Выбрать главу

Er lachte spöttisch. »Fein. Ich hebe Ihnen da einen Drink auf. Wenn Perry recht hat, dann werden wir vielleicht beide einen brauchen.«

Hart riss er an der Leine und zerrte Kallik regelrecht aus dem Raum.

Darya, die innerlich immer noch kochte, ging zu J’merlia hinüber, der jetzt langsam wieder auf die Beine kam. »Wie geht es Atvar H’sial?«

»Viel besser. Noch ein Dobelle-Tag, dann wird sie ihre Arbeit wieder voll und ganz aufnehmen können.«

»Gut. Sag ihr, dass ich mich entschieden habe und bereit bin, vorbehaltlos mit ihr zu kooperieren. Ich werde alles wie besprochen tun. Ich bin bereit, nach Erdstoßseite und zu ›Nabelschnur‹ aufzubrechen, sobald sie wieder ganz genesen ist.«

»Ich werde es ihr sofort berichten. Das ist eine gute Nachricht.« J’merlia trat ein wenig näher an sie heran und betrachtete aufmerksam Daryas Gesicht. »Aber Sie hatten gerade ein unschönes Erlebnis, Darya Lang. Hat dieser Mann versucht, Sie zu verletzen?«

»Nein. Nicht körperlich.« Aber verletzt hat er mich dennoch. »Er hat mich wütend gemacht. Es tut mir leid, J’merlia. Er wollte unbedingt mit mir reden, also sind wir hinausgegangen. Ich dachte, du würdest schlafen. Ich bin gar nicht auf die Idee gekommen, sein entsetzliches Haustier könnte dich bedrohen.«

J’merlia starrte sie an und schüttelte seinen schmalen Gottesanbeterinnen-Kopf — eine Geste, die er von den Menschen aufgeschnappt hatte. »Bedroht? Von ihr?« Er deutete auf die Tür. »Von dem Hymenopter-Weibchen?«

»Ja.«

»Sie hat mich nicht bedroht. Kallik und ich hatten gerade eine Protokonversation — die ersten Schritte, die Sprache des anderen zu erlernen.«

»Sprache?« Darya dachte an die Leine und das Halfter. »Willst du mir sagen, dass dieses Wesen Sprechen kann? Dass das nicht nur einfach irgendein Haustier ist?«

»Verehrte Professorin Lang, ganz gewiss kann Kallik sprechen! Sie hatte bisher keine Gelegenheit, mehr als nur die Sprache der Hymenoptera zu erlernen, weil sie bisher nur wenige andere kennen gelernt hat, und ihr Meister hat keinen Wert darauf gelegt, dass sie lernt. Aber sie befindet sich in einem beständigen Lernprozess. Wir haben mit weniger als fünfzig Worten angefangen, die wir beide kannten, und nun sind wir bei mehr als einhundert.« J’merlia bewegte sich auf die Tür zu, sein verletztes Bein zog er immer noch nach. »Bitte entschuldigen Sie mich, verehrte Professorin! Ich muss nun aufbrechen, um Atvar H’sial aufzusuchen. Es ist schade, dass Kallik diesen Ort hier verlassen wird. Aber vielleicht werden wir ja eine Gelegenheit finden, erneut miteinander zu sprechen und voneinander zu lernen, wenn sie und ihr Meister ankommen.«

»Ankommen? Wohin gehen sie denn?«

»Dorthin, wohin scheinbar alle gehen.« An der Türschwelle blieb J’merlia stehen. »Nach Erdstoß. Wohin auch sonst?«

11

Gezeitensturm minus dreizehn

Gewaltsamer Widerstand stellt ein Problem dar, aber manchmal ist es schwerer, mit gewaltlosem Widerstand umzugehen.

Hans Rebka fühlte sich wie ein Boxer: Er erwartete einen Schlag, der jedoch nie kam. In gewisser Weise wartete er immer noch.

»Die haben sich nicht dagegen gewehrt?«, fragte er.

Max Perry nickte. »Doch natürlich! Zumindest dieser Nenda. Aber dann hat er gesagt, jetzt habe er vom Dobelle-System endgültig die Nase voll, und wir könnten uns sein Zugangsgesuch sonstwohin stecken, und er würde jetzt hier abhauen, so schnell er könne. Und er ist auch schon weg.«

»Was ist mit Darya Lang und Atvar H’sial?«

»Lang hat kein Wort gesagt. Und wir haben nicht den Hauch einer Chance zu erfahren, was diese Atvar H’sial denkt, aber das, was dieser J’merlia gesagt hat, klang nicht allzu erbost. Die haben sich zum Schmollen auf irgendeine andere Schlinge zurückgezogen. Ich habe sie seit zwei Tagen nicht mehr gesehen. Meinen Sie, wir müssen uns Sorgen machen?«

Die beiden Männer warteten die letzten Augenblicke ab, in denen die Kapsel, die sie nach Erdstoß bringen sollte, an ›Nabelschnur‹ ankoppelte. Sie hatten ihr Gepäck dabei, jeder eine kleine Tasche. Julius Graves stand neben dem Flugwagen, mit dem sie von der Sternenseite hierhergekommen waren, und mühte sich mit zwei schweren Koffern ab.

