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»Harry«, schluchzte Hagrid. »Oh, Harry ... Harry ...«

Harry drückte die Augen wieder fest zu. Er wusste, dass sie sich dem Schloss näherten, und spitzte die Ohren, um durch die höhnischen Stimmen und die trampelnden Schritte der Todesser irgendein Lebenszeichen von den Leuten drinnen wahrzunehmen.

»Halt.«

Die Todesser blieben stehen: Harry hörte, wie sie ausschwärmten und sich in einer Reihe vor dem offenen Portal der Schule aufstellten. Selbst durch seine geschlossenen Lider konnte er den rötlichen Schimmer sehen, der ihm sagte, dass Licht von der Eingangshalle her zu ihm herüberflutete.

Er wartete. Es konnte jetzt nur noch Momente dauern, dann würden die Menschen, für die er versucht hatte zu sterben, ihn erblicken, scheinbar tot in Hagrids Armen liegend.

»NEIN!«

Der Schrei war umso schrecklicher, da er nie erwartet oder geahnt hätte, dass Professor McGonagall einen solchen Laut von sich geben könnte. Er hörte eine andere Frau ganz in der Nähe lachen, und er wusste, dass es Bellatrix war, die McGonagalls Verzweiflung genoss. Er spähte wieder, nur eine Sekunde lang, und sah, dass sich das offene Portal nun mit Menschen füllte, die Überlebenden der Schlacht kamen heraus auf die Vordertreppe, um den Siegern entgegenzutreten und sich selbst von Harrys Tod zu überzeugen. Er sah, wie Voldemort, der nicht weit entfernt vor ihm stand, Nagini mit einem einzigen weißen Finger streichelte. Erneut schloss er die Augen.

»Nein!«

»Nein!«

»Harry! HARRY!«

Rons, Hermines und Ginnys Stimmen waren schlimmer als die von McGonagall; Harry wollte nichts sehnlicher als zurückrufen, doch er zwang sich, stumm liegen zu bleiben, und ihre Schreie waren der Auslöser dafür, dass die Menge der Überlebenden den Todessern kreischend und brüllend Beleidigungen entgegenschleuderte, bis -

»RUHE!«, rief Voldemort, es gab einen Knall und einen hellen Lichtblitz, und alle wurden zum Schweigen gezwungen. »Es ist vorbei! Leg ihn hin, Hagrid, zu meinen Füßen, wo er hingehört!«

Harry spürte, wie er ins Gras hinuntergelassen wurde.

»Seht ihr?«, sagte Voldemort, und Harry spürte ihn direkt neben der Stelle, wo er lag, hin und her gehen. »Harry Potter ist tot! Versteht ihr jetzt, ihr Betrogenen? Er war niemals etwas anderes als ein Junge, der sich darauf verließ, dass sich andere für ihn aufopferten!«

»Er hat dich besiegt!«, brüllte Ron, und der Zauber löste sich, und die Verteidiger von Hogwarts schrien und riefen erneut, bis ein zweiter, noch mächtigerer Knall ihre Stimmen von neuem erstickte.

»Er wurde getötet, als er sich vom Schlossgelände davonstehlen wollte«, sagte Voldemort und seine Stimme klang genüsslich bei dieser Lüge, »wurde getötet, als er sich selbst retten wollte.«

Aber Voldemort hielt inne: Harry hörte ein Handgemenge und einen Schrei, dann einen weiteren Knall, einen Lichtblitz und ein schmerzliches Stöhnen; er öffnete die Augen einen unendlich kleinen Spaltbreit. Jemand hatte sich aus der Menge gelöst und war auf Voldemort zugestürmt: Harry sah die Gestalt zu Boden stürzen, entwaffnet, und Voldemort warf den Zauberstab des Herausforderers lachend beiseite.

»Wen haben wir denn da?«, sagte er mit seinem leisen schlangenartigen Zischen. »Wer hat sich hier freiwillig gemeldet, um vorzuführen, was mit denen passiert, die weiterkämpfen, während die Schlacht schon verloren ist?«

Bellatrix lachte entzückt.

»Es ist Neville Longbottom, Herr! Der Junge, der den Carrows so viel Ärger gemacht hat! Der Sohn der Auroren, Ihr erinnert Euch?«

»Ah, ja, ich erinnere mich«, sagte Voldemort und blickte hinab zu Neville, der sich nun wieder aufrappelte, unbewaffnet und schutzlos im Niemandsland zwischen den Überlebenden und den Todessern. »Aber du bist ein Reinblüter, nicht wahr, mein tapferer Junge?«, fragte Voldemort Neville, der ihm gegenüberstand, die leeren Hände zu Fäusten geballt.

