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»Oh, üch soll dön Kööödör spülön«, säuselte Hugo.

»Ja, eventuell«, sagte Frau Kümmelsaft. »Also, Boccabella lockte den Geist an den Ort seines Ablebens. Und dort«, Hedwig Kümmelsaft senkte die Stimme, »dort wartete er auf ihn, gekleidet in ein altes Gewand, das der Geist zu Lebzeiten selbst getragen hatte.«

»Oh, wir - icks - haben auch ein Gewand der - icks - Baronin!« rief Frau Wurm aufgeregt. »Ich glaube, es ist - icks - dasselbe, das sie auf dem Gemälde trug.«

»Sehr gut.« Hedwig Kümmelsaft seufzte erleichtert. »Dann könnte es gehen.«

»Oh, bitte, erzählen Sie weiter!« drängte Herr Wurm. »Boccabella wartete auf den Geist. Und dann?«

»Er hatte einen todesmutigen Plan«, erzählte Frau Kümmelsaft weiter. »Er wollte den Geist so provozie­ren, daß er ihn berührte.«

»Aber«, Frau Wurm preßte erschrocken die Hand vor den Mund, »hatte - icks - er nicht Angst, verflüs­sigt und geschlürft zu werden?«

»Nun, Boccabella wußte eins«, fuhr Frau Kümmel­saft fort, »er wußte, daß ein SPUMIDUV große Angst davor hat, irgend etwas aus seiner sterblichen Ver­gangenheit zu berühren. Je öfter und enger der SPU­MIDUV zu seinen Lebzeiten Kontakt mit diesen Ge­genständen hatte, desto ängstlicher vermeidet er jetzt eine Berührung mit ihnen. Nur für das Gebäude, in dem er gelebt hat, gilt das offenbar nicht. Boccabella hatte mehrmals beobachtet, daß SPUMIDUVs vor alten Bettüchern, Rüstungen oder Kleidungsstücken zurück­wichen, als stecke der Teufel persönlich darin. Also wagte er das tollkühne Experiment, sich mit dem alten Gewand vor der Verflüssigung zu schützen. Anderer­seits hoffte er, daß die Berührung den Geist auf der Stelle vernichten würde.«

»Und?« fragte Tom gespannt. »Hat es geklappt?«

Hedwig Kümmelsaft nickte. »Der Geist wurde zu Nebel und verschwand.«

»Donnerwetter«, murmelte Tom. »Ganz schön mu­tig von diesem Boccabella, muß ich sagen.«

»Nööböl«, seufzte Hugo. »Nööböl und vörschwun- dön. Wos für oinö Schondö! Üch hottö so vüüül Spoß müt dör Boronün.«

»Oh, da fällt mir ein«, Frau Wurm sprang auf, »ich glaube, das - icks - Kleid der Baronin ist hier. Es - icks - hatte ein kleines Loch, und ich habe es - icks - zum Reparieren vor einigen Tagen hierhergebracht.«

Aufgeregt trippelte sie zu dem alten Schrank, der hinter ein paar zerbeulten Rüstungen stand.

»Ja, ja, da ist es!« rief sie und kam mit dem roten Gewand zurück. Es war ohne Zweifel das Kleid, das die Baronin auf ihrem Porträt trug.

»Oje!« sagte Tom. »Wem soll das denn passen?«

»Du bist, fürchte ich, zu dick, meine Liebe«, sagte Herr Wurm zu seiner Frau. »Und Frau Kümmelsaft ist viel zu groß.«

»Tja, die Menschen früher waren wesentlich klei­ner«, sagte

Hedwig Kümmelsaft. »Als Geist ist die Baronin viel größer als

zu Lebzeiten. Hm.« Nachdenklich rieb sie ihre Na­senspitze.

»Ich fürchte, hier gibt es nur eine Person, die in das Kleid paßt.«

»Wieso? Wer denn?« fragte Tom.

»Duuuuu!« säuselte Hugo. »Wör sonst?«

»Ich?« Entgeistert sah Tom die anderen an. »Ich? Das soll wohl ein Witz sein? Ich zieh' doch auf gar kei­nen Fall dieses Kleid an.«

»Natürlich nicht.« Hedwig Kümmelsaft schüttelte den Kopf. »Ich bin ganz deiner Meinung. Das wäre viel zu gefährlich. Wer kann schon sagen, ob Boccabellas Methode bei allen SPUMIDUVs erfolgreich ist? Und ich möchte dich keinesfalls in einer Wasserflasche nach Hause bringen.«

