Stimme hatte einen sonderbaren Klang. „Lucan, wie schnell kannst du zum Quartier kommen?“

Er blickte ins angrenzende Schlafzimmer. Gabrielle setzte sich gerade auf, verschlafen, die nackten Hüften in zerwühltes Bettzeug gehüllt, das Haar wild in die Stirn hängend. Er hatte noch nie zuvor etwas so verdammt Verführerisches gesehen. Vielleicht war es besser, bald zu gehen, wenn er noch eine Chance haben wollte, hier wegzukommen, bevor die Sonne aufging.

Er riss seinen Blick von ihrem erregenden Anblick los und knurrte eine Antwort ins Telefon. „Ich bin nicht weit weg. Was ist denn los?“

Ein langes Schweigen dehnte sich am anderen Ende aus.

„Etwas ist passiert, Lucan. Etwas Schlimmes.“ Es folgte eine weitere Pause. Dann brach Gideons natürliche Ruhe ein wenig zusammen. „Verdammt, es gibt keinen schonenden Weg, das auszusprechen. Wir haben heute Nacht einen verloren, Lucan. Einer der Krieger ist tot.“

12

Das Klagegeschrei einer Frau drang an Lucans Ohr, sobald er aus dem Fahrstuhl trat, der zu den unterirdischen Tiefen des Quartiers führte. Es waren herzzerreißende Schreie tiefster Qual. Die Totenklage der Stammesgefährtin, rau und verstörend, war das einzig Hörbare in der Stille des langen Korridors.

Es griff Lucan ans Herz, diese entsetzliche Wucht des Verlustes.

Noch wusste er nicht, welcher Stammeskrieger in dieser Nacht umgekommen war. Er hielt sich nicht mit Spekulationen auf. Schnellen Schrittes eilte er in Richtung der Krankenzimmer, von wo aus Gideon ihn erst vor wenigen Minuten angerufen hatte. Als er um die Ecke kam, sah er gerade noch, wie Savannah eine untröstliche, weinende Danika aus einem der Räume führte.

Eine Schockwelle traf ihn.

Also war Conlan der Tote. Der große Highlander mit seinem ungezwungenen Lachen und dem tiefen, unerschütterlichen Ehrgefühl … tot. Bald würde er zu Staub zerfallen sein.

Himmel, er konnte die harte Wahrheit kaum fassen.

Lucan blieb stehen und verbeugte sich mit tiefem Respekt vor der Witwe des Kriegers, als sie an ihm vorbeiging. Danika klammerte sich an Savannah. Deren starke, mokkafarbene Arme schienen alles, was Conlans große blonde Stammesgefährtin vor dem Zusammenbruch bewahrte.

Savannah sah Lucan an, ihr weinender Schützling war dazu außerstande. „Sie erwarten dich drinnen“, sagte sie sanft zu ihm, und in ihren dunkelbraunen Augen glitzerten Tränen. „Sie werden deine Stärke und Führung brauchen.“

Lucan nickte Gideons Frau ernst zu, dann wandte er sich ab und erreichte mit wenigen schnellen Schritten die Krankenstation.

Leise trat er ein, um ja nicht die Besinnung dieser kurzen Zeitspanne zu zerstören, die er und seine Brüder noch mit Conlan verbringen konnten. Der Krieger hatte erschütternd schwere Verletzungen abbekommen. Schon beim Betreten des Raumes konnte Lucan den schrecklichen Blutverlust riechen. Dann stieg ihm die ganze üble Mischung aus Schießpulver, elektrischen Verbrennungen, verbogenen Metallsplittern und versengtem Fleisch in die Nase.

Es hatte eine Explosion gegeben, und Conlan war mittendrin gewesen.

Conlans Überreste lagen auf einem mit einem Leichentuch bedeckten Untersuchungstisch. Sein Körper war entkleidet bis auf den breiten Streifen aus bestickter weißer Seide, der seine Lenden bedeckte. In der kurzen Zeit, seit man ihn hergebracht hatte, war Conlans Haut gereinigt und mit einem Duftöl eingerieben worden. Das gehörte zur Vorbereitung auf die Begräbnisriten, die beim nächsten Sonnenaufgang stattfinden würden, das war noch etliche Stunden hin.

Um den Tisch, auf dem der Krieger lag, hatten sich die anderen versammelt: Dante, starr bei seiner stoischen Betrachtung des Todes. Rio mit tief gesenktem Kopf, einen Rosenkranz in den Fingern, während seine Lippen stumm Worte aus der menschlichen Religion seiner Mutter rezitierten. Gideon, ein Tuch in der Hand, betupfte behutsam eine der zahllosen grässlichen Wunden, die beinahe jeden Zentimeter von Conlans Haut bedeckten. Und Nikolai, der in dieser Nacht mit Conlan auf Patrouille gewesen war. Sein Gesicht war bleicher, als Lucan es je gesehen hatte, der Blick trostlos und leer, die Haut entstellt von Ruß, Asche und kleinen, blutenden Schnittwunden.

Sogar Tegan war da und erwies Conlan die letzte Ehre, auch wenn der Vampir sich etwas abseits des Kreises hielt, seine Augen verschattet, düster in seiner Einsamkeit.

Lucan trat an den Tisch, um seinen Platz unter seinen Brüdern einzunehmen. Er schloss die Augen und betete in der anhaltenden Stille für Conlan. Erst nach längerer Zeit brach Nikolai das Schweigen im Raum.

„Er hat mir heute Nacht da draußen das Leben gerettet. Wir hatten ein paar Arschlöcher am Green-Line-Bahnhof eingeäschert und waren schon auf dem Rückweg, da sah ich diesen Kerl aus dem Zug steigen. Ich weiß nicht, warum er mir ins Auge fiel, aber dann grinste er uns so feist und überheblich an, als ob er uns herausforderte, ihn zu verfolgen. Er hatte eine Art Schießpulver bei sich. Danach stank er auch und nach irgendeinem anderen Mist, den ich so schnell nicht zuordnen konnte.“

„TATP“, sagte Lucan. Er konnte das beißende Zeug auf Nikos Kleidung jetzt noch riechen.

„Dann wurde klar, dass der Scheißkerl einen Gürtel mit Sprengstoff um den Körper trug. Er sprang aus dem Zug, als der gerade anfahren wollte, und rannte los, eine der alten Gleisstrecken entlang. Wir verfolgten ihn, und Conlan trieb ihn in die Enge. In dem Moment sahen wir die Bomben. Sie hingen an einem Sechzig-Sekunden-Zünder, und der stand schon unter zehn. Ich hörte Conlan brüllen, ich sollte in Deckung gehen, dann stürzte er sich auf den Kerl.“

„Gott“, Dante fuhr sich mit der Hand durch das schwarze Haar.

„Das war ein Lakai?“, fragte Lucan. Es schien ihm eine plausible Schlussfolgerung.

Die Rogues hatten keinerlei Skrupel, das Leben von Menschen wie Staub zu verschwenden, wenn es um ihre kleinlichen Territorialkriege oder auch um persönliche Vergeltungsmaßnahmen ging. Lange Zeit hatten nicht nur religiöse Fanatiker die Willensschwachen als billige, entbehrliche, aber doch wirkungsvolle Werkzeuge des Terrors eingesetzt.