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»Wir nähern uns der ersten Kreuzung«, erklärte Aloki. »Der Albenstern hinter uns hat sich geschlossen. Das Licht am Ende des Pfades ist verschwunden. Du hast es geschafft, dein Heer ist in Sicherheit.«

Er spürte das machtvolle Pulsieren, dort, wo sich vor ihnen mehrere Albenpfade kreuzten. Drei Albensterne wie diesen würden sie überqueren, bevor sie ihr Tor nach Hause erreichten. Solaiyn hatte das Gefühl, dass der Pfad unter seinen Füßen leicht vibrierte. Er war nichts als Magie. Es gab hier nirgends festen Untergrund. Das Nichts war, wie der Name schon sagte, die Abwesenheit alles Stofflichen. Der vermeintliche Pfad, auf dem sie dahinschritten, war gebündelte Magie. Ein Kraftfeld, das der Wille der Alben erschaffen hatte. Gab es etwas Fragileres als Willen?

Solaiyn lächelte. Es war dumm, sich solche Gedanken zu machen. Er hatte unzählige Male die Albenpfade überquert. Es gab keinen Grund … Da war etwas. Ein fremdes Schwingen. Es kam von außerhalb des Weges. Von dort, wo nichts hätte sein dürfen.

»Aloki! Was ist links von uns?«

»Dunkelheit.« Sie klang überrascht.

Solaiyn spürte, wie sich die Hand der Schlangenfrau fester um seinen Oberarm schloss. »Ich sehe etwas. Eine geflügelte Frau! Sie kommt …«

Ein machtvoller Stoß riss den Fürsten von der Schlangenfrau los. Er taumelte, trat über den Rand des Pfades und stürzte.

Unentschieden

Der Goldene schnappte nach Išta, hieb mit seinen Klauen auf sie ein – da war nichts! Seine Brüder sahen ihn verwundert an.

Ich habe durch seine Augen gesehen … Er bemühte sich, seine Gedanken zu ordnen. Išta und der Löwenhäuptige waren so plötzlich erschienen. Sie hatten Solaiyn ins Nichts gestoßen und die Nachhut seines Heeres angegriffen.

Wir müssen sie retten!

Deshalb also warst du so still, Bruder, bemerkte der Frühlingsbringer tadelnd. Du warst nicht wirklich bei uns. Zumindest nicht mit all deinen Sinnen. Du hast wieder durch die Augen dieses Elfen gesehen.

Wir werden angegriffen! Die Devanthar haben Solaiyns Heer im Nichts aufgelauert. Der Goldene stand immer noch ganz unter dem Eindruck des plötzlichen Angriffs der Geflügelten.

Nicht wir werden angegriffen. Sammle dich, ermahnte ihn der Rote.

Doch, es sind sehr wohl wir, die angegriffen werden, unterstützte ihn der Erstgeschlüpfte.

Der Goldene nickte ihm zu und fuhr fort: Wenn wir Solaiyn und sein Heer verlieren, dann werden wir viele Jahre brauchen, um wieder eine ähnlich kampfstarke Streitmacht aufzustellen. Falls es uns je wieder gelingt … Genau darüber haben wir doch die ganze Zeit gestritten. Unsere Kräfte erschöpfen sich! Die Albenkinder sind kriegsmüde. Wir können unsere Verluste kaum noch ersetzen. Wohingegen die Reserven der Menschenkinder unerschöpflich zu sein scheinen. Ganz gleich, wie viele wir von ihnen töten, sie schicken Nachschub und schließen ihre Reihen. Die Städte, die wir niederbrennen, sie bauen sie wieder auf. Asugar bestand nur noch aus Ruinen, als der Heermeister Hornbori den Sohn der Göttin tötete. Jetzt ist es wieder eine blühende Stadt. Es ist, als versuchten wir, mit einem Sieb einen Ozean leer zu schöpfen.

Seht ihr denn beide nicht, dass die Devanthar genau das wollen?, fragte der Smaragdene ruhig, und der Goldene empfand die Stimme seines Nestbruders wie Balsam in seinen aufgewühlten Gedanken. Dieser Angriff hat nur den einen Zweck, uns in die Falle zu locken.

Und was geschieht, wenn wir nicht gehen? Der Dunkle peitschte aufgewühlt mit dem Schwanz. Wir gestehen unsere Niederlage ein. Wenn wir unsere besten Truppen verlieren, dann endet der Krieg um Nangog schon in dieser Nacht!

