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Die Antworten auf diese und viele weitere Fragen ergründet die sensationelle neue Biographie Leben und Lügen des Albus Dumbledore von Rita Kimmkorn, im Exklusivinterview mit Betty Braithwaite im Innenteil auf Seite 13.

Harry riss die Zeitung auf und blätterte auf Seite dreizehn. Über dem Artikel war ein Bild, das ein weiteres vertrautes Gesicht zeigte: eine Frau mit juwelenbesetzter Brille und kunstvoll gelocktem blondem Haar, die ihre Zähne bleckte, was offenbar ein gewinnendes Lächeln darstellen sollte, und mit den Fingern zu ihm hochschnippte. Harry gab sich alle Mühe, dieses Ekel erregende Bild nicht zu beachten, und las weiter.

In natura ist Rita Kimmkorn viel herzlicher und sanfter, als die berüchtigten bösen Porträts aus ihrer Feder vielleicht vermuten lassen. Sie begrüßt mich im Flur ihrer gemütlichen Wohnung und führt mich direkt in die Küche zu einer Tasse Tee, einem Stück Früchtekuchen und selbstverständlich zu einem dampfenden Bottich mit neuestem Klatsch.

»Nun, Dumbledore ist natürlich ein Traum für jeden Biographen«, sagt Kimmkorn. »Ein so langes, prall gefülltes Leben. Ich bin sicher, mein Buch wird das erste von sehr, sehr vielen sein.«

Kimmkorn hat zweifellos schnell geschaltet. Ihr neunhundertseitiges Buch war bereits vier Wochen nach Dumbledores mysteriösem Tod im Juni abgeschlossen. Ich frage sie, wie sie diesen superschnellen Kraftakt geschafft hat.

»Oh, wenn man so lange Journalistin ist wie ich, geht es einem in Fleisch und Blut über, unter Termindruck zu arbeiten. Ich wusste, dass die magische Welt darauf brannte, die ganze Geschichte zu erfahren, und ich wollte die Erste sein, die dieses Bedürfnis befriedigt.«

Ich erwähne die jüngsten, überall publizierten Bemerkungen von Elphias Doge, dem Sonderberater des Zaubergamots und langjährigen Freund von Albus Dumbledore, wonach »Kimmkorns Buch weniger Fakten enthält als eine Schokofroschkarte«.

Kimmkorn wirft den Kopf zurück und lacht.

»Unser lieber Dodgy! Ich weiß noch, wie ich ihn vor ein paar Jahren zu den Rechten der Wassermenschen interviewt habe, den Guten. Völlig plemplem, schien zu glauben, wir würden auf dem Grund von Lake Windermere sitzen, sagte andauernd zu mir, ich solle mich vor den Forellen in Acht nehmen.«

Und doch fanden Elphias Doges Vorwürfe, das Buch sei voller Fehler, vielerorts Unterstützung. Meint Kimmkorn wirklich, dass vier kurze Wochen ausreichend waren, um ein umfassendes Bild von Dumbledores langem und außergewöhnlichem Leben zu erstellen?

»Ach, meine Liebe«, strahlt Kimmkorn und klopft mir liebevoll auf die Finger, »Sie wissen genauso gut wie ich, wie viele Informationen ein dicker Sack Galleonen, die Weigerung, ein Nein hinzunehmen, und eine hübsche scharfe Flotte-Schreibe-Feder hervorbringen können! Die Leute standen ohnehin Schlange, um Dumbledore mit Dreck zu bewerfen. Wissen Sie, nicht alle hielten ihn für so wunderbar – er ist auf furchtbar viele wichtige Zehen getreten. Aber der alte Dussel Doge kann von seinem hohen Hippogreif runterkommen, denn ich hatte Zugang zu einer Quelle, für die die meisten Journalisten ihre Zauberstäbe eintauschen würden, sie hat sich nie zuvor in der Öffentlichkeit geäußert und stand Dumbledore in der turbulentesten und beunruhigendsten Phase seiner Jugend nahe.«

Die Wellen, die Kimmkorns Biographie schon vor der Veröffentlichung schlägt, lassen zweifellos vermuten, dass diejenigen ihr blaues Wunder erleben werden, die glauben, dass Dumbledore ein untadeliges Leben geführt hat. Was waren die größten Überraschungen, die sie aufgedeckt hat, frage ich.

