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»Übertreibst du dich nicht?« Volodi hatte den ganzen Morgen so gewirkt, als wäre er nicht recht bei der Sache. »Das sind sich nur ein paar lumpige Steppenreiter. Sie sind sich …«

»Und nun, meine Freunde, werde ich euch zeigen, was noch möglich ist!«, unterbrach ihn Subai mit erstaunlich lauter Stimme. Fünf große Wolkenschiffe ankerten über dem Statthalterpalast der Ischkuzaia. Die übrigen Unsterblichen waren alle mit einem eigenen Wolkensammler gekommen. Nur Aaron hatte mit Volodi einen zweiten Unsterblichen an Bord.

Er hatte viel über die Vorführung, die Subai angekündigt hatte, nachgedacht. Er war der Überzeugung gewesen, dass sie den Sieg über die Daimonen in der Luft erringen würden. Ja, er hatte extra eine Aussichtsplattform unter dem Rumpf seines Palastschiffes, fast auf einer Höhe mit der gläsernen Lotsenkanzel, anbringen lassen. Aber einige der herabhängenden Tentakel behinderten die Sicht. Über ihm war der riesige Rumpf des Schiffes. Oben auf den Decks war es nicht besser. Dort konnte man weder sehen, was unter dem Rumpf vor sich ging, noch was oberhalb des aufgeblähten Leibs des Wolkensammlers geschah. Wenn sie ihre ersten drei oder vier Jahre überlebten, erreichten die Wolkensammler eine Größe, dass es für sie keine natürlichen Feinde auf Nangog gab.

Das hatte sich nun geändert. Die Drachen würden sie in der Luft zerreißen, und die Wolkenschiffe, die von den riesigen Kreaturen getragen wurden, würden wehrlos in die Tiefe stürzen.

»Verdammter Bastard! Sieh dir dich nur an!« Volodi deutete aufgebracht nach unten. Der Palast Subais war ein großes Zelt, das auf einer Grasfläche auf einem Felsgrat lag, der sich aus der Flanke des Weltenmundes erhob. Frauen in weißen Gewändern marschierten auf der Grasfläche auf. Die meisten waren nicht sonderlich anmutig. Eine jede von ihnen hielt eine Zielscheibe hoch, die nicht viel größer als ihr Kopf war.

»Wer ist das?«

»Hast du dich ihm nicht gehört?« Volodi klang verärgert. »Hat er sich gerade gesagt. Sind sich Frauen und Töchter von Flieger.«

»Was?«

»Ja, genau – was?! Ist sich tollwütiger Steppenfloh! Hat sich nichts als Scheiße in Hirn. Mag ich mich gar nicht hinsehen …«

Volodi sah allerdings auch nicht weg, wie Artax feststellte. Der erste Krieger auf einem fliegenden Wolf stieß steil vom Himmel hinab. Er flog an der Reihe der Frauen vorbei, drehte sich im Sattel, spannte mit fließender Bewegung seinen Bogen und schoss. Der Pfeil verfehlte das faustgroße rote Herz in der Mitte der Strohscheibe um etwa zwei Fingerbreit. Dennoch war es ein exzellenter Schuss. Der Schütze hatte den Treffer aus mehr als fünfzig Schritt erzielt. Artax dachte, dass er froh wäre, wenn er auf diese Entfernung mit beiden Füßen auf dem Boden stehend überhaupt die Scheibe treffen würde.

Ein Krieger nach dem anderen stürzte aus dem Himmel hinab und beteiligte sich an dem grausamen Spektakel. Jene, die getroffen hatten, jauchzten und schwangen wild ihren Bogen über dem Kopf.

Es war der Achte oder Neunte, der verfehlte. Sein Pfeil bohrte sich in die Brust eines jungen Mädchens. Sie starrte einen Augenblick auf das Geschoss. Dann entglitt ihr die Zielscheibe. Ihre Hände schlossen sich um den Pfeil, während sich ein immer größer werdender roter Fleck auf ihrem schneeweißen Kleid ausbreitete.

»Timur!«, erklang Subais spöttische Stimme. »Du solltest nicht saufen, bevor du fliegst. Du hast deine Tochter durchbohrt. Zum Glück bist du noch jung und kannst noch viele Mädchen machen.«

Der Krieger riss seinen fliegenden Wolf herum. Er landete neben der Sterbenden. Lauthals redete er auf sie ein. Er hielt ihre Hände.

Männer aus Subais Drachengarde erschienen und zerrten ihn fort.