Der Goldene sprach ein Wort der Macht und schlich sich erneut in Solaiyns Kopf. Wieder sah er mit den Augen des Elfenfürsten. Solaiyn stürzte nicht, wie man in einen Abgrund stürzt, obwohl er es so empfand. Es war eher ein Abgetriebenwerden, so wie es ist, wenn man in eine Flussströmung gerät.

Nur undeutlich sah der Drache die beiden Devanthar. Sie wüteten unter den Truppen auf dem Goldenen Pfad. Etliche Krieger sprangen lieber ins Nichts, als sich den Devanthar zu stellen.

Der Goldene hatte genug gesehen. Er unterbrach die Verbindung zu Solaiyn und öffnete sich wieder dem Streit, der unter seinen Brüdern herrschte.

Es sind nur zwei!

Seine Nestbrüder sahen ihn an. Der Smaragdene und der Frühlingsbringer zweifelnd. In den Augen des Nachtblauen glomm Kampfeslust. Der Flammende wirkte unentschlossen.

Na und?, sprach der Rote.

So oft hätte unsere Anwesenheit den Unterschied gemacht, wenn unsere Albenkinder für uns in die Schlacht gezogen sind. Die Devanthar verlassen sich darauf, dass wir nicht kommen, um unseren Kriegern zu helfen. Sie haben nur zwei geschickt! Wir können sie überwältigen.

Und wenn die anderen noch verborgen im Nichts lauern?, wandte der Rote ein.

Dann gehen wir eben nicht allein, schlug der Dunkle vor. Der Sturz ins Nichts löst den Verstand schlichterer Gemüter auf. Wir dürfen keine Zeit verlieren, wenn es uns darum geht, unser Heer zu retten oder das, was von ihm noch übrig ist. Rufen wir all unsere Drachenbrüder ins Goldene Netz. Wir brauchen furchtlose Flieger, die sich in die Dunkelheit stürzen und die Verlorenen wieder einsammeln.

Und ich sage dir, Bruder, genau darauf warten die Devanthar, ermahnte ihn der Smaragdene. Lassen wir die Albenkinder sterben! Sie sind nichts als Werkzeuge. Lassen wir den Krieg um Nangog für ein Jahrhundert ruhen und bauen ein neues Heer auf! Jeder, der in dieser Stunde auf den Albenpfaden steht, ist ersetzbar. Doch wir, wir sind es nicht. Jeder von uns, der stirbt, weil wir leichtfertig in eine Falle tappen, wird auf immer fehlen.

Wenn wir heute nicht um Nangog kämpfen, dann werden wir es nie mehr tun!

Die Worte des Dunklen brannten im Kopf des Goldenen. Sein Bruder war entschlossen, den Kampf aufzunehmen.

Dann stimmen wir ab, forderte der Frühlingsbringer. Die einfache Mehrheit genügt. Ganz gleich, wie die Entscheidung ausfällt, wir alle werden sie anerkennen. Ich bin dagegen, in diese Falle zu tappen.

So denke auch ich, bekräftigte der Smaragdene.

Ich lasse unsere Kämpfer nicht im Stich, entschied der Dunkle.

Die Krallen des Goldenen kratzten über den Felsboden der Versammlungshöhle. Es sah nicht gut aus. Nun war er an der Reihe. Ich will ins Goldene Netz und meine Reißzähne in die Kehle Ištas schlagen.

Auch ich will kämpfen, entschied der Nachtblaue. Kehlen zerfetzen hört sich immer gut an.

Voller Sorge sah der Goldene zu den beiden verbleibenden Nestbrüdern. Als Letzter würde der Flammende seine Stimme abgeben. Der Unbeständigste von ihnen, der sich meist den Worten seiner Vorredner anschloss und dessen Überzeugungen etwa so fest gefügt waren wie die Form einer Wolke, an der Sturmwinde zerrten.

Ins Goldene Netz zu gehen ist eine große Dummheit, sagte der Rote überzeugt. Wir tun genau, was die Devanthar von uns erwarten, wenn wir dem Rat des Goldenen folgen. Wir werden mit unseren Leben dafür bezahlen, wenn wir uns von sentimentalen Gefühlen gegenüber ein paar Albenkindern beherrschen lassen. Noch wichtiger jedoch ist, dass wir uns mit unserem Eingreifen gegen die Befehle der Alben wenden würden. Wir dürfen die verbotene Welt nicht betreten! Wollen wir wirklich unsere Schöpfer herausfordern?

Der Goldene hielt den Atem an. Sein Bruder, der Flammende, nickte zu den Worten des Roten. War damit die Entscheidung gefallen?