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Ach, da fühlten wir erst das traurige Schicksal des Krieges!

Denn der Sieger ist groß und gut; zum wenigsten scheint er's,

Und er schonet den Mann, den besiegten, als wär' er der seine,

Wenn er ihm täglich nützt und mit den Gütern ihm dienet.

Aber der Flüchtige kennt kein Gesetz; denn er wehrt nur den Tod ab

Und verzehret nur schnell und ohne Rücksicht die Güter.

Dann ist sein Gemüt auch erhitzt, und es kehrt die Verzweiflung

Aus dem Herzen hervor das frevelhafte Beginnen.

Nichts ist heilig ihm mehr; er raubt es. Die wilde Begierde

Dringt mit Gewalt auf das Weib und macht die Lust zum Entsetzen.

Überall sieht er den Tod und genießt die letzten Minuten

Grausam, freut sich des Bluts und freut sich des heulenden Jammers.

Grimmig erhob sich darauf in unsern Männern die Wut nun,

Das Verlorne zu rächen und zu verteid'gen die Reste.

Alles ergriff die Waffen, gelockt von der Eile des Flüchtlings

Und vom blassen Gesicht und scheu unsicheren Blicke.

Rastlos nun erklang das Getön der stürmenden Glocke,

Und die künft'ge Gefahr hielt nicht die grimmige Wut auf.

Schnell verwandelte sich des Feldbaus friedliche Rüstung

Nun in Wehre; da troff von Blute Gabel und Sense.

Ohne Begnadigung fiel der Feind und ohne Verschonung;

Überall raste die Wut und die feige, tückische Schwäche.

Möcht' ich den Menschen doch nie in dieser schnöden Verirrung

Wieder sehn! Das wütende Tier ist ein besserer Anblick.

Sprech' er doch nie von Freiheit, als könn' er sich selber regieren!

Losgebunden erscheint, sobald die Schranken hinweg sind,

Alles Böse, das tief das Gesetz in die Winkel zurücktrieb.»

«Trefflicher Mann!«versetzte darauf der Pfarrer mit Nachdruck,

«Wenn ihr den Menschen verkennt, so kann ich Euch darum nicht schelten;

Habt Ihr doch Böses genug erlitten vorn wüsten Beginnen!

Wolltet Ihr aber zurück die traurigen Tage durchschauen,

Würdet Ihr selber gestehen, wie oft Ihr auch Gutes erblicktet.

Manches Treffliche, das verborgen bleibt in dem Herzen,

Regt die Gefahr es nicht auf, und drängt die Not nicht den Menschen,

Daß er als Engel sich zeig', erscheine den andern ein Schutzgott.»

Lächelnd versetzte darauf der alte würdige Richter.

«Ihr erinnert mich klug, wie oft nach dem Brande des Hauses

Man den betrübten Besitzer an Gold und Silber erinnert,

Das geschmolzen im Schutt nun überblieben zerstreut liegt.

Wenig ist es fürwahr, doch auch das wenige köstlich;

Und der Verarmte gräbet ihm nach und freut sich des Fundes.

Und so kehr ich auch gern die heitern Gedanken zu jenen

Wenigen guten Taten, die aufbewahrt das Gedächtnis.

Ja, ich will es nicht leugnen, ich sah sich Feinde versöhnen,

Um die Stadt vom Übel zu retten; ich sah auch der Freunde,

Sah der Eltern Lieb' und der Kinder Unmögliches wagen;

Sah, wie der Jüngling auf einmal zum Mann ward, sah, wie der Greis sich

Wieder verjüngte, das Kind sich selbst als Jüngling enthüllte.

Ja, und das schwache Geschlecht, so wie es gewöhnlich genannt wird,

Zeigte sich tapfer und mächtig und gegenwärtigen Geistes.

Und so laßt mich vor allen der schönen Tat noch erwähnen,

Die hochherzig ein Mädchen vollbrachte, die treffliche Jungfrau,

Die auf dem großen Gehöft allein mit den Mädchen zurückblieb;

Denn es waren die Männer auch gegen die Fremden gezogen.

Da überfiel den Hof ein Trupp verlaufnen Gesindels,

Plündernd, und drängte sogleich sich in die Zimmer der Frauen.

Sie erblickten das Bild der schön erwachsenen Jungfrau

Und die lieblichen Mädchen, noch eher Kinder zu heißen.

Da ergriff sie wilde Begier, sie stürmten gefühllos

Auf die zitternde Schar und aufs hochherzige Mädchen.

Aber sie riß dem einen sogleich von der Seite den Säbel,

Hieb ihn nieder gewaltig; er stürzt' ihr blutend zu Füßen.

Dann mit männlichen Streichen befreite sie tapfer die Mädchen,

Traf noch viere der Räuber; doch die entflohen dem Tode.

