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Die Entscheidung strittiger Auslegungsfragen kraft »staatlicher Aufsicht«, im Verwaltungsweg, ist im Fall der CARL ZEISS-Stiftung durch die angezogenen Vorschriften in Titel IX des Stiftungsstatuts ausgeschlossen.

Zwar hat die staatliche Aufsichtsbehörde, weil sie die Statutenmäßigkeit der Verwaltung von Stiftungen zu überwachen berufen ist, auch in diesem Fall gegen Verletzungen des Statuts, die als solche anerkannt oder festgestellt sind, im Verwaltungsweg einzuschreiten. Die Entscheidung darüber, was statutengemäß und was statutenwidrig sei, hat sie aber in Angelegenheiten dieser Stiftung nicht selbst zu geben -weil deren Statut durch die Anordnungen in Titel IX diese Entscheidung im Streitfall den Gerichten überwiesen hat. Und gerade weil die staatliche Aufsicht darüber zu wachen hat, daß in allen Punkten die Satzungen der Stiftungen respektiert werden, hat sie nun im Fall der CARL ZEISS-Stiftung auch darüber zu wachen, daß strittige Auslegungsfragen auf dem satzungsgemäßen gerichtlichen Weg zum Austrag gebracht werden.

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Im vorigen Sommer ist aus Anlaß von Erörterungen wegen der politischen Neutralität der hiesigen Lesehalle von neuem eine öffentliche Kontroverse über die Rechtslage der CARL ZEISS-Stiftung und ihr Verhältnis zum Staat und zu den Staatsbehörden entstanden, in deren Verlauf unter dem Anschein von Autorität und Sachkenntnis auf die »staatliche Aufsicht«, der diese Stiftung unterstehe, und auf »vorgesetzte Behörden«, denen ihre Organe unterstellt seien, Bezug genommen wurde.

Dem entgegenstehenden Erklärungen, die ich als Begründer der Stiftung und als Verfasser ihres Statuts, schon bei einer früheren Gelegenheit und wiederholt aus diesem Anlaß öffentlich abgegeben habe, ist dabei nicht nur scharf widersprochen worden; man hat mir sogar den Vorwurf gemacht, diese Erklärungen wider besseres Wissen gegeben zu haben.

Um die hierdurch hervorgerufene Rechtsunsicherheit zu beseitigen und die Nachteile abzuwenden, die den Geschäftsbetrieben der Stiftung aus der fortgesetzten Diskreditierung wesentlicher Grundlagen ihrer Verfassung erwachsen, habe ich damals, im Einverständnis mit meinen Kollegen im Vorstand der Optischen Werkstätte, erklärt, auf dem Weg der Feststellungsklage ein gerichtliches Urteil über die durch das Stiftungsstatut begründete Rechtslage herbeiführen zu wollen.

Diese Absicht habe ich indes aufgeben müssen, weil dringende Arbeiten, die mich im vorigen Herbst und Winter ganz in Anspruch nahmen, mir unmöglich machten, alle zur Klageerhebung erforderlichen Unterlagen rechtzeitig beizubringen.

Ich beschränke mich daher auf Veröffentlichung der »Erläuterungen zu Titel I und II des Stiftungsstatuts«, die ich aus diesem Anlaß niedergeschrieben hatte. Und ich bin auch der Meinung, daß Dieses allein schon ausreichen werde, alle Beunruhigung zu beseitigen, die in den nächstbeteiligten Kreisen durch die Anfechtung meiner früheren Erklärungen entstanden ist.

Den Angehörigen der Stiftungsbetriebe empfehle ich, diese »Erläuterungen« ihrem Statutenheft beizufügen.

Jena, 12. Juni 1900.

Dr. E. Abbe.

Fußnoten:

[Fußnote 90: Vgl. hierzu oben S. 329-341.]

Druck von A. Kämpfe, Jena.