»Und was, wenn ich einer bin?«, erwiderte Neville laut.

»Du beweist Kampfgeist und Mut, und du bist von edler Abstammung.

Du wirst einen äußerst wertvollen Todesser abgeben. Wir brauchen Leute von deinem Schlag, Neville Longbottom.«

»Bei euch mach ich erst mit, wenn die Hölle gefriert«, sagte Neville.

»Dumbledores Armee!«, schrie er, und die Menge, die von Voldemorts Schweigezaubern offenbar nicht zu bändigen war, antwortete mit lautem Jubel.

»Na schön«, sagte Voldemort und Harry hörte in der sanften Stimme größere Gefahr lauern als im mächtigsten Fluch. »Wenn das deine Entscheidung ist, Longbottom, dann kehren wir zum ursprünglichen Plan zurück. Auf deinem Kopf«, sagte er leise, »soll es sein.«

Immer noch durch seine Wimpern spähend, sah Harry, wie Voldemort seinen Zauberstab schwang. Sekunden später flog aus einem der zersplitterten Fenster des Schlosses etwas wie ein unförmiger Vogel durch das Dämmerlicht und landete in Voldemorts Hand. Er hielt das modrige Etwas an seiner Spitze fest und schüttelte es, und da baumelte er, leer und zerschlissen: der Sprechende Hut.

»Es wird an der Schule von Hogwarts keine Auswahl mehr geben«, sagte Voldemort. »Es wird keine Häuser mehr geben. Das Wappen, der Schild und die Farben meines edlen Vorfahren Salazar Slytherin werden für jedermann genügen, nicht wahr, Neville Longbottom?«

Er richtete seinen Zauberstab auf Neville, der stocksteif und unbeweglich wurde, dann rammte er ihm den Hut auf den Kopf, dass er über seine Augen rutschte. In der Zuschauermenge vor dem Schloss gab es einige Bewegung, und die Todesser hoben ihre Zauberstäbe wie ein Mann und hielten die Kämpfer von Hogwarts in Schach.

»Neville hier wird nun vorführen, was mit jedem geschieht, der so töricht ist, mir weiterhin Widerstand zu leisten«, sagte Voldemort und mit einem Schlenker seines Zauberstabs ließ er den Sprechenden Hut in Flammen aufgehen.

Schreie gellten durch das Morgengrauen, und als Neville lichterloh brannte, wie zu Stein erstarrt, unfähig, sich zu rühren, konnte Harry es nicht mehr länger ertragen: Er musste handeln -

Und dann passierten viele Dinge gleichzeitig.

Sie hörten einen Tumult von der fernen Grenze des Schulgeländes her, und es klang, als schwärmten Hunderte von Menschen über die Mauern, die außer Sicht waren, und stürmten unter lautem Kriegsgeschrei auf das Schloss zu. Zur selben Zeit kam Grawp um die Ecke des Schlosses herumgetrampelt und rief: »HAGGER!« Voldemorts Riesen beantworteten seinen Schrei mit Gebrülclass="underline" Sie rannten wie Elefantenbullen auf Grawp zu, dass die Erde erbebte. Dann kam Hufgeklapper, Bogen schwirrten, und plötzlich schossen Pfeile in die Reihe der Todesser, die mit überraschten Schreien auseinanderstoben. Harry zog den Tarnumhang aus seinem Umhang, warf ihn sich über und sprang auf die Beine, als auch Neville sich bewegte.

Mit einer raschen, flüssigen Bewegung warf Neville den Körperklammer-Fluch ab; der lodernde Hut fiel ihm vom Kopf, und aus seinen Tiefen zog er einen silbernen Gegenstand hervor, mit einem glitzernden, rubinbesetzten Griff -

Der Hieb der silbernen Klinge war im Gebrüll der herannahenden Menge, im Lärm der sich aufeinanderwerfenden Riesen und heranstürmenden Zentauren nicht zu hören, und doch schien er alle Blicke auf sich zu ziehen. Mit einem einzigen Schlag schnitt Neville der großen Schlange den Kopf ab, der hoch in die Luft wirbelte und in dem Licht schimmerte, das aus der Eingangshalle flutete, und Voldemorts Mund stand offen, und ein Wutschrei entfuhr ihm, den niemand hören konnte, und der Körper der Schlange fiel dumpf auf die Erde zu seinen Füßen -

Unter dem Tarnumhang versteckt, warf Harry einen Schildzauber zwischen Neville und Voldemort, bevor dieser seinen Zauberstab heben konnte. Und dann drang durch die Schreie und das Gebrüll und das donnernde Gestampfe der kämpfenden Riesen Hagrids Schrei, der lauteste von allen.