»Ist sich das unsere Zukunft?« Volodi hatte von irgendwoher ein Trinkhorn aufgetrieben. Er stank nach Met. Das hatte er schon getan, als er gekommen war. »Die Götter schenken sich einem Irren fliegende Wölfe, und Väter morden sich ihre Töchter.«

»Es liegt an uns, es besser zu machen.« Artax legte seinem Freund die Hand auf die Schulter. »Wenn wir mehr Wolkensammler wie deinen hätten …«

»Du willst gar nicht wissen, wo das Traumeis ist.«

Artax sah seinem alten Kampfgefährten tief in die Augen. Volodi war verzweifelt. Artax hatte keine Ahnung, was seinen Freund peinigte, und er kannte ihn lange genug, um zu wissen, dass er Nächte mit ihm zechen müsste, um zu erfahren, was los war. »Wenn du es holst, werde ich an deiner Seite sein, ganz gleich, wohin wir dafür gehen müssen.« Er deutete auf das Mädchen, das hingestreckt im Gras lag. »Wie viele Wölfe soll Subai bekommen? Wie oft soll sich dieses Spektakel wiederholen, wenn er uns einen neuen Schwarm vorstellt.«

»Langarm hat sich fliegende Bären abgelehnt. Fand er sie sich lächerlich.« Volodi nahm noch einen Schluck aus dem Methorn.

»Du brauchst keine fliegenden Bären. Was wir brauchen, sind mehr Wolkensammler wie Wind vor regenschwerem Horizont

»Findest du dich?« Feine Tröpfchen von Met sprühten von Volodis Lippen, während er sprach. »Dann will ich dir dich sagen, was musst du dich.« Der Drusnier bohrte Artax einen Zeigefinger in die Brust. »Aber kommst du dich nicht an und flennst dich mich an. Können wir nix nicht holen. Es ist sich …«

Artax legte ihm die Hand auf den Mund. »Leise«, zischte er.

Und dann flüsterte Volodi es ihm ins Ohr. Sein feuchtwarmer Atem streichelte den Hals der Unsterblichen. Der Drusnier sprach schneller und schneller. Als sei ein Damm gebrochen, hinter dem er allzu viele Worte zurückgehalten hatte.

Als sein Freund schließlich fertig war, war auch Artax danach zu trinken. »Kolja war ein verdammter Bastard. Warum hat er das getan?«

»Weil er sich war ein Söldner …« Volodi goss ein wenig Met aus dem Horn über die Reling. »Für dich, Bastard. Mögest du dich hübsches Gesicht mit dich genommen haben, wo immer du dich nun bist.«

»Ich werde dorthingehen«, sagte Artax ernst.

»So? Wirst du dich? Und dann?« Volodi hob erneut seinen Zeigefinger. »Weißt du, was ist sich dort? Nicht Traumeis. Ist sich Ende von Träume. Dort wirst du dich sterben.«

Artax dachte über den Tod nach. Er hatte keinen Schrecken mehr für ihn. Der Unsterbliche Aaron zu sein war einzig eine Bürde. Sie hatte ihm das genommen, was er in seinem Leben am meisten hatte haben wollen. Ein Leben mit Shaya. Was galt es da noch zu fürchten? Der Tod wäre eine Erlösung! So platt konnte er das seinem Freund natürlich nicht sagen. Volodi bekam man mit einem Appell an seine Ehre herum. »Wir sind Unsterbliche, Kamerad. Die Götter haben uns erschaffen, damit wir tun, was normalen Sterblichen unmöglich ist.«

Der Drusnier rollte mit den Augen. »Hab ich dir dich nicht klar gesagt, was sich uns blüht. Ist sich Vieh groß wie Berg. Sind sich Rüstungen ein Scheiß wert. Wird es sich uns zerquetschen wie Fliegen.«

»Kolja hat es auch überlebt.«

Volodi grunzte. »Weißt du dich, warum? Wind vor regenschwerem Horizont hat mir gesagt. Kolja durfte sich hin, weil war er sich Loch von Arsch. War er ohne Moral. Hat sich das Vieh gefallen. Wenn es mag sich Mann wie Kolja, wird es dir dich hassen, Herrscher aller Schwarzköpfe.«

»Dann werde ich das Vieh wohl umbringen müssen.«

»Bist du dich verrückt?«, herrschte Volodi ihn an. »Kannst du dich tot machen Berg? Das nix nicht geht.«

»Wenn das nötig wäre, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen, dann würde ich alles daransetzen, es zu tun.« Er sah zu Mataan hinüber. Der Satrap von Taruad war einst ein hünenhafter Krieger gewesen. Weil er ihm, seinem Herrscher, im Steinhorst das Leben gerettet hatte, war er zum Krüppel geworden.

Wenn er das Traumeis fand, dann könnte er ihm zurückgeben, was er verloren hatte, dachte Artax. Er würde es nicht nur nutzen, um die Wolkensammler zu verändern. Es hatte Kolja einen Arm nachwachsen lassen und ihm seine Jugend zurückgegeben. Welche Wunder es wohl sonst noch wirken konnte?

»Du willst es dich wirklich tun, nicht wahr?« Volodi wirkte plötzlich nüchtern.