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Es war dumm, sinnlos und unglaublich ärgerlich, dass immer noch vier Tage vor ihm lagen, an denen er nicht zaubern konnte ... doch er musste sich eingestehen, dass dieser ausgefranste Schnitt in seinem Finger ihn überfordert hätte. Er hatte nie gelernt, Wunden zu schließen, was ihm jetzt, wo er darüber nachdachte, wie ein echtes Manko seiner magischen Bildung erschien – vor allem angesichts dessen, was er in nächster Zeit vorhatte. Er nahm sich vor, Hermine zu fragen, wie es funktionierte, und wischte mit einem Haufen Klopapier möglichst viel von dem Tee auf. Dann kehrte er in sein Zimmer zurück und schlug die Tür hinter sich zu.

Harry hatte den ganzen Vormittag lang seinen Schulkoffer komplett ausgeräumt, zum ersten Mal seit er ihn vor sechs Jahren gepackt hatte.

Seither hatte er zu Beginn jedes Schuljahres immer nur drei Viertel der Sachen oben herausgenommen, wieder hineingelegt oder durch neue ersetzt, so dass sich unten am Boden eine Schicht Kleinkram angesammelt hatte – alte Federkiele, getrocknete Käferaugen, einzelne Socken, die nicht mehr passten. Ein paar Minuten zuvor hatte Harry die Hand in diesen Mulch getaucht, einen stechenden Schmerz im vierten Finger seiner rechten Hand verspürt und viel Blut gesehen, als er sie herausgezogen hatte.

Jetzt fuhr er ein wenig vorsichtiger fort. Er kniete sich wieder neben den Koffer, suchte am Boden herum und holte einen alten Anstecker heraus, der müde zwischen »Ich bin für CEDRIC DIGGORY« und »POTTER

STINKT« hin und her zuckte, ein zerbrochenes und abgenutztes Spickoskop sowie ein goldenes Medaillon, in dem eine Notiz mit der Signatur »R. A. B.« versteckt worden war, bis er endlich den scharfen Splitter entdeckte, an dem er sich geschnitten hatte. Er wusste sofort, um was es sich handelte. Es war ein fünf Zentimeter langes Stück des Zauberspiegels, den er von seinem verstorbenen Paten Sirius bekommen hatte. Harry legte es beiseite und tastete vorsichtig im Koffer nach dem Rest, aber von dem letzten Geschenk seines Paten war nichts weiter übrig als zerbröseltes Glas, das wie Glitzerpulver an der untersten Schicht des Plunders klebte.

Harry richtete sich auf und untersuchte das gezackte Bruchstück, an dem er sich geschnitten hatte, doch er sah nur sein eigenes hellgrünes Auge darin widergespiegelt. Dann legte er die Scherbe auf den Tagespropheten vom Morgen, der ungelesen auf dem Bett lag, und versuchte gegen die plötzliche Flut schmerzlicher Erinnerungen anzukämpfen, gegen den stechenden Schmerz und die Sehnsucht, die der Fund des zerbrochenen Spiegels ausgelöst hatte, indem er sich über den restlichen Kleinkram im Koffer hermachte.

Er brauchte noch eine Stünde, um ihn vollständig auszuräumen, die nutzlosen Dinge wegzuwerfen und das Übrige auf Haufen zu verteilen, je nachdem, ob er die Sachen künftig brauchen konnte oder nicht. Seine Schul- und Quidditch-Umhänge, Kessel, Pergament, Federkiele und die meisten Schulbücher lagen auf einem Stapel in einer Ecke, die würde er zurücklassen. Er fragte sich, was seine Tante und sein Onkel damit tun würden; wahrscheinlich alles mitten in der Nacht verbrennen, als wären es Beweisstücke für irgendein schreckliches Verbrechen. Seine Muggelkleidung, den Tarnumhang, die Zaubertrankausrüstung, bestimmte Bücher, das Fotoalbum, das Hagrid ihm einst geschenkt hatte, einen Stapel Briefe und seinen Zauberstab hatte er in einen alten Rucksack umgepackt.

In einer Vordertasche steckten die Karte des Rumtreibers und das Medaillon mit der Notiz darin, die mit »R. A. B.« unterzeichnet war. Das Medaillon erhielt diesen Ehrenplatz nicht, weil es kostbar gewesen wäre –es war nach allen gängigen Maßstäben wertlos –, sondern weil der Preis, es zu bekommen, so hoch gewesen war.

Jetzt blieb nur noch ein ansehnlicher Stapel Zeitungen auf dem Schreibtisch neben seiner Schneeeule Hedwig: eine für jeden Tag, den Harry diesen Sommer im Ligusterweg verbracht hatte.

