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»Warum wirken die Malfoys so unglücklich über ihr Los? Ist meine Rückkehr, mein Aufstieg zur Macht, nicht genau das, was sie angeblich so viele Jahre lang ersehnt haben?«

»Natürlich, Herr«, sagte Lucius Malfoy. Mit zitternder Hand wischte er sich Schweiß von der Oberlippe. »Wir haben es ersehnt – wir tun es immer noch.«

Links neben Malfoy nickte seine Frau auf eine merkwürdige, steife Art, die Augen von Voldemort und der Schlange abgewandt. Rechts neben ihm warf sein Sohn Draco, der die ganze Zeit zu dem trägen Körper oben hinaufgestarrt hatte, einen kurzen Blick auf Voldemort und sah gleich wieder weg, aus Angst, ihre Blicke könnten sich kreuzen.

»Herr«, sagte eine dunkelhaarige Frau an der unteren Hälfte des Tisches mit vor Erregung erstickter Stimme, »es ist eine Ehre, Euch hier im Haus unserer Familie zu haben. Es kann keine höhere Freude geben.«

Sie saß neben ihrer Schwester, der sie mit ihrem dunklen Haar und den schweren Augenlidern im Aussehen ebenso wenig ähnelte wie in Haltung und Gebaren; während Narzissa starr und teilnahmslos dasaß, beugte sich Bellatrix zu Voldemort hin, denn Worte allein konnten ihr Verlangen nach Nähe nicht zum Ausdruck bringen.

»Keine höhere Freude«, wiederholte Voldemort, den Kopf ein wenig zur Seite geneigt, indem er Bellatrix musterte. »Bei dir, Bellatrix, heißt das eine ganze Menge.«

Röte stieg ihr ins Gesicht; aus ihren Augen quollen Freudentränen.

»Ihr wisst, Herr, dass ich nichts als die Wahrheit sage!«

»Keine höhere Freude ... sogar im Vergleich zu dem glücklichen Ereignis, das, wie ich höre, diese Woche in deiner Familie stattgefunden hat? «

Sie starrte ihn an, mit geöffneten Lippen, offensichtlich verwirrt.

»Ich weiß nicht, was Ihr meint, Herr.«

»Ich spreche von deiner Nichte, Bellatrix. Und von eurer, Lucius und Narzissa. Sie hat soeben den Werwolf geheiratet, Remus Lupin. Wie stolz ihr sein müsst.«

Höhnisches Gelächter brach um den Tisch herum aus. Viele beugten sich vor und tauschten hämische Blicke; einige schlugen mit den Fäusten auf den Tisch. Die große Schlange, der die Unruhe nicht behagte, öffnete weit das Maul und zischte wütend, doch die Todesser hörten es nicht, so sehr freuten sie sich über die Demütigung von Bellatrix und den Malfoys.

Bellatrix' Gesicht, eben noch strahlend vor Glück, hatte ein hässliches, fleckiges Rot angenommen.

»Sie ist keine Nichte von uns, Herr«, rief sie durch den allgemeinen Ausbruch von Heiterkeit. »Wir – Narzissa und ich -haben unsere Schwester nicht mehr zu Gesicht bekommen, seit sie den Schlammblüter geheiratet hat. Diese Göre hat mit keiner von uns etwas zu tun, ebenso wenig wie irgendein Biest, das sie heiratet.«

»Was sagst du dazu, Draco?«, fragte Voldemort, und obwohl seine Stimme leise war, übertönte sie die Pfiffe und das Hohngelächter. »Wirst du den Babysitter für die Bälger spielen?«

Die Stimmung wurde noch ausgelassener; Draco Malfoy schaute bestürzt seinen Vater an, der in seinen eigenen Schoß hinabstarrte, dann erhaschte er den Blick seiner Mutter. Sie schüttelte beinahe unmerklich den Kopf, dann starrte auch sie wieder ausdruckslos auf die Wand gegenüber.

»Genug«, sagte Voldemort und streichelte die zornige Schlange.

»Genug.«

Und das Gelächter erstarb augenblicklich.

»Viele unserer ältesten Familienstammbäume werden mit der Zeit etwas kränklich«, sagte er, während Bellatrix atemlos und flehentlich zu ihm hinsah. »Man muss seinen Baum stutzen, damit er gesund bleibt, nicht wahr? Die Teile wegschneiden, welche die Gesundheit des Übrigen bedrohen.«

»Ja, Herr«, flüsterte Bellatrix und ihre Augen schwammen erneut in Tränen vor Dankbarkeit. »Bei erster Gelegenheit!«

»Die sollst du bekommen«, sagte Voldemort. »Und wie in deiner Familie, so auch in der Welt... Wir werden das Krebsgeschwür wegschneiden, das uns verseucht, bis nur noch die von wahrem Blut zurückbleiben ...«

Voldemort hob Lucius Malfoys Zauberstab, richtete ihn direkt auf die sich langsam drehende Gestalt, die über dem Tisch hing, und versetzte ihm einen winzigen Schlenker. Die Gestalt kam mit einem Stöhnen zu Bewusstsein und begann gegen unsichtbare Fesseln zu kämpfen.

