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»Niemanden«, sagte Harry bloß. »Es gibt keine Horkruxe mehr. Nur uns beide. Keiner kann leben, während der Andere überlebt, und einer von uns wird gleich endgültig verschwinden ...«

»Einer von uns?«, höhnte Voldemort, und sein ganzer Körper war angespannt, und die roten Augen starrten, eine Schlange, die gleich zuschlagen würde. »Du glaubst, du wirst es sein, nicht wahr, der Junge, der durch Zufall überlebt hat und weil Dumbledore die Fäden in der Hand hielt?«

»Zufall war es also, als meine Mutter starb, um mich zu retten?«, fragte Harry. Sie bewegten sich beide immer noch seitwärts in einem vollkommenen Kreis, wahrten stets denselben Abstand voneinander, und für Harry existierte kein anderes Gesicht als das Voldemorts. »Zufall, als ich beschloss, auf jenem Friedhof zu kämpfen? Zufall, dass ich mich heute Nacht nicht verteidigt und dennoch überlebt habe und zurückkam, um wieder zu kämpfen?«

»Zufälle!«, schrie Voldemort, aber nach wie vor schlug er nicht zu, und die Menge ringsrum war erstarrt, wie versteinert, und von den Hunderten in der Halle schien niemand zu atmen außer den beiden. »Zufall und Glück und die Tatsache, dass du dich heulend hinter den Rücken bedeutenderer Männer und Frauen geduckt und es zugelassen hast, dass ich sie statt deiner töte!«

»Du wirst heute Nacht niemanden mehr töten«, sagte Harry, während sie weiter im Kreis gingen und sich in die Augen starrten, Grün in Rot. »Du wirst nicht in der Lage sein, je wieder irgendeinen von ihnen zu töten.

Begreifst du es nicht? Ich war bereit zu sterben, um dich daran zu hindern, diesen Menschen etwas anzutun -«

»Aber du bist nicht gestorben! «

»- ich wollte es und das war entscheidend. Ich habe getan, was meine Mutter getan hat. Sie sind vor dir geschützt. Hast du nicht bemerkt, dass keiner der Zauber, die du auf sie gelegt hast, bindende Kraft hat? Du kannst sie nicht foltern. Du kannst ihnen nichts anhaben. Du lernst nicht aus deinen Fehlern, Riddle, oder?«

»Du wagst es -«

»Ja, ich wage es«, sagte Harry. »Ich weiß Dinge, die du nicht weißt, Tom Riddle. Ich weiß viele wichtige Dinge, die du nicht weißt. Willst du welche hören, ehe du einen weiteren großen Fehler machst?«

Voldemort sagte nichts, ging nur lauernd im Kreis, und Harry wusste, dass er ihn vorläufig noch bannte und in Schach hielt, dass ihn auch nur der Hauch einer Möglichkeit zügelte, dass Harry tatsächlich ein letztes Geheimnis kennen könnte ...

»Ist es wieder die Liebe?«, sagte Voldemort mit einem höhnischen Grinsen auf seinem Schlangengesicht, »Dumbledores Lieblingsrezept, Liebe, die, wie er behauptete, den Tod besiegen würde, auch wenn Liebe es nicht verhindert hat, dass er vom Turm fiel und wie eine alte Wachsfigur zerbrach? Liebe, die mich nicht davon abhielt, deine Schlammblutmutter wie eine Kakerlake zu zertreten, Potter – und diesmal scheint dich keiner genug zu lieben, um herbeizurennen und meinen Fluch auf sich zu nehmen.

Was wird also diesmal verhindern, dass du stirbst, wenn ich zuschlage?«

»Nur eines«, sagte Harry, und sie gingen immer noch im Kreis, aneinander gebunden, auf Abstand gehalten nur durch das letzte Geheimnis.

»Wenn es nicht Liebe ist, die dich diesmal retten wird«, sagte Voldemort, »dann glaubst du wohl, dass du magische Kräfte besitzt, die ich nicht besitze, oder aber eine Waffe, die mächtiger ist als meine?«

»Ich glaube, beides«, sagte Harry, und er sah einen erschrockenen Ausdruck über das schlangenartige Gesicht huschen, der sich jedoch im nächsten Augenblick verflüchtigte; Voldemort begann zu lachen, und es hörte sich furchterregender an als seine Schreie; humorlos und wahnsinnig, erfüllte sein Lachen die stille Halle mit seinem Echo.

