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Jetzt war die Ziellinie nur noch wenige Meter entfernt. Michael lenkte all seine Energie in den letzten Sprint. Er überholte noch einen weiteren Läufer, bevor er die Ziellinie überquerte. Plötzlich spürte er wieder die Schmerzen in Brust und Beinen. Als er auslief und zu den anderen gehen wollte, sah er, dass der Sportlehrer ihn beobachtet hatte.

»Was ist mit dir los, Sundquist?« fragte er. »Jack Peters hat mir erzählt, wie gut du gestern nachmittag gewesen wärst, aber davon sehe ich nichts. Fühlst du dich nicht wohl?«

Michael zögerte. Sollte er dem Lehrer von dem komischen Gefühl in der Brust berichten? Oder dem Feuer in seinen Beinen? Dann würde der Sportlehrer bestimmt das gleiche machen, was alle Sportlehrer in New York auch gemacht hatten - ihn zur Krankenstation schicken.

Damit wollte er auf keinen Fall wieder anfangen.

»Ich bin okay«, antwortete er. »Bin gestern nur zu lange aufgeblieben, das ist alles.«

»Laß das ja nicht Peters hören, okay?« mahnte der Lehrer. »Wenn du im Team bleiben willst, musst du auf deine Form achten, verstanden?«

»Verstanden«, wiederholte Michael und dachte stumm über das Gesetz nach, das besagte, dass Sportlehrer Idioten waren. Er wollte sich gerade abwenden, als der Lehrer noch etwas sagte. Hatte er seine Gedanken gelesen?

»Dann lauf noch ein paar Runden. Und dabei denkst du bitte über den Wert ausreichenden Schlafes nach.«

Während der Rest der Klasse in zwei Baseballteams aufgeteilt wurde, begab sich Michael wieder auf die Bahn.

Kaum hatte er angefangen zu laufen, als der Schmerz wieder in seinem Körper brannte. Er schwor sich, nicht aufzugeben, egal wie schlimm es werden würde.

Er hatte es so weit gebracht, er war ins Laufteam aufgenommen worden, und egal, woher das komische Gefühl in seiner Brust kam, er würde es überwinden.

Und wenn er dabei sterben sollte.

KAPITEL 11

Bewundernd musterte Katharine Rob Silvers Büro auf dem Anwesen von Takeo Yoshihara. Es befand sich in einem der Pavillons, die auf dem Gelände verstreut standen. Katharine nahm an, dass es ursprünglich als Gästehaus gedient hatte. Es gab zwei große, helle Räume mit Fenstern zum Garten, die durch einen Wandschrank und das Bad getrennt waren. In dem Raum, der wahrscheinlich früher als Wohnzimmer gedient hatte, standen nun Aktenschränke und ein Schreibtisch, in dem ehemaligen Schlafzimmer dagegen mehrere Tische, auf denen Fotos, Zeichnungen und sogar einige Modelle traditioneller polynesischer Gebäude zu sehen waren. Das ganze sah nach einem heillosen Durcheinander aus, und Katharine hoffte, dass wenigstens Rob sich darin zurechtfand. Er hatte mindestens achtmal so viel Platz wie sie in ihrem Büro im New Yorker Museum. Offensichtlich stattete ihn Takeo Yoshihara mit allem aus, was er brauchte. An einer Wand des größeren Zimmers stand ein Tisch mit Robs Computer, Druckern, einem Scanner und ein paar anderen Geräten, deren Zweck Katharine hätte raten müssen.

»Kannst du eine Online-Verbindung herstellen?« fragte sie. »Ich möchte mit einigen Unterlagen im Museum beginnen. Ich erinnere mich an etwas, das unserem Schädel ähnlich sieht.«

»Ich habe eine bessere Idee«, sagte Rob. »Gib mir mal bitte die Polaroids.«

Mit fragendem Blick holte Katharine die Fotos von dem Schädel aus ihrer Tasche und sah dann zu, wie Rob sie auf das Scannerbett schob und ein Programm aufrief, mit dem er die Bilder bearbeiten konnte. In rascher Abfolge tippte er Befehle ein und klickte mit der Maus. Ein paar Minuten später erschienen auf dem Bildschirm acht verschiedene Ansichten des Schädels aus dem Regenwald. Jedes Bild zeigte ihn aus einem anderen Winkel.

Sechs weitere zeigten den Kiefer.