»Erkennst du unseren Gast, Severus?«, fragte Voldemort.

Snape schaute hinauf zu dem kopfüber hängenden Gesicht. Nun sahen alle Todesser hoch zu der Gefangenen, als hätte man ihnen die Erlaubnis erteilt, Neugierde zu zeigen. Während sie sich zum Licht des Feuers hin drehte, sagte die Frau mit gebrochener und grauenerfüllter Stimme:

»Severus! Helfen Sie mir!«

»Ah, ja«, sagte Snape, als die Gefangene sich langsam wieder wegdrehte.

»Und du, Draco?«, fragte Voldemort, während er mit seiner freien Hand die Schnauze der Schlange streichelte. Draco schüttelte ruckartig den Kopf.

Nun, da die Frau erwacht war, schien er außerstande, sie weiter anzusehen.

»Aber du hast ja auch keinen Unterricht bei ihr genommen«, sagte Voldemort. »Für die von euch, die es nicht wissen: Heute Abend ist Charity Burbage unser Gast, die bis vor kurzem an der Hogwarts-Schule für Hexerei und Zauberei gelehrt hat.«

Verständnisvolles Raunen ging um den Tisch. Eine derbe, bucklige Frau mit spitzen Zähnen lachte gackernd.

»Ja ... Professor Burbage hat den Kindern von Hexen und Zauberern alles über die Muggel beigebracht ... dass sie gar nicht so anders sind als wir ... «

Einer der Todesser spuckte auf den Boden. Charity Burbage drehte sich und sah Snape erneut ins Gesicht.

»Severus ... bitte ... bitte ...«

»Schweig«, sagte Voldemort und schnippte noch einmal mit Malfoys Zauberstab, worauf Charity verstummte, als ob sie geknebelt worden wäre.

»Nicht genug damit, dass sie den Verstand von Zaubererkindern verdirbt und besudelt, hat Professor Burbage letzte Woche auch noch eine flammende Verteidigung der Schlammblüter im Tagespropheten geschrieben. Sie sagt, dass Zauberer diese Diebe ihres Wissens und ihrer Magie akzeptieren müssten. Die abnehmende Zahl der Reinblüter ist laut Professor Burbage ein höchst wünschenswertes Phänomen ... sie würde uns am liebsten alle mit Muggeln paaren ... oder sogar noch lieber mit Werwölfen ...«

Diesmal lachte niemand: Zorn und Verachtung lagen unverkennbar in Voldemorts Stimme. Charity Burbage drehte sich zum dritten Mal zu Snape. Tränen rannen ihr von den Augen in die Haare. Snape erwiderte ihren Blick, völlig teilnahmslos, während sie sich langsam wieder von ihm abkehrte.

»Avada Kedavra.«

Der grüne Lichtblitz erhellte den Raum bis in alle Ecken. Charity stürzte mit einem dröhnenden Schlag hinab auf den Tisch, der bebte und knarrte.

Etliche Todesser warfen sich in ihren Stühlen zurück. Draco fiel von seinem zu Boden.

»Abendessen, Nagini«, sagte Voldemort leise und die große Schlange glitt mit wiegenden Bewegungen von seinen Schultern auf das polierte Holz.

In memoriam

Harry blutete. Leise vor sich hin fluchend, hielt er die rechte Hand mit der linken umklammert und stieß mit der Schulter seine Zimmertür auf.

Das Knirschen von zerbrechendem Porzellan war zu hören: Er war auf eine Tasse mit kaltem Tee getreten, die auf dem Boden vor seiner Tür stand.

»Was zum -?«

Er blickte sich um; auf dem Treppenabsatz im Ligusterweg Nummer vier war niemand. Vielleicht hatte Dudley die Tasse Tee für einen genialen Streich gehalten. Während Harry seine blutende Hand weiter hochhielt, scharrte er mit der anderen die Scherben der Tasse zusammen und warf sie in den bereits vollgestopften Papierkorb, der hinter der Zimmertür hervorlugte. Dann trottete er hinüber zum Badezimmer und ließ Wasser über seinen Finger laufen.