»Du denkst, du beherrschst mehr Magie als ich?«, sagte er. »Als ich, als Lord Voldemort, der Zauber vollbracht hat, die sich selbst Dumbledore nicht im Traum vorstellen konnte?«

»Oh, er konnte es«, sagte Harry, »aber er wusste mehr als du, er wusste genug, um das nicht zu tun, was du getan hast.«

»Du meinst, er war schwach!«, schrie Voldemort. »Zu schwach, um etwas zu wagen, zu schwach, um sich zu nehmen, was ihm vielleicht hätte gehören können, was nun mein sein wird!«

»Nein, er war klüger als du«, sagte Harry, »ein besserer Zauberer, ein besserer Mann.«

»Ich habe den Tod von Albus Dumbledore herbeigeführt!«

»Das dachtest du«, sagte Harry, »aber du hast dich geirrt.«

Die Menge der Zuschauer rührte sich zum ersten Mal, als die Hunderte an den Wänden gleichzeitig Atem holten.

»Dumbledore ist tot!« Voldemort schleuderte Harry die Worte entgegen, als ob sie ihm unerträgliche Schmerzen bereiteten. »Seine Leiche vermodert in dem Marmorgrab auf diesem Schlossgelände, ich habe sie gesehen, Potter, und er wird nicht zurückkehren!«

»Ja, Dumbledore ist tot«, sagte Harry ruhig, »aber du hast ihn nicht töten lassen. Er wählte selbst, wie er sterben wollte, tat dies, Monate bevor er starb, bereitete alles gemeinsam mit dem Mann vor, den du für deinen Diener gehalten hast.«

»Was für ein kindischer Wunschtraum ist das?«, sagte Voldemort, und doch schlug er immer noch nicht zu, und seine roten Augen waren unverwandt auf die von Harry gerichtet.

»Severus Snape war nicht dein Mann«, sagte Harry. »Snape war Dumbledores Mann, er war von dem Moment an Dumbledores Mann, als du anfingst, meine Mutter zu jagen. Und du hast es nie erkannt, wegen der einen Sache, die du nicht verstehen kannst. Du hast nie gesehen, wie Snape einen Patronus hervorbrachte, oder, Riddle?«

Voldemort antwortete nicht. Sie gingen weiter umeinander herum wie Wölfe, die sich gleich in Stücke reißen würden.

»Snapes Patronus war eine Hirschkuh«, sagte Harry, »genau wie der meiner Mutter, weil er sie fast sein ganzes Leben lang geliebt hat, schon seit sie Kinder waren. Das hättest du erkennen müssen«, sagte er, und er sah, wie Voldemorts Nüstern sich blähten, »er hat dich gebeten, ihr Leben zu verschonen, richtig?«

»Er begehrte sie, nichts weiter«, höhnte Voldemort, »doch als sie tot war, sah er ein, dass es auch andere Frauen gab, und von reinerem Blut, die seiner würdiger waren -«

»Natürlich hat er das zu dir gesagt«, erwiderte Harry, »aber er war Dumbledores Spion von dem Moment an, als du sie bedroht hast, und er hat seither immer gegen dich gearbeitet! Dumbledore war schon beinahe tot, als Snape ihm den letzten Stoß versetzte!«

»Das ist nicht von Bedeutung!«, kreischte Voldemort, der jedes Wort mit gespannter Aufmerksamkeit verfolgt hatte, nun jedoch ein gackerndes irres Gelächter ausstieß. »Es ist nicht von Bedeutung, ob Snape mein oder Dumbledores Mann war oder welch kleine Steine sie mir in den Weg zu legen versuchten! Ich habe sie zertreten, wie ich deine Mutter zertreten habe, Snapes angebliche große Liebe! Oh, aber das passt alles zusammen, Potter, und auf eine Weise, die du nicht verstehst!

Dumbledore versuchte mich daran zu hindern, in den Besitz des Eiderstabs zu gelangen! Er wollte, dass Snape der wahre Herr dieses Stabes wird! Aber ich war vor dir dort, kleiner Junge – ich war bei dem Zauberstab, bevor du ihn in die Hände bekommen konntest, ich hatte die Wahrheit begriffen, ehe du so weit warst. Ich habe Severus Snape vor drei Stunden getötet, und der Elderstab, der Todesstab, der Zauberstab des Schicksals, ist wahrhaft mein! Dumbledores letzter Plan ist misslungen, Harry Potter! «

»Jaah, allerdings«, sagte Harry. »Du hast Recht. Aber bevor du versuchst mich zu töten, würde ich dir raten, darüber nachzudenken, was du getan hast ... denk nach, und versuch ein wenig zu bereuen, Riddle ...«

»Was soll das heißen?«

Nichts, was Harry zu ihm gesagt hatte, keine Enthüllung und kein Spott, hatte Voldemort so heftig schockiert wie dies. Harry sah, wie sich seine Pupillen zu schmalen Schlitzen verengten, sah die Haut um seine Augen weiß werden.