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»Mr Coldmoon braucht sein –«, fing die Krankenschwester wieder an, aber da hakte sich Fauchet schon bei der Frau unter und führte sie sanft, aber entschieden aus dem Zimmer, wobei sie sie mit Fragen über Coldmoons Medikamente bombardierte. Die drei Männer schauten zu, wie Fauchet die Tür schloss.

»Jedenfalls«, sagte Pickett, wandte sich um und machte sich kerzengerade, als wollte er eine offizielle Erklärung abgeben, »kann ich Sie jetzt davon in Kenntnis setzen, dass es in Washington eine offene Stelle als Executive Assistant Director bei der FBI-Außenstelle bei der Nationalen Sicherheitsbehörde gibt und man mir den Posten angeboten hat. Der erfolgreiche Abschluss des Falls hat bei diesem Angebot offenkundig eine Rolle gespielt.« Er räusperte sich. »Mag sein, dass ich ein anspruchsvoller Vorgesetzter bin, aber ich erkenne auch die Verdienste eines anderen an. Und deshalb, Agent Coldmoon, sollten Sie wissen, dass ich – zusätzlich zum FBI-Stern – den Schriftkram einleiten werde, damit Sie zum Senior Special Agent befördert werden.«

Coldmoon wusste nicht, was er darauf antworten sollte. »Vielen Dank, Sir.«

Aber Pickett hatte sich bereits zu Pendergast umgewandt. »Agent Pendergast. Wie ich erwähnt habe, gebührt Ihnen hier ein großer Teil der Ehre. Ich nehme an, ich könnte Sie zum Supervisory Special Agent befördern, aber ich bezweifle, dass Sie sich mit administrativen Aufgaben belasten möchten.«

Pendergast verbeugte sich leicht. »Das ist wohl wahr.«

Pickett sah auf die Uhr. »Also, bevor ich gehe, kann ich sonst noch etwas für Sie tun? In beruflicher Hinsicht, meine ich?«

»Doch, das können Sie tatsächlich. Erinnern Sie sich an die Übereinkunft, die wir kürzlich in jener Rooftop-Bar getroffen haben, was die Details meiner, ähm, die Parameter meiner Tätigkeit betrifft?«

Eine Wolke zog über Picketts Gesichtszüge, bevor er sie stoppen konnte. »Selbstverständlich. Und ich werde dafür sorgen, dass mein Nachfolger in der New Yorker Außenstelle auch weiterhin Ihre unorthodoxen Methoden anerkennt – vorausgesetzt natürlich, Sie halten Ihre beeindruckende Erfolgsbilanz aufrecht.«

»Ich werde mein Bestes geben.« Pendergast deutete seinen Dank mit einem Nicken an. »Damit bleibt nur noch eine Sache – der Charakter meines Arbeitsumfelds. Speziell die Frage, was meinen Partner angeht.« Sein Gesicht, blass im günstigsten Fall, wirkte jetzt wie Marmor. »Wie Sie sich ohne Zweifel erinnern, habe ich mich ursprünglich der Idee, mit Agent Coldmoon zusammenzuarbeiten, widersetzt. Jedoch möchte ich …« Er schien untypischerweise zu stocken. »Es sollte vermerkt werden –«

»Hm, noch etwas«, unterbrach Coldmoon. »In Bezug auf meine Beförderung, meine ich.«

Die anderen beiden drehten sich zu ihm um.

»Ich hätte es lieber, wenn Sie einen anderen Partner für mich fänden. In Zukunft, meine ich.«

Pickett hob die Augenbrauen.

»Nichts für ungut, Agent Pendergast. Aber ich bin mir nicht sicher, ob unsere investigativen Methoden vollständig … synchron sind.« Verflucht, war er müde. »Ich meine …« Er machte eine entnervte Handbewegung über seinen liegenden Körper hinweg.

»Kein Problem«, ging Pendergast schnell dazwischen, ehe Pickett etwas sagen konnte. »Schließlich wäre es kaum fair – angesichts dessen, was anderen Agenten zugestoßen ist, mit denen ich in der Vergangenheit zusammengearbeitet habe. Agent Coldmoons derzeitiger Gesundheitszustand spricht für sich selbst. Ich glaube, es kursiert eine Geschichte im Bureau, wonach man sich auf ein Himmelfahrtskommando begeben würde, wenn man mit mir zusammenarbeitet. Dass ich so etwas wie ein Jonas auf dem Schiff des FBI sei. Ein unglückseliges Gerücht, das ich leider nur schwer zerstreuen kann.«

Pickett blickte von Pendergast zu Coldmoon und wieder zu Pendergast, unfähig, seine Miene völlig frei von Misstrauen zu halten. »Nun gut. Wenn das Ihr förmliches Ersuchen ist, Agent Coldmoon.«

Im selben Moment stürmte die Krankenschwester erneut ins Zimmer. Ihr Gesichtsausdruck zeigte, dass sie es diesmal ernst meinte. »Raus. Alle.«