Sorgsam dachte Rebka über die Frage nach, die Perry ihm gerade gestellt hatte. Sein eigener Auftrag im Dobelle-System war eigentlich nur die Rehabilitation von Max Perry. Im Prinzip hatte das nicht das Geringste mit den Mitgliedern anderer Claden zu tun oder damit, wie diese hier behandelt wurden. Doch für jeden anderen auf Opal war er hier der Vorgesetzte, und mit diesem Posten kamen eben auch Verpflichtungen. Er hatte eine neue, verschlüsselte Nachricht aus dem Hauptquartier des Kreises erhalten, kurz bevor sie von der Sternenseite aufgebrochen waren; doch er machte sich keine allzu großen Hoffnungen, dass ihm diese Nachricht wirklich weiterhelfen würde. Ratschläge und Anweisungen aus weiter Ferne sind meist eher dazu geeignet, Probleme zu verschlimmern, statt zu ihrer Lösung beizutragen.

»Eigentlich hätten sie alle gegen die Ablehnung wesentlich vehementer protestieren müssen«, meinte er schließlich. »Vor allem Louis Nenda. Wie stehen die Chancen, dass er Opal verlässt und auf eigene Faust eine direkte Landung auf Erdstoß versucht? Er ist mit seinem eigenen Schiff angekommen.«

»Wir haben keinerlei Möglichkeit, ihn davon abzuhalten, genau das zu versuchen. Aber falls sein Schiff nicht darauf ausgelegt ist, auch ohne die Starthilfen eines Raumhafens abzuheben, dann steckt er in Schwierigkeiten. Vielleicht kann er Erdstoß ja tatsächlich erreichen, nur wird er höchstwahrscheinlich nie mehr davon wegkommen.«

»Und wie ist das mit Darya Lang und Atvar H’sial?«

»Unmöglich. Denen steht kein Schiff zur Verfügung, und sie werden auch keines mieten können, das für Interplanetarflüge geeignet wäre. Über die brauchen wir nicht weiter nachzudenken.«

Dann jedoch zögerte Perry. Er war sich selbst nicht sicher, ob diese Einschätzung wirklich stimmte. Es lag eine sonderbare Stimmung in der Luft, dieses Gefühl der letzten Ruhe vor einem wirklich gewaltigen Sturm. Und das lag nicht nur an den Wolkenbrüchen, die innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden Opal heimsuchen würden.

Es lag am Gezeitensturm, der hier drohend über allem zu schweben schien. In dreizehn Dobelle-Tagen sollte es so weit sein, und Mandel und Amarant wurden immer größer und immer heller. Die Durchschnittstemperaturen waren bereits um fünf Grad angestiegen, und die düsteren Wolken sahen mehr und mehr aus wie geschmolzenes Kupfer. Auch die Luft von Opal hatte sich verändert. Sie war jetzt von einem sonderbaren metallischen Beigeschmack geschwängert, der genau zu dem immer tiefer sinkenden Himmel passte. Der Staub, der beständig in der Luft hing, trocknete die Lippen aus, ließ Augen brennen und tränen, und Nasen juckten, ständig bereit zu niesen. Während gewaltige Gezeiten den Grund des Ozeans bis dicht an die Oberfläche herantrugen, entließen Seebeben und Eruptionen ihre reizenden Dämpfe und ihren Staub in die Atmosphäre.

Endlich hatte Julius Graves seine Koffer in einer für ihn akzeptablen Art und Weise in der untersten Ebene des ›Nabelschnur‹-Wagens verstaut. Er kam zu den beiden anderen Männern hinüber und starrte zu dem flackernden Himmel hinauf.

»Da zieht schon wieder ein Sturm auf. Ist ein guter Zeitpunkt, Opal zu verlassen.«

»Aber ein noch schlechterer Zeitpunkt, Erdstoß aufzusuchen«, erwiderte Perry.

Sie stiegen in die Kapsel. Perry legte seine persönliche ID vor und gab dann eine komplizierte Steuersequenz ein.

Die drei Männer blieben einander gegenüber reserviert und förmlich, sie fühlten sich sichtlich unwohl, während der Aufstieg begann. Als Perry Graves in aller Ruhe darüber informiert hatte, dass jeglicher Zugang zu Erdstoß bis zum Ende des Gezeitensturms untersagt sei, hatte Graves ebenso kühl die Autorität des Rates geltend gemacht: Er würde dennoch Erdstoß aufsuchen.