Er stand auf, streckte sich und ging zu seinem Schreibtisch hinüber.

Hedwig regte sich nicht, als er anfing die Zeitungen zu überfliegen und sie dann eine nach der anderen zum Müll warf; die Eule schlief oder tat jedenfalls so; sie war böse auf Harry, weil sie im Augenblick immer nur für kurze Zeit aus dem Käfig durfte.

Als Harry fast am Ende des Zeitungsstapels angelangt war, wurde er langsamer und suchte nach einer bestimmten Ausgabe, die, wie er wusste, zu Beginn der Sommerferien kurz nach seiner Rückkehr im Ligusterweg eingetroffen war; er erinnerte sich noch daran, dass auf der Titelseite eine kurze Meldung über den Rücktritt von Charity Burbage gestanden hatte, der Muggelkundelehrerin von Hogwarts. Schließlich fand er die Ausgabe.

Er schlug Seite zehn auf, sank auf seinen Schreibtischstuhl und las den Artikel, den er gesucht hatte, noch einmal durch.

ERINNERUNGEN AN ALBUS DUMBLEDORE

von Elphias Doge

Ich begegnete Albus Dumbledore erstmals im Alter von elf Jahren, an unserem ersten Tag in Hogwarts. Wir fühlten uns zueinander hingezogen, was zweifellos daran lag, dass wir uns beide als Außenseiter empfanden.

Ich hatte mir kurz vor meiner Ankunft in der Schule die Drachenpocken zugezogen, und obwohl ich nicht mehr ansteckend war, ermutigten mein pockennarbiges Gesicht und meine grünliche Hautfarbe nicht besonders viele, sich mir zu nähern. Albus für seinen Teil war mit der Bürde unfreiwilliger Berühmtheit nach Hogwarts gekommen. Knapp ein Jahr zuvor war sein Vater Percival wegen eines brutalen und Aufsehen erregenden Überfalls auf drei junge Muggel verurteilt worden.

Albus hat nie versucht zu bestreiten, dass sein Vater (der später in Askaban starb) dieses Verbrechen begangen hatte; im Gegenteil, als ich den Mut fasste, ihn zu fragen, versicherte er mir, dass er wusste, dass sein Vater schuldig war. Weiter wollte Dumbledore nicht über diese traurige Angelegenheit sprechen, obwohl viele ihn dazu bringen wollten. Einige neigten sogar dazu, die Tat seines Vaters zu rühmen, Und nahmen an, dass auch Albus ein Muggelhasser sei. Welch ein gewaltiger Irrtum: Wie jeder, der Albus kannte, bestätigen würde, zeigte er nie auch nur den leisesten Anflug von Muggelfeindlichkeit. Tatsächlich machte er sich durch seinen entschlossenen Einsatz für die Muggelrechte in den folgenden Jahren viele Feinde.

Binnen weniger Monate jedoch stellte Albus' eigener Ruhm den seines Vaters allmählich in den Schatten. Mit dem Ende seines ersten Schuljahres war er dann nicht mehr der Sohn eines Muggelhassers, sondern galt schlicht und einfach als der brillanteste Schüler, den die Schule je gesehen hatte.

Diejenigen von uns, die die Ehre hatten, seine Freunde zu sein, profitierten von seiner vorbildlichen Haltung, ganz zu schweigen von seinem Beistand und Zuspruch, die er immer großzügig erteilte. In vorgerücktem Alter offenbarte er mir, dass er schon damals wusste, dass seine größte Freude das Unterrichten war.

Er gewann nicht nur jeden bedeutenden Preis, den die Schule vergab, sondern stand bald auch in reger Korrespondenz mit den angesehensten magischen Persönlichkeiten der Zeit, darunter Nicolas Flamel, der gefeierte Alchemist, Bathilda Bagshot, die berühmte Historikerin, und Adalbert Schwahfel, der magische Theoretiker. Mehrere seiner Aufsätze fanden Eingang in wissenschaftliche Publikationen wie Verwandlung Heute, Zentralfragen der Zauberkunst und Angewandte Zaubertrankkunde.

Dumbledore war offensichtlich eine kometenhafte Karriere bestimmt, die einzig offene Frage war nur, wann er Zaubereiminister werden würde.

Obwohl in späteren Jahren oft angekündigt wurde, er sei im Begriff, diesen Posten zu übernehmen, hegte er nie Ambitionen auf das Ministeramt.

Drei Jahre nachdem wir in Hogwarts angefangen hatten, kam Albus'