»Ja, natürlich«, sagte Pickett hastig. »Agent Coldmoon, Sie werden von mir hören. Kommen Sie schnell wieder auf die Beine.«

Pendergast wandte sich um, um nach ihm das Zimmer zu verlassen. Im letzten Moment warf er einen Blick zurück und sagte: »Danke. Armstrong.«

»Sie sind mir was schuldig«, flüsterte Coldmoon, während ihn die Müdigkeit überwältigte. »Und das nicht zu knapp.«

50

Roger Smithback saß am Schreibtisch, die Finger regungslos auf der Tastatur. Sein Büro war von den schweren Kisten voller Briefe geräumt worden – alles sinnlos jetzt, denn der echte Brokenhearts war knapp eine Woche zuvor gefasst worden, und Miami kehrte zur Normalität zurück, besser: zu einer Normalität, die in dieser Stadt möglich war.

Die Sache war nur, überlegte Smithback, dass er nicht das Gefühl hatte, dass die Morde aufgeklärt waren. Oh, er hatte die Erklärungen gehört – die Polizei hatte sie der Presse ausgeteilt wie eine Parteilinie, worum es sich wahrscheinlich auch handelte –, aber es gab da Fragen, die nach wie vor unbeantwortet waren. Mehr noch, es fehlten ganze Teile des Puzzles: Was genau hatte das Ganze ausgelöst, warum waren die Herzen auf diesen ganz speziellen Gräbern zurückgelassen worden … sogar wer genau wessen schuldig war. Natürlich hatte er diese Fragen gestellt, war jedoch gegen eine Mauer gelaufen, die Tatsache nämlich, dass Mister Brokenhearts, alias Ronald Vance, ein sehr gestörter Mensch war, der in Untersuchungshaft saß und von Psychiatern und Psychologen vernommen wurde, und dass seine Motive im Moment nicht von der Polizei veröffentlicht werden konnten – wenn er denn irgendwelche einleuchtenden Motive hatte. Das Gleiche galt für diesen Commander Grove, der bei einer Schießerei in den Everglades umgekommen war. Obwohl es über seine Rolle bei der Auflösung der Morde Andeutungen gegeben hatte, neigte die Polizei dazu, ihre Reihen zu schließen, selbst um die faulen Äpfel, und niemand wollte dort seine Fragen beantworten.

Was für ihn eine Hiobsbotschaft war. Am Anfang hatte er echt gute Eigen-PR mit dieser Story gemacht. Im Gegenzug erwartete allerdings die ganze verdammte Stadt, dass er die Erwartungen erfüllte – was er nicht konnte. Er besaß nicht mehr Informationen als die restlichen Gerichtsreporter. Das Interesse an den irren Briefen, die er erhalten hatte, hatte nachgelassen. Der Nachrichtenkreislauf bewegte sich weiter, und der Fall Brokenhearts war auf dem Weg von der Titel- zur Rückseite. Der verletzte FBI-Agent im Zentrum des Falls sollte bald aus dem Krankenhaus entlassen werden, und Kraski, sein Chefredakteur beim Herald, wollte, dass er wieder aus dem Kriminellenmilieu berichtete. Mehr noch, Kraski hatte ihm diesen abschließenden Artikel über die Morde aufs Auge gedrückt – eine Art zusammenfassendes Editorial –, nachdem Smithback ihm deswegen schwer auf die Pelle gerückt war.

Er starrte auf das, was er eine halbe Stunde zuvor geschrieben hatte und dem er seitdem nichts hatte hinzufügen können.

Erst wenn die psychologischen Spezialisten der Polizei Miami und des FBI ihre Begutachtung von Brokenhearts zu Ende führen können, der inzwischen als Ronald Vance identifiziert ist, werden wir wahrscheinlich die Motive verstehen, die zu diesem mörderischen Amoklauf geführt haben. Möglicherweise werden wir nie erfahren, wofür Vance »Abbitte« leisten wollte und warum er ein solch brennendes Verlangen danach verspürte.

Was wir allerdings wissen, ist, dass Ronalds Vater John seinen Sohn auf eine mörderische Reise mitnahm, die vor elf Jahren an der Ostküste stattfand. Aber diese Erkenntnis führt nur zu weiteren Fragen. Was war der Auslöser, der Vater und Sohn auf diesen Pfad des Mordens führte? Wie genau sah die Beziehung dieses Vater-und-Sohn-Mord-Teams aus? Warum hörten die als »Selbstmorde« inszenierten Morde auf – und warum hat der Sohn so lange gewartet, bis er wieder mordete? Wieso die Herzen auf den Gräbern? Zusammengefasst: Was genau ist die Verbindung zwischen den gefälschten Selbstmorden vor elf Jahren und den Morden von Brokenhearts heute? Und wie genau passt der Tod von Commander Grove von der Polizei Miami in dieses Bild der Gewalt?