»Ach nein, das mein' ich doch gar nicht!« rief Tom. »Ich meine doch nicht, daß es mir zu gefährlich ist!« Darüber hatte er noch gar nicht nachgedacht. »Aber ich kann doch nicht, ich meine.« Er wurde knallrot. »Ich stell' mich doch nicht in so einem Fummel da draußen auf die Zugbrücke. Das.«

Verlegen rückte er seine Brille zurecht. »Das ist mir peinlich.«

»Höhöööh!« kicherte Hugo und tippte Tom einen Eisfinger auf die Nase. »Dos üst zühümlüch olbörn, fündöst du nücht? Höhööööh!«

»Na, du hast gut reden«, knurrte Tom. »Du flatterst ja ständig in so 'nem Schlabberdings durch die Ge­gend.«

»Tja«, sagte Frau Kümmelsaft, »was dann? Wir ha­ben noch eine halbe Stunde, um uns etwas einfallen zu lassen. Wenn unsere Freundin nicht früher zurück­kommt. Und sie wird ziemlich ärgerlich sein, das ist sicher.«

Alle schwiegen bedrückt.

Tom fühlte sich scheußlich. Absolut scheußlich.

»Ja, ja, schon gut!« sagte er schließlich. »Ich mach' es. Ich

zieh' das Ding an. Aber ich muß nicht noch 'ne Perü­cke oder so was aufsetzen, oder?«

»Oin Schloiör wärö nücht schlöcht«, säuselte Hugo. »Dos würdö dür wundörbor stöhön.«

»Hugo, laß ihn in Ruhe«, sagte Frau Kümmelsaft und stand auf. »Machen wir uns an die Vorbereitun­gen. Frau Wurm, können Sie das Kleid so verändern, daß die Baronin es nicht erkennt?«

»Kein - icks - Problem«, sagte Frau Wurm.

»Gut«, sagte Frau Kümmelsaft. »Dann fangen Sie am besten gleich an. Uns bleibt nicht mehr viel Zeit.«

Duell auf der Zugbrücke

Es war kurz vor vier, als Tom mit Frau Kümmelsaft auf die Zugbrücke hinaustrat. Pechschwarz hing die Nacht über der alten Burg, nur der Schnee schimmerte in der Dunkelheit. Es schneite nicht mehr, aber ein ei­siger Wind strich um die Mauern und fuhr in den Glo­ckenturm der Kapelle. Unheimlich wehte ihr Läuten herüber, das war das einzige Geräusch in der nächtli­chen Stille.

Tom schauderte.

Er fühlte sich gräßlich. Das Kleid der Baronin flatter­te ihm um die Glieder, und obwohl er Jeans und Pullo­ver drunter trug, fror er erbärmlich. Auf dem Kopf hat­te er einen Schleier, damit die Baronin nicht gleich merkte, mit wem sie es zu tun hatte.

»Mannomann!« murmelte Tom. »Nur gut, daß mich keiner so sieht.«

»Ach, komm!« sagte Hedwig Kümmelsaft. »In ande­ren Ländern tragen Männer ständig Kleider, oder? Mach bitte den Spukenergie-Visualisator an.«

»Okay!« Tom knipste ein Ding an, das haargenau wie eine Taschenlampe aussah. Nur daß es eine selt­sam geformte blaue Birne hatte. Langsam ließ er den blauen Strahl über die Brücke wandern.

»Da!« flüsterte er. »Da muß es passiert sein.« Ganz rechts, am Rand der Brücke, begann der Schnee zu leuchten, als das blaue Licht auf ihn fiel. Er wirbelte hoch und rieselte bläulich schimmernd auf das dunkle Wasser des Burggrabens hinab. Ein leiser Seufzer strich durch die Nacht.

»Haben Sie etwas gefunden?« rief Herr Wurm.

Zusammen mit seiner Frau saß er in einem Ruder­boot unter der Brücke. Die beiden hatten darauf be­standen, nun auch bis zum bitteren Ende mit dabeizu­sein.

»Ja, wir haben die Stelle!« antwortete Frau Küm­melsaft.

»Aber nun keinen Laut mehr da unten, verstanden?

Sonst greift die Baronin womöglich nach Ihnen und nicht nach unserem Gutgekleideten Freund hier.«

Tom schluckte. Er sah plötzlich bleiche, lange Finger vor sich, die nach ihm griffen. Entschlossen schüttelte er den Kopf.

»Irgendwas nicht in Ordnung?« fragte Frau Küm­melsaft besorgt.

»Nein, nein«, antwortete Tom. Erste Regel der Ges­pensterjägerei: Stell dir nie zu genau vor, was auf dich zukommen könnte, rief er sich ins Gedächtnis.

Entschlossen raffte er das lange Kleid zusammen und stellte sich genau auf die Stelle, an der vorhin der Schnee aufgewirbelt war.