»Nun mal langsam, Betty, ich werde doch nicht alle Highlights verraten, ehe jemand das Buch gekauft hat!«, lacht Kimmkorn. »Aber ich kann versprechen, dass all denen, die immer noch denken, Dumbledore war so unschuldig weiß wie sein Bart, ein böses Erwachen blüht! Ich sage nur so viel, dass niemand, der ihn gegen Du-weißt-schon-wen wüten gehört hat, sich hätte träumen lassen, dass er selbst sich in seiner Jugend an den dunklen Künsten versucht hat! Und für einen Zauberer, der sich in seinen späteren Jahren kontinuierlich für Toleranz einsetzte, verhielt er sich, als er noch jünger war, nicht gerade aufgeschlossen. Ja, Albus Dumbledore hatte eine äußerst düstere Vergangenheit, ganz zu schweigen von dieser mehr als zweifelhaften Familie, über die er mit großer Anstrengung den Mantel des Schweigens breiten wollte.«

Ich frage Kimmkorn, ob sie Dumbledores Bruder Aberforth meint, dessen Verurteilung durch den Zaubergamot wegen Missbrauchs von Magie vor fünfzehn Jahren einen kleinen Skandal ausgelöst hat.

»Oh, Aberforth ist nur die Spitze des Misthaufens«, lacht Kimmkorn.

»Nein, nein, ich rede über viel Schlimmeres als einen Bruder, der eine Schwäche dafür hat, mit Ziegen herumzuspielen, sogar über noch Schlimmeres als den Muggel verstümmelnden Vater – Dumbledore konnte sowieso keinem von beiden den Mund verbieten, sie wurden alle zwei vom Zaubergamot angeklagt. Nein, es sind die Mutter und die Schwester, die meine Neugierde weckten, und als ich ein wenig nachschürfte, stieß ich auf ein ausgemachtes Nest an Niedertracht – aber, wie gesagt, um Genaueres zu erfahren, werden Sie auf Kapitel neun bis zwölf warten müssen. Im Augenblick kann ich nur verraten, dass es kein Wunder ist, dass Dumbledore nie darüber sprach, wie er sich die Nase gebrochen hat.«

Selbst wenn die Familie Leichen im Keller hat, will Kimmkorn etwa den genialen Geist in Abrede stellen, der zu Dumbledores vielen magischen Entdeckungen geführt hat ?

»Er hatte Köpfchen«, räumt sie ein, »obwohl viele inzwischen bezweifeln, dass er wirklich das gesamte Verdienst für all seine angeblichen Erfolge beanspruchen konnte. Wie ich in Kapitel sechzehn zeige, behauptet Ivor Dillonsby, dass er bereits acht Anwendungen von Drachenblut entdeckt hatte, als Dumbledore sich seine Unterlagen

>auslieh<.«

Aber die Bedeutung einiger der Leistungen Dumbledores lässt sich doch nicht bestreiten, werfe ich ein. Was ist mit seinem berühmten Sieg über Grindelwald?

»Oh, nun, ich bin froh, dass Sie Grindelwald erwähnen«, sagt Kimmkorn mit einem unwiderstehlichen Lächeln. »Ich fürchte, wer wegen Dumbledores spektakulärem Sieg feuchte Augen bekommt, muss sich auf eine Bombe gefasst machen -besser gesagt auf eine Stinkbombe. Wirklich eine sehr schmutzige Angelegenheit. Ich will nur eins sagen, seien Sie nicht so sicher, dass es das große und legendäre Duell wirklich gab. Wenn man mein Buch gelesen hat, wird man vielleicht den Schluss ziehen müssen, dass Grindelwald einfach ein weißes Taschentuch aus der Spitze seines Zauberstabs heraufbeschwor und sich widerstandslos abführen ließ.«

Kimmkorn will nichts weiter zu diesem spannenden Thema preisgeben, daher wenden wir uns stattdessen der Beziehung zu, die ihre Leser zweifellos mehr als jede andere fasziniert.

»O ja«, sagt Kimmkorn lebhaft nickend. »Ich widme der ganzen Potter-Dumbledore-Beziehung ein komplettes Kapitel. Man hat sie als ungesund bezeichnet, sogar als unheilvoll. Auch hier werden Ihre Leser mein Buch kaufen müssen, um die ganze Geschichte zu erfahren, aber es steht außer Frage, dass Dumbledore von Anfang an ein unnatürliches Interesse an Potter zeigte. Ob das wirklich im besten Interesse des Jungen lag – nun, wir werden sehen. Es ist natürlich ein offenes Geheimnis, dass Potter eine überaus schwierige Jugend hatte.«

Ich frage, ob Kimmkorn immer noch mit Harry Potter Kontakt hat, mit dem sie letztes Jahr ein so berühmtes Interview geführt hat: ein bahnbrechender Beitrag, in dem Potter exklusiv von seiner Überzeugung sprach, dass Du-weißt-schon-wer zurückgekehrt sei.