Dann verschloß sie den Hof und harrte der Hülfe, bewaffnet.»

Als der Geistliche nun das Lob des Mädchens vernommen,

Stieg die Hoffnung sogleich für seinen Freund im Gemüt auf,

Und er war im Begriff, zu fragen, wohin sie geraten?

Ob auf der traurigen Flucht sie nun mit dem Volk sich befinde?

Aber da trat herbei der Apotheker behende,

Zupfte den geistlichen Herrn und sagte die wispernden Worte:

«Hab ich doch endlich das Mädchen aus vielen hundert gefunden,

Nach der Beschreibung! So kommt und sehet sie selber mit Augen;

Nehmet den Richter mit Euch, damit wir das Weitere hören!»

Und sie kehrten sich um, und weg war gerufen der Richter

Von den Seinen, die ihn, bedürftig des Rates, verlangten.

Doch es folgte sogleich dem Apotheker der Pfarrherr

An die Lücke des Zauns, und jener deutete listig.

«Seht Ihr«, sagt' er,»das Mädchen? Sie hat die Puppe gewickelt,

Und ich erkenne genau den alten Kattun und den blauen

Kissenüberzug wohl, den ihr Hermann im Bündel gebracht hat.

Sie verwendete schnell, fürwahr, und gut die Geschenke.

Diese sind deutliche Zeichen, es treffen die übrigen alle;

Denn der rote Latz erhebt den gewölbeten Busen,

Schön geschnürt, und es liegt das schwarze Mieder ihr knapp an;

Sauber ist der Saum des Hemdes zur Krause gefaltet

Und umgibt ihr das Kinn, das runde, mit reinlicher Anmut;

Frei und heiter zeigt sich des Kopfes zierliches Eirund,

Und die starken Zöpfe um silberne Nadeln gewickelt;

Sitzt sie gleich, so sehen wir doch die treffliche Größe

Und den blauen Rock, der, vielgefaltet, vom Busen

Reichlich herunterwallt zum wohlgebildeten Knöchel.

Ohne Zweifel, sie ist's. Drum kommet, damit wir vernehmen,

Ob sie gut und tugendhaft sei, ein häusliches Mädchen.»

Da versetzte der Pfarrer, mit Blicken die Sitzende prüfend:

«Daß sie den Jüngling entzückt, fürwahr, es ist mir kein Wunder,

Denn sie hält vor dem Blick des erfahrenen Mannes die Probe.

Glücklich, wem doch Mutter Natur die rechte Gestalt gab!

Denn sie empfiehlst ihn stets, und nirgends ist er ein Fremdling.

Jeder nahet sich gern, und jeder möchte verweilen,

Wenn die Gefälligkeit nur sich zu der Gestalt noch gesellet.

Ich versichr' Euch, es ist dem Jüngling ein Mädchen gefunden,

Das ihm die künftigen Tage des Lebens herrlich erheitert,

Treu mit weiblicher Kraft durch alle Zeiten ihm beisteht.

So ein vollkommener Körper gewiß verwahrt auch die Seele

Rein, und die rüstige Jugend verspricht ein glückliches Alter.»

Und es sagte darauf der Apotheker bedenklich:

«Trüget doch öfter der Schein! Ich mag dem Äußern nicht trauen,

Denn ich habe das Sprichwort so oft erprobet gefunden:

›Eh' du den Scheffel Salz mit dem neuen Bekannten verzehret,

Darfst du nicht leichtlich ihm trauen; dich macht die Zeit nur gewisser,

Wie du es habest mit ihm und wie die Freundschaft bestehe.‹

Lasset uns also zuerst bei guten Leuten uns umtun,

Denen das Mädchen bekannt ist und die uns von ihr nun erzählen.»

«Auch ich lobe die Vorsicht«, versetzte der Geistliche folgend;

«Frein wir doch nicht für uns! Für andere frein ist bedenklich.»

Und sie gingen darauf dem wackern Richter entgegen,

Der in seinen Geschäften die Straße wieder heraufkam.

Und zu ihm sprach sogleich der kluge Pfarrer mit Vorsicht:

«Sagt! wir haben ein Mädchen gesehn, das im Garten zunächst hier

Unter dem Apfelbaum sitzt und Kindern Kleider verfertigt

Aus getragnem Kattun, der ihr vermutlich geschenkt ward.

Uns gefiel die Gestalt, sie scheint der Wackeren eine.

Saget uns, was Ihr wißt; wir fragen aus löblicher Absicht.»

Als, in den Garten zu blicken, der Richter sogleich nun herzutrat,

Sagt' er:»Diese kennet Ihr schon; denn wenn ich erzählte

Von der herrlichen Tat, die jene Jungfrau verrichtet,

Als sie das Schwert ergriff und sich und die Ihren beschützte -