Rob erhob sich. »Jetzt musst du ein paar unverwechselbare Eigenschaften aussuchen, etwas, das dir helfen würde, wenn du ähnliche Schädel und Kiefer suchen müsstest.«

Katharine setzte sich auf seinen Stuhl und machte sich mit dem Programm vertraut. Bald war sie in der Lage, die einzelnen Bilder zu zoomen. Fünf Minuten später hatte sie eine Auswahl getroffen, und Rob zeigte ihr, wie man die kleinen Felder, die sie mit dem Cursor umrissen hatte, kopierte, so dass sie wie Teile eines Puzzles auf dem leeren Bildschirm erschienen. »Aber das sind nur Fragmente«, wandte Katharine ein. »Selbst wenn du sie alle zusammensetzt, hast du keinen vollständigen Schädel.«

»Willst du wetten?« fragte Rob grinsend. Offenbar würde sie diese Wette verlieren. »Wir sagen dem Computer, dass er grafische Entsprechungen für diese Teile suchen soll«, erklärte er. »Ich durchkämme jede Datenbank im Internet und ...«

»Bist du verrückt?« entfuhr es Katharine. »Das dauert Monate!«

»Vielleicht in deinem Museum«, entgegnete Rob gelassen. »Aber dieser Computer hier ist mit einem der beiden leistungsstärksten Rechner der Welt verbunden.«

»Du machst Witze«, sagte Katharine, aber sein zufriedenes Lächeln bewies das Gegenteil.

»Der Großrechner wurde installiert, um die Datenmasse vom Teleskop oben auf dem Berg zu bewältigen«, erklärte Rob, während er eine Reihe von Befehlen eingab, um Katharines Suche nach einer Entsprechung des ausgegrabenen Schädels einzuleiten. »Die Air Force führt dort oben ein Großprojekt durch, mit dem sie Spionagesatelliten, Raummüll, Asteroiden und was weiß ich noch alles orten können.«

Er drückte die Eingabetaste. Für eine Sekunde wurde der Bildschirm schwarz, und dann baute sich so schnell Text auf, dass Katharine gar nicht mehr mitkam. Rob drückte die Pause-Taste, und das Bild wurde gestoppt.

Auf dem Bildschirm stand eine Reihe von Internetadressen, jede mit einem Dateinamen endend, der eines von einem halben Dutzend grafischer Formate anzeigte. Danach folgte eine Prozentangabe.

Die Zahlen schwankten zwischen Eins und Hundert.

Rob betätigte die Eingabe-, dann die Pause-Taste, und weitere Dateien tauchten auf.

»Das sind ja Hunderte«, sagte Katharine.

»Schlecht gesucht«, entgegnete Rob, drückte auf Escape und gab einige weitere Befehle ein. »Er hat nach einer Entsprechung für jedes einzelne Bild gesucht. Wir schränken die Suche so ein, dass nichts mehr genannt wird, was nicht mindestens vier Entsprechungen zu dem Schädel und drei zu dem Kiefer aufweist.« Er startete eine neue Suche. Nach ein paar Sekunden erschien eine Liste mit 382 Dateien, jeweils mit der zugehörigen Prozentzahl. »Ordnen wir sie ein bißchen«, sagte Rob. Seine Finger glitten über die Tastatur. Kurz darauf blinkte der Bildschirm, und die Liste erschien wieder auf dem Monitor, nun nach Prozentzahlen geordnet. »Okay, schauen wir mal, was wir da haben«, sagte Rob und klickte zweimal auf die Datei am Anfang der Liste. Sofort erschien das grafische Bild eines Kieferknochens, der demjenigen, den sie ausgegraben hatten, erstaunlich ähnelte. Er befand sich in der Sammlung einer Universität in Schweden und war vor vierzig Jahren in Afrika gefunden worden.

Katharine sah verblüfft auf das Bild. »Das habe ich noch nie gesehen.« Sie studierte das Bild und die Beschreibung, die das Fossil als hominid identifizierte, Fundort war die Olduvai Gorge. Obwohl das Fossil keiner bestimmten Spezies zugeordnet war, glaubte Katharine eindeutig Ähnlichkeiten zum Australopitecus afarensis zu erkennen.

Sie klickte die zweite Datei an.

Diesmal erschien das Bild eines Schädels.

Eines Schädels, der demjenigen, den sie ausgegraben hatten, sehr ähnlich schien.

Zu dem Bild gab es keine Beschreibung außer der, dass der Schädel an den Hängen des Mount Pinatubo auf den Philippinen gefunden worden war. Neben dem Bild und dem kurzen Hinweis sah man in dem Fenster noch den Link zu